Großbritannien

Versandhandel setzt Apothekenketten unter Druck

Remagen/Berlin - 15.01.2020, 10:15 Uhr

In Großbritannien leiden die Umsätze und Gewinne der großen Apothekenketten derzeit unter anderem an größeren Sparmaßnahmen und an den steigenden Marktanteilen der Versandhändler. (s / Foto: imago images / Fraser)

In Großbritannien leiden die Umsätze und Gewinne der großen Apothekenketten derzeit unter anderem an größeren Sparmaßnahmen und an den steigenden Marktanteilen der Versandhändler. (s / Foto: imago images / Fraser)


Große britische Apothekenketten wie LloydsPharmacy und Boots haben in ihren abgelaufenen Geschäftsjahren 2018-19 Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Die „toughen“ staatlichen Regelungen für die Erstattung und die Apothekenfinanzierung setzen den Sektor erheblich unter Druck. Die Online-Apotheke Pharmacy2U kann demgegenüber mit Zuwächsen bei den NHS-Verordnungen aufwarten und die Einschnitte damit offenbar recht gut kompensieren.

Die britische McKesson-Tochter (Ex-Celesio) LloydsPharmacy beschreibt ihr Geschäftsjahr 2018-19 als „eine weitere außergewöhnlich herausfordernde Periode". Der Kettenbetreiber verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr einen Umsatzrückgang von 8,5 Prozent auf 1,97 Milliarden Britische Pfund (2018: plus 0,6 Prozent), was auf eine Reduktion der Abgabestellen zurückgeführt wird. Der Bruttogewinn als Prozentsatz vom Umsatz sank im Vergleich zum Vorjahr um 1,6 Prozent.

Das schreibt das Portal „pharmacy business“ mit Bezug auf den Finanzbericht des Unternehmens zum Ende des Fiskaljahres am 31. März 2019, der jetzt dem Companies House vorgelegt wurde, einer dem Wirtschaftsministerium unterstellten Verwaltungsbehörde, die in Großbritannien das Handelsregister führt.

„Wir müssen unsere Geschäfte rentabel betreiben“

In den vergangenen zwei Jahren hatte LloydsPharmacy sich durch Schließungen und Verkäufe von mehr als 200 Apotheken getrennt. Grund dafür waren Sparmaßnahmen im Gesundheitsdienst NHS am Apothekenhonorar. Einige Honoraranteile wurden ganz gestrichen, andere verschmolzen. Die milliardenschweren Kürzungen verliefen in mehreren Abschnitten: Zwischen Dezember 2016 und März 2017 gab es mit rund 12 Prozent den ersten heftigen Einschnitt, weitere 7,4 Prozent sollen im laufenden Geschäftsjahr abgezogen werden.

Die gute Geschäftspraxis erfordert, dass wir unser Unternehmen regelmäßig überprüfen und geeignete Maßnahmen treffen, einschließlich des Kaufs und Verkaufs von Apotheken“, erklärt ein Sprecher von McKesson UK nun gegenüber „pharmacy business“. „Wir müssen unsere Geschäfte rentabel betreiben und gleichzeitig die Sicherheit der Patienten und das Wohlbefinden der Kollegen gewährleisten. Wenn wir der Meinung sind, dass dies nicht möglich ist, entscheiden wir uns möglicherweise, eine Apotheke zu schließen, anstatt diese Faktoren in Gefahr zu bringen.“ 

Rx: 80 Prozent plus bei Versandapotheke

Mit der „Gesundschrumpfung“ befindet sich LloydsPharmacy im britischen Kettenmarkt in „guter Gesellschaft“. Walgreens Boots Alliance, wie LloydsPharmacy mit Umsatzverlusten konfrontiert, hat nämlich ebenfalls begonnen, Apotheken, die Verluste einfahren, zu schließen und macht damit seine Ankündigung von Juni letzten Jahres, 200 Apotheken zu schließen, nun wahr. 28 sollen schon zugemacht worden sein, heißt es anlässlich der Vorlage des aktuellen Finanzberichts für das abgeschlossene Geschäftsjahr. Bis Ende September 2020 sollen die 200 erreicht sein. Und auch die Apothekenkette von Phoenix (Rowlands) musste Sparmaßnahmen einführen und kommunizierte im Sommer 2018, dass es keine kostenfreien Botendienste mehr geben werde. 

Die größte Online-Apotheke in UK Pharmacy2U vermeldet zwar auch Umsatzverluste im abgelaufenen Geschäftsjahr, kann jedoch mengenmäßig mit satten Zuwächsen aufwarten. Von April 2018 bis März 2019 wurden mehr als 5,3 Millionen NHS-Verschreibungen beliefert, was einem Plus von 80 Prozent gegenüber dem vorherigen Finanzjahr entspricht. Das Unternehmen gibt an, die Einschnitte der Regierung bei den Apothekenfinanzierung durch operationale Verbesserungen im Geschäftsjahr 2018-19 weitgehend kompensiert zu haben.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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