Arzttermine, Apps auf Rezept, Masernimpfpflicht

Das sind die wichtigsten Änderungen im Gesundheitssystem ab 2020

Berlin - 23.12.2019, 15:30 Uhr

Nicht nur die Masernimpfpflicht ist ab Januar 2020 in Kraft. Auch in vielen anderen Bereichen des Gesundheitswesens stehen Änderungen an. DAZ.online hat einen Überblick erstellt. (b/Foto: imago images / photothek)

Nicht nur die Masernimpfpflicht ist ab Januar 2020 in Kraft. Auch in vielen anderen Bereichen des Gesundheitswesens stehen Änderungen an. DAZ.online hat einen Überblick erstellt. (b/Foto: imago images / photothek)


Nicht nur im Apothekenmarkt, sondern im gesamten Gesundheitssystem wird es im kommenden Jahr Änderungen geben. Immer mehr macht sich der Einfluss von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und seinen Schwerpunkten bemerkbar: Künftig sollen gesundheitsbezogene Handy-Apps beispielsweise von den Kassen erstattet werden, außerdem gibt es neue Regelungen zu Arztterminen. DAZ.online hat einen Überblick über die wichtigsten Neuregelungen zusammengestellt.

Arzttermine

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hatte der Gesetzgeber mehrere Neuregelungen beschlossen, die es Patienten leichter machen sollen, Arzttermine zu bekommen. Ab dem neuen Jahr wird der Service der Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen erweitert: Die Vermittlung von Terminen bei niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten ist dann unter der bundesweit einheitlichen Rufnummer 116 117 rund um die Uhr möglich. Die maximale Wartezeit auf den Termin beträgt vier Wochen. Für ein Erstgespräch mit einem Psychotherapeuten gilt die Frist von zwei Wochen. Ist keine Terminvermittlung möglich, muss die Terminservicestelle einen ambulanten Behandlungstermin in einem Krankenhaus vermitteln.

Masernimpfpflicht

Der Bundesrat hat erst in der vergangenen Woche das Masernschutzgesetz beschlossen. Somit kann ab dem 1. März 2020 die Masernimpfpflicht in Kraft treten. Eltern müssen dann nachweisen, dass ihre Kinder gegen Masern geimpft sind, bevor sie in die Kita beziehungsweise Schule kommen. Die Regelung gilt für Kinder ab einem Alter von einem Jahr. Besucht das Kind bereits eine Kita oder Schule, müssen die Eltern den Impfnachweis bis zum 31. Juli 2021 vorlegen. Das Gesetz enthält auch eine Bußgeld-Regelung: Wenn Eltern ihre Kinder nicht impfen lassen, drohen Sanktionen von bis zu 2500 Euro. Die Impfpflicht gilt auch für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen und medizinischen Einrichtungen tätig sind. Patienten können sich zudem bei allen Ärzten – mit Ausnahme der Zahnärzte – gegen Masern impfen lassen. Auch eine elektronische Impfdokumentation soll es künftig geben.

Alles zum Masernschutzgesetz:

Gesundheitsbezogene Handy-Apps auf Kassenrezept

In Sachen Telemedizin geht Deutschland ab 2020 neue Wege. Mit dem Digitale Versorgung Gesetz (DVG) können Gesundheits-Apps erstmals von allen Krankenkassen erstattet werden, wenn der Arzt sie verschreibt. Die Angebote müssen zuvor durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datensicherheit und Datenschutz geprüft werden. Die BfArM-Prüfung läuft ähnlich ab wie die frühe Nutzenbewertung bei Arzneimitteln. Der Hersteller muss beweisen dass seine App die Versorgung der Patienten verbessert. Damit Anwendungen mit potenziellem Nutzen für die Patienten frühzeitig in der Versorgung ankommen, ist auch ein Erprobungsverfahren vorgesehen. Um telemedizinische Online-Beratungen durch Ärzte voranzubringen, dürfen niedergelassene Mediziner ab 2020 auf ihren Internetseiten über eigene Video-Sprechstunden informieren. Und: Für Apotheker und Kliniken werden Fristen eingeführt, bis zu denen ein Anschluss an die Telematikinfrastruktur erfolgt sein muss.

Ausbildungen, Pflege, Prävention

Generalisierte Pflegeausbildung

Der Gesetzgeber hat zuletzt mehrere Ausbildungsreformen im Gesundheitswesen beschlossen. Demnach gelten im kommenden Jahr nicht nur für PTA neue Ausbildungsregeln. Auch die Ausbildungen in der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege werden ab 2020 in einer gemeinsamen, generalisierten Pflegeausbildung zusammengeführt. Die bisherigen Pflegeausbildungen wird es nicht mehr geben.

Neue Ausbildungsregeln für ATA und OTA

Mit dem „Anästhesietechnische- und Operationstechnische Assistenten-Gesetz“ hat der Gesetzgeber zudem bundeseinheitliche Vorgaben für eine jeweils dreijährige Ausbildung für ATA und OTA geschaffen, die von den Krankenkassen refinanziert wird. Bisher gab es lediglich verschiedene Länderregelungen und eine Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Gesetz beinhaltet auch die Zahlung einer Ausbildungsvergütung und das Verbot von Schulgeld.

