Rote-Hand-Brief

Implanon NXT: Lage des Stäbchens regelmäßig ertasten!

Stuttgart - 16.01.2020, 10:15 Uhr

Wie können Patientinnen das Implanon-Stäbchen selbst ertasten? Das sollte ihnen der Arzt direkt zum Zeitpunkt der Einlage zeigen. ( r / Foto: Scrennshot / www.implanonnxtvideos.eu)

Wie können Patientinnen das Implanon-Stäbchen selbst ertasten? Das sollte ihnen der Arzt direkt zum Zeitpunkt der Einlage zeigen. ( r / Foto: Scrennshot / www.implanonnxtvideos.eu)


Seit dem gestrigen Mittwoch warnt ein Rote-Hand-Brief zu Implanon NXT erneut davor, dass das Verhütungsstäbchen mit dem Wrikstoff Etonogestrel im Körper wandern kann. Zudem könne es zu neurovaskulären Verletzungen kommen. Bereits 2016 hatte die Firma MSD Sharp & Dohme GmbH eine ähnliche Warnung ausgesprochen.

Schon im Jahr 2006 wies die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) darauf hin, dass das implantierbare Kontrazeptivum Implanon® (Wirkstoff: Etonogestrel), das subkutan in den Arm appliziert wird und dort für bis zu drei Jahre verbleibt, bei der anschließenden Entfernung Probleme bereiten kann. Damals hieß es, dass Implanon® (zu dieser Zeit noch nicht „NXT“) bei ungefähr 150.000 Frauen angewendet wurde – bei einer 21-jährigen Patientin sei von vergeblichen Explantationsversuchen berichtet worden. Trotz Ultraschall- und MRT-Untersuchungen sowie operativer Exploration war das Implantat nicht auffindbar. Auch damals lagen schon weitere Berichte über „erschwerte Explantationen“ vor. Die AkdÄ forderte eine restriktive Anwendung von Implanon® und eine ausführliche Aufklärung der Patientinnen. Der Hersteller wurde aufgefordert, die Zusammensetzung des Implantats zu ändern und es röntgenologisch darstellbar zu machen.

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Zehn Jahre später folgte schließlich ein Rote-Hand-Brief zum Nachfolgepräparat Implanon NXT®, das zwar „röntgendicht“ ist, das Problem der möglichen Migration und Lokalisation hat diese Eigenschaft allerdings nicht gelöst: „Es gibt Fälle, in denen Implantate in Gefäßen und im Brustraum gefunden wurden, daher sollte auch im Brustraum mit bildgebenden Verfahren gesucht werden, falls das Implantat im Arm nicht aufgefunden werden kann“, hieß es 2016. Schon damals wurde darauf hingewiesen, dass nur in der Anwendung des Applikators und in den Techniken zur Einlage und Entfernung des Implantats geschulte Ärzte entsprechende Eingriffe vornehmen sollten. Für Patientinnen gelte, dass jedes nicht tastbare Implantat lokalisiert und entfernt werden sollte.

Parästhesien und Wanderung in Pulmonalarterie

Doch weitere vier Jahre später scheinen die Sicherheitshinweise immer noch wenig Fortschritt gebracht zu haben. Am heutigen Mittwoch informiert die Firma MSD Sharp & Dohme GmbH „in Abstimmung mit dem BfArM über das Risiko neurovaskulärer Verletzungen und der Wanderung von Implanon NXT® (Etonogestrel), 68 mg Implantat zur subkutanen Anwendung (als Import-Arzneimittel auch unter der Bezeichnung Nexplanon auf dem Markt)“. Nach der Einlage könne es zu Wanderungen des Implantats innerhalb des Arms und neurovaskulären Verletzungen mit darauffolgenden Parästhesien kommen. Seit Erteilung der Zulassung im Jahr 1998 sei in 107 Fällen über eine Wanderung in die Pulmonalarterie oder den Brustraum berichtet worden.

Falsche Einlage beim Arzt?

Wie bereits 2016 wird 2020 erneut ein Rote-Hand-Brief speziell an Ärzte gerichtet, in dem die Einlagemethode konkret beschrieben wird. Videos, die die Einlage und das Entfernen von Implanon NXT demonstrieren, können unter www.implanonnxtvideos.eu aufgerufen werden. „Es wird dringend empfohlen, dass nur jene Ärzte Implanon NXT einlegen und entfernen, die ein Training zur Anwendung des Implanon NXT Applikators und den Techniken der Einlage und der Entfernung des Implanon NXT Implantats absolviert haben“, heißt es in dem Brief. Denn die beobachteten Nebenwirkungen könnten im Zusammenhang mit einer zu tiefen oder inkorrekten Einlage stehen. Deswegen werden die Anweisungen zur Einlage und zur Entnahme aktualisiert, heißt es auch im Rote-Hand-Brief an die Apotheker.

Was kann man verunsicherten Patientinnen in der Apotheke also nun mitteilen? Im Rote-Hand-Brief an die Ärzte heißt es:


Um das Risiko einer tiefen Einlage und deren möglichen Konsequenzen weiter zu minimieren, muss die korrekte (subkutane) Lage des Implantats durch Ertasten sowohl durch den Arzt als auch durch die Anwenderin zum Zeitpunkt der Einlage bestätigt werden. Den Ärzten wird empfohlen, das Implantat bei jeder Kontrolluntersuchung zu ertasten und die Anwenderin zu instruieren, ihren Arzt unverzüglich zu kontaktieren, sollte sie das Implantat zwischen den Kontrolluntersuchungen nicht ertasten können. Zudem soll die Anwenderin instruiert werden, die Patientenkarte bei jedem Arztbesuch, der in Verbindung mit der Anwendung des Implantats steht, vorzulegen. Es wird empfohlen, dass die Anwenderin drei Monate nach Einlage des Implantats zu einer medizinischen Kontrolluntersuchung kommt.“

Rote-Hand-Brief an die Ärzte vom 15. Januar 2020


So ergeben sich in der Apotheke wohl drei Hinweise: Die Patientin sollte beim Arzt nach der Patientenkarte verlangen, sich dort erklären lassen, wie das Stäbchen zu ertasten ist und direkt einen Kontrolltermin ausmachen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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