FDP-Dreikönigstreffen

Lindner: Die FDP ist keine Apotheker-Partei

Berlin - 07.01.2020, 12:44 Uhr

FDP-Chef Christian Lindner hat erneut betont, dass die FDP keine Apotheker-Partei ist. (m / Foto: imago images / A. Hettrich)

FDP-Chef Christian Lindner hat erneut betont, dass die FDP keine Apotheker-Partei ist. (m / Foto: imago images / A. Hettrich)


Einst galt die FDP als Partei für Selbstständige und Freiberufler. Unter dem derzeitigen Parteichef Christian Lindner rückt die Partei aber immer weiter von einer bestimmten Gruppe der Selbstständigen ab: den Apothekern. Auf dem gestrigen Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart erneuerte Lindner die Aussage, dass seine Partei den Apothekern nicht mehr nahestehe. Vielmehr scheint man neuerdings im linken Wählerspektrum für sich zu werben: „Wir gehen vor die Werktore!“, kündigte Lindner an.

Das Verhältnis zwischen den Apothekern und der FDP hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verschlechtert. Auslöser war die Diskussion der Liberalen zu ihrem Parteiprogramm für die Bundestagswahl 2017: Damals beschloss die Partei, die Abschaffung des Fremdbesitzverbotes ins Wahlprogramm aufzunehmen. Nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung stellte sich Parteichef Christian Lindner zudem mehrfach gegen die Forderung der Apotheker nach einem Rx-Versandverbot. Vielmehr sollten inhabergeführte Apotheken und in- und ausländische Versandapotheken künftig gleich fair behandelt werden, heißt es im Wahlprogramm von 2017.

Der Beschluss zum Wahlprogramm war auch innerhalb der Partei umstritten – der Ombudsmann musste sich einschalten, weil die parteiinternen Kritiker sich gegen eine Deregulierung des Apothekenmarktes stemmten. Lindner stellte aber deutlich klar, auf welcher Seite er steht. In einem Interview mit der „Zeit“ (2017) erklärte er ohne eine konkrete Frage des Journalisten von sich aus: „Übrigens, kennen Sie die Position der FDP zum Versandhandel von Medikamenten?“ Sie sei die einzige Partei, „die klar für den Versand verschreibungspflichtiger Medikamente ist.“

Diese deutliche Abgrenzung zu den Apothekern hat Lindner beim gestrigen Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart erneut betont. Lindner attackierte in seiner Rede insbesondere die derzeitigen politischen Ausrichtungen der SPD und der Grünen und brachte seine Partei als neue „Alternative der politischen Mitte“ ins Spiel. Wörtlich erklärte der FDP-Chef:


Menschen die vorankommen wollen im Leben, die Arbeit wollen, die für ihre Kinder eine gute Zukunft wollen, Bildung, die Chancen wollen – zum Beispiel auch auf Eigentumserwerb, wie es immer auch ein Ziel auch der Bergleute an der Ruhr war, am Ende des Berufslebens auch das abbezahlte Häuschen zu haben – diese Menschen sind inzwischen in der politischen Landschaft heimatlos geworden. Und wenn diese Menschen eine neue politische Heimat suchen, dann laden wir sie ein. Möge in den Medien geschrieben werden, die FDP sei die neue Arbeiter- und Bauernpartei. Ich habe mir nie träumen lassen, einmal Vorsitzender einer Arbeiter- und Bauernpartei zu sein. Es stimmt auch nicht. Wir sind keine Arbeiter und Bauernpartei, so wenig wir eine Apotheker- und Unternehmerpartei sind. Wir sind eine Partei der politischen Mitte.“

FDP-Chef Christian Lindner


Ex-SPD-Gesundheitsminister wechselt in die FDP

Als kleinen PR-Coup hatte Lindner dann noch eine überraschende Personalie zu bieten: Er stellte den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten und SPD-Sozial- und Gesundheitsminister des Landes Rheinland-Pfalz Florian Gerster als neues FDP-Mitglied vor. Dass die FDP deutlicher um die Gunst der ursprünglich linken Wähler werben will, verdeutlichte Lindner auch gleich zu Anfang seiner Rede, als er kritisierte, dass Hartz-IV-Bezieher auf Zuverdienste zu hohe Abgaben haben. „Wer für mehr als 100 Euro neben Hartz IV arbeitet, muss von jedem Euro Zuverdienst 80 Cent abgeben. Es ist ein beschämender Mangel an Fairness, dass unser Sozialstaat diejenigen behindert, die sich aus eigener Kraft aus der Bedürftigkeit befreien wollen“, so der FDP-Chef. Auch mit der „neuen Aktiensteuer von Olaf Scholz“ ging Lindner hart ins Gericht. „Der kleine Aktiensparer soll jetzt zahlen, statt dass wir dafür sorgen, dass das private Geld Beiseitelegen steuerfrei wird“, so Lindner.

