Wirtschaftsministerium

Union diskutiert über Lockerung der Bonpflicht

Berlin - 11.12.2019, 11:45 Uhr

Nach Informationen von DAZ.online soll sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in seiner Fraktion dafür ausgesprochen haben, die Bonpflicht für den Einzelhandel nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen. (m / Foto: imago images / C. Thiel)

Nach Informationen von DAZ.online soll sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in seiner Fraktion dafür ausgesprochen haben, die Bonpflicht für den Einzelhandel nochmals genauer unter die Lupe zu nehmen. (m / Foto: imago images / C. Thiel)


Ab dem 1. Januar 2020 gilt die sogenannte „Bonpflicht“. Schon vor einigen Jahren wurden Regelungen beschlossen, die Manipulationen an elektronischen Kassen zulasten des Fiskus verhindern sollen und nun nach und nach in Kraft treten. Offenbar merkt insbesondere die Union jetzt aber, dass man damals übers Ziel hinaus geschossen ist. Denn vor allem die Wirtschaftspolitiker von CDU/CSU denken jetzt laut über eine Entschärfung der Bonpflicht für den Einzelhandel nach. Ob davon auch Apotheker profitieren würden, ist aber noch völlig unklar.

Union und SPD beschlossen Ende 2016 das „Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen“. Ziel des Gesetzes: Den Steuerbehörden soll kein Geld mehr durch manipulierte Kassensysteme entgehen. Die dort enthaltenen Neuregelungen sind seitdem nach und nach in Kraft getreten, im vergangenen Jahr kam beispielsweise die Kassennachschau. Ab 1. Januar 2020 gilt dann die Bonpflicht für alle Steuerpflichtigen, die computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen nutzen – also auch für Apotheken. Für jeden Geschäftsvorfall muss dem Apothekenkunden künftig ein Bon ausgedruckt oder auf elektronischem Weg in einem standardisierten Format geschickt werden.

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Doch nun ist man insbesondere in der Union offenbar der Meinung, dass man von den selbst beschlossenen Regelungen zumindest teilweise wieder abweichen sollte. Nach Informationen von DAZ.online hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das Thema kürzlich in der Fraktionssitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgegriffen. Dem Vernehmen nach ging es um das eindrückliche Bild eines Bäckers, der unzählige Bons auf dem Boden seiner Bäckerei verteilte und das Foto im Internet teilte. Altmaier soll zugesichert haben, dass man sich die Neuregelungen im Wirtschaftsministerium derzeit noch einmal anschaue.

Auch die Nachrichtenagentur dpa berichtete am gestrigen Dienstag, dass eine Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft (BMWi) bestätigt habe, dass man die Verpflichtung „wieder aus dem Gesetz streichen“ wolle. Dies diene dem Umweltschutz, da eine Papierverschwendung verhindert werde, und vermeide hohe Bürokratiekosten. Minister Altmaier sei mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) im Gespräch.

Dass man der Bonpflicht im Wirtschaftsministerium nicht nur positiv entgegenblickt, bestätigte auch Thomas Bareiß (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im BMWi, gegenüber dem „Handelsblatt“. „Darüber muss sicher noch gesprochen werden“, sagte Bareiß. Er sei schon 2016 „kritisch“ gewesen. CDU/CSU hätten damals nur zustimmen können, „weil man Betrieben eine weitgehende Möglichkeit der Befreiung eingeräumt hat“, sagte Bareiß. Allerdings: „Anscheinend wurde diese Befreiungs- und Vereinfachungsmöglichkeit weitgehend vom Finanzminister im Zuge der Gesetzesumsetzung eingestampft.“ Darüber müsse in der Koalition gesprochen werden, so der CDU-Politiker im Handelsblatt.

Experten: mehr als zwei Millionen Kilometer Kassenzettel

Wie eine solche Lockerