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Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz
Lieferengpässe erreichen den Bundestag
Am heutigen Donnerstagabend steht im Bundestag die erste Lesung des Faire-Kassenwettbewerb-Gesetzes auf der Tagesordnung. Sein Ziel ist vor allem, den Finanzausgleich zwischen den Kassen künftig gerechter zu gestalten. Doch mittlerweile enthält das Vorhaben auch Regelungen gegen Arzneimittellieferengpässe – und dieses Problem anzugehen, ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn besonders wichtig. Seine Lösungsvorschläge treffen allerdings nicht nur auf Zuspruch.
Für den heutigen Donnerstagabend ist das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) erstmals im Bundestagsplenum terminiert. Zuvor wird der Bundestag noch abschließend über das „Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge“ debattieren.
Grund genug für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zuvor nochmal kurz vor die Presse zu treten. Das GKV-FKG ist für Spahn ein wichtiges Projekt: Lange wurde um einen besseren Finanzausgleich (Morbi-RSA) zwischen den gesetzlichen Kassen gerungen – nun ist der Weg bereitet. Unter anderem soll es künftig eine Regionalkomponente geben, mit deren Hilfe regionale Über- und Unterdeckung abgebaut und einer Marktkonzentration einzelner Kassen entgegengewirkt werden soll. Zudem sollen für den morbiditätsorientierten Ausgleich nicht mehr nur 50 bis 80 Krankheiten berücksichtigt werden, sondern das gesamte Krankheitsspektrum.
Spahn sind aber auch die später über Änderungsanträge hinzugekommenen Regelungen zu Lieferengpässen ein besonderes Anliegen. Immer wieder sei die Nichtlieferbarkeit von Arzneimitteln ein großes Thema auf Bürgerveranstaltungen, berichtete der Minister vor Pressevertretern. Hier gehe es um „Vertrauen“, sagte er. „Das treibt mich um“. Daher sollen nun mit dem GKV-FKG die Bundesoberbehörden (BfArM und PEI) gestärkt werden. Sie sollen schon in Kürze sollen mit Hilfe neuer Meldepflichten schneller und besser auf Engpässe reagieren können – beispielsweise indem sie mehrwöchige Lagerhaltungen anordnen können. So sieht es der Änderungsantrag vor.
Spahn wies allerdings auch darauf hin, dass er mittel- und langfristige Maßnahmen im Blick hat: Wenn Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft innehabe, wolle er sich dafür einsetzen, dass das EU-Vergaberecht so geändert wird, dass verstärkt eine Produktion in Europa stattfindet.
BAH und BPI: Ruf nach verpflichtenden Mehrfachvergaben
Gerade die von Spahn angesprochenen Maßnahmen zur Lagerhaltung kommen in der Industrie jedoch nicht gut an. Beim Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) ist man überzeugt, entsprechende Anordnungen der Bundesoberbehörde würden das Ziel verfehlen, Lieferengpässe zu vermeiden. Der BAH vermisst Details, wie die Bereitstellung zusätzlicher Lagerkapazitäten und die anschließende Verteilung des Bestandes konkret erfolgen sollen. Vor allem, wenn es auch noch um kühlkettenpflichtige Arzneimittel oder Betäubungsmittel geht.
BAH-Hauptgeschäftsführer Dr. Hubertus Cranz betont zudem, dass für eine zusätzliche Lagerhaltung erst einmal genügend Arzneimittel produziert sein müssten. Wichtig wäre es daher, über entsprechende Anreize die Produktion von Arzneimitteln – idealerweise in Europa – zu stärken. „Auch die Hersteller sind daran interessiert, die Liefersicherheit von Arzneimitteln zu stärken und Engpässe zu vermeiden“, so Cranz. Sinnvoller als eine Anordnung zusätzlicher Lagerhaltung sind aus BAH-Sicht verpflichtende Mehrfachvergaben bei Rabattverträgen und die Herausnahme versorgungskritischer Wirkstoffe aus dem Rabattvertragssystem. So „würde man das eigentliche Problem, nämlich das Preisdumping unter Anbietern, an der Wurzel packen“, sagt Cranz.
Fünf Maßnahmen, die aus Sicht des BPI helfen würden
Kritik kommt auch vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI): „Verschärfte Melde- oder Lagerpflichten verhindern leider keinen Lieferengpass“, sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Dr. Kai Joachimsen. Viel wichtiger sei es, die Anbietervielfalt zu stärken. Wegen des extremen Kostendrucks habe es in den vergangenen Jahren eine Marktverengung gegeben – auch durch die „ausufernden Rabattverträge“. Auch der BPI hält es für effektiver, wenn es bei Rabattverträgen künftig verpflichtende Zuschläge an mindestens drei Anbieter gäbe. Zudem sollten Rabattausschreibungen mit Standortbezug – also mindestens einen Zuschlag an einen Unternehmer mit europäischer Produktionsstätte – ausgebaut werden. Weiterhin müssten regulatorische Rahmenbedingungen und eine Vergütung geschaffen werden, die die Produktion in Europa erlauben. Auch mehr Flexibilität bei der Zulassung alternativer Quellen von Wirk- oder Hilfsstoffen oder beim Wechsel von Herstellstätten wünscht sich der BPI. Und nicht zuletzt sollten im Krankenhausbereich sowohl Apothekenbetreiber als auch die pharmazeutische Industrie durch die Vereinbarung geeigneter Vertragsbedingungen zur Verbesserung der Lieferfähigkeit von Arzneimitteln beitragen.
Der Bundesgesundheitsminister hat allerdings bereits deutlich gemacht, dass er – anders als es die Fraktionen der Union und SPD in ihren Positionspapieren zu Engpässen formuliert hatten – die Rabattverträge nicht antasten will.
4 Kommentare
Barrikaden?
von Dr. Markus Junker am 13.12.2019 um 8:59 Uhr
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AW: Lieferunfähigkeiten
von Holger am 13.12.2019 um 11:27 Uhr
Den Schuß leider wieder nicht gehört
von ratatosk am 12.12.2019 um 18:34 Uhr
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24 Stunden warten?
von T. La Roche am 12.12.2019 um 16:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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