Doch eine FDP so ganz ohne Verweis auf Gründer und Unternehmer ist offenbar auch für Christian Lindner nur schwer vorstellbar. Und so erklärte er auch – trotz der erneuten Spitze gegen die Apotheker –, dass es seiner Partei auch um Menschen gehe, die in ihrer Selbstständigkeit mit zu viel Bürokratie zu kämpfen hätten. Zu häufig könnten sich Gründer „nicht ums Geschäft kümmern“, vielmehr seien sie „im Alltag von Bürokratie belastet“. Und weiter: „Um genau die Menschen geht es uns. (…) Unser Herz und unsere Leidenschaft gehören denjenigen, die es überhaupt noch mit Fleiß, Sparsamkeit und Einsatzbereitschaft zu etwas bringen wollen im Leben.“

Schmidt: Es wird sich nicht in nächster Zeit bessern

Dass das Vorgehen der Liberalen im Apothekerlager Spuren hinterlassen hat, zeigte ein Interview mit ABDA-Präsident Friedemann Schmidt im „Cicero“ (Februar 2019). Schmidt, der selbst langjähriges FDP-Mitglied ist, erklärte dort: „Man benutzt uns Apotheker als Nachweis dafür, angeblich keine Klientelpolitik mehr zu betreiben.“ Das Verhältnis zu den Liberalen beschreibt Schmidt weiterhin als „weitgehend zerstört“. Das schmerze ihn, weil die Partei lange Zeit „der verlässliche Partner aller freien Berufe“ gewesen sei. Sollte sich das zerrüttete Verhältnis irgendwann wieder ändern, dann „sicherlich nicht in nächster Zeit“, so Schmidt.

Ullmann: Apotheker sind wichtig

Und auch in der Bundestagsfraktion der FDP scheint man die Bedeutung der Apotheker anders einzuschätzen als an der FDP-Parteispitze. Im DAZ.online-Geschichtentaxi erklärte der FDP-Gesundheitspolitiker Prof. Dr. Andrew Ullmann, dass die Lockerung des Fremdbesitzverbotes derzeit keine Rolle spiele in der Gesundheitspolitik der Liberalen. Ullmann betonte zudem die aus seiner Sicht wichtige Rolle der Apotheker in der Versorgung. Apotheken müssten von Pharmazeuten geführt werden, weil nur sie die für die Versorgung wichtige pharmazeutische Kompetenz besitzen. Ullmann betonte auch, dass es für die FDP im Wahlkampf 2017 insbesondere wichtig gewesen sei, vom Ruf der „Lobbyisten-Partei“ loszukommen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Herr Lindner und die Apotheker

von pille62 am 09.01.2020 um 8:59 Uhr

Menschen die vorankommen wollen.......
Wählen besser nicht die FDP.
Man kann nur hoffen, das sich mittelfristig diese One-man Show- Partei als Irrtum in die Geschichtsbücher verabschiedet.

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Lindner

von Alexander Zeitler am 08.01.2020 um 19:40 Uhr

Viel Erfolg Herr Lindner!
Kneifen kann die FDP und braucht ggf. die paar Stimmen von den Apothekern. Die 5% Hürde kommt näher.
Sie machen sich selbst entbehrlich.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

FDP - nur noch lächerlich

von ratatosk am 08.01.2020 um 11:24 Uhr

Man muß die Apotheken nicht mögen, aber das wird schon lächerlich. Wenn eine Partei geziehlt einen spezielle Gruppe ausschließt, wird sie natürlich auch zur Klientelpartei, diese feinen Nuancen entgehen einem so einfachen Geist offensichtlich.
Wichtig ist nur, daß auch andere Selbstständige und kleine Unternehmen merken, was aus dieser Partei geworden ist, Schade um den liberalen Ansatz, der zur Zeit in D nicht wirklich vertreten ist. Neben dem Anwanzen an die Großindustrie jetzt das Anbiedern an die "Malocher" , wer soll das glauben?

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Apotheker-Partei FDP

von Roland Mückschel am 07.01.2020 um 15:14 Uhr

Inder Tat, das seid ihr wahrlich nicht.
Ihr seid ne Hanswurst-Partei.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Apotheker-Partei FDP

von Conny am 07.01.2020 um 20:55 Uhr

Dann ist es die richtige Partei für Schmidt

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