Hebammenreformgesetz

Mit dem Hebammenreformgesetz wird die Ausbildung angepasst und weitgehend akademisiert. Dies soll auch die interprofessionelle Zusammenarbeit von Hebammen stärken. Zudem hat die Bundesregierung mit dem Gesetz die Vorgaben aus einer EU-Richtlinie umgesetzt. Künftig werden alle Hebammen im Rahmen von Regelstudiengängen ausgebildet. Durch die Ausrichtung als duales Studium wird es weiter einen großen Praxisanteil geben. Das Studium dauert mindestens sechs und höchstens acht Semester. Es orientiert sich an einem Bachelor-Studiengang.

Neue Untergrenzen für Pflegepersonal in Kliniken

Um die Personalausstattung und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte im Krankenhaus weiter zu verbessern und die Qualität der Versorgung zu erhöhen, werden ab 2020 Pflegepersonaluntergrenzen für die Bereiche Herzchirurgie, Neurologie, Neurologische Schlaganfalleinheiten und Neurologische Frührehabilitation eingeführt.

Entlastungen für Angehörige von Pflegebedürftigen

Kinder, deren pflegebedürftige Eltern für ihre Pflegekosten nicht selbst aufkommen können und daher Leistungen der Hilfe zur Pflege beziehen, werden ab dem Januar 2020 finanziell entlastet. Erst ab einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro (brutto) – statt bisher 21.600 Euro (netto) – werden sie dann zur Unterhaltspflicht herangezogen.

Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs

Frauen ab einem Alter von 20 Jahren haben ab Januar 2020 Anspruch auf Leistungen zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Sie können zukünftig an einem neu strukturierten Screening teilnehmen, bei dem – je nach Lebensalter – auch ein Test auf Humane Papillomviren (HPV) durchgeführt wird.

Zahnersatz, Beitragssätze, studentische Krankenversicherung

Höhere Zahnersatz-Festzuschüsse

Die Festzuschüsse zum Zahnersatz werden von derzeit 50 Prozent auf dann 60 Prozent der Kosten der Regelversorgung erhöht, allerdings erst zum 1. Oktober des kommenden Jahres. Patienten, die regelmäßig Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen und dies nachweisen können, erhalten künftig sogar noch höhere Zuschüsse.

Beitragssätze, Bemessungsgrenzen, GKV-Finanzen

Der allgemeine GKV-Beitragssatz liegt auch im kommenden Jahr bei 14,6 Prozent. Die Zusatzbeiträge werden von den Kassen individuell, also selbst festgelegt, erhoben. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent steigt allerdings auf 1,1 Prozent. Die Kassen dürfen ihren Zusatzbeitrag nur anheben, wenn ihre Einnahmen geringer sind als ihre Ausgaben für einen Monat. Die Beiträge für die GKV werden nur bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze berechnet. Der Anteil des Lohnes, der oberhalb dieser Grenze liegt, wird bei der Beitragsberechnung nicht berücksichtigt. Auch 2020 ist diese Beitragsbemessungsgrenze leicht angestiegen.

Bis zu einer bestimmten Höhe des Jahresgehaltes besteht für Arbeitnehmer Versicherungspflicht in der GKV. Auch diese sogenannte Versicherungspflichtgrenze wurde erhöht. Oberhalb der Versicherungspflichtgrenze können sich Arbeitnehmer auch weiterhin freiwillig in der GKV versichern. Die Beiträge werden auch in diesem Fall nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze vom Arbeitsentgelt berechnet.

Die neuen Kennzahlen zu diesen Grenzen finden Sie unter anderem hier.

Entlastungen für Betriebsrentner

Rentner mit kleinen Betriebsrenten werden ab 2020 bei den Krankenkassenbeiträgen entlastet. Künftig gilt ein Freibetrag von 159,25 Euro. Erst ab dieser Höhe werden für die Betriebsrentner Beiträge fällig.

Belastungsgrenze für Zuzahlungen

Zuzahlungen werden durch eine sogenannte Belastungsgrenze gedeckelt. Die Belastungsgrenze liegt bei 2 Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen des Versicherten sowie seiner im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen. Für chronisch kranke Versicherte, die sich wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung befinden, liegt die Belastungsgrenze bei 1 Prozent. Von den Bruttoeinnahmen werden bestimmte Beträge für die Angehörigen abgezogen, bevor die Belastungsgrenze berechnet wird. Diese „Freibeträge“ richten sich nach der jährlich vom BMAS festgesetzten Bezugsgröße und wurden erhöht. Sie finden die neuen Beträge hier.

Studentische Krankenversicherung

Die sogenannte Fachsemestergrenze wurde bei der Festlegung der GKV-Beiträge für Studenten abgeschafft. Das bedeutet: Pflichtversicherte Studenten sind ab Januar 2020 unabhängig von der Anzahl der studierten Semester in der studentischen Krankenversicherung (KVdS) versichert. Bislang endete die Versicherungspflicht mit Abschluss des 14. Fachsemesters – diese Semestergrenze entfällt nun. Die Versicherungspflicht ist jedoch weiterhin auf das 30. Lebensjahr begrenzt. Und auch die studentischen Krankenversicherungsbeiträge ändern sich. Ab dem 1. August 2020 steigen sie auf 76,85 Euro im Monat (zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitrages und des Pflegeversicherungsbeitrages). Die Erhöhung erfolgte im Zuge der BAföG-Reform 2019, die zur Anhebung der BAföG- Bedarfssätze führte.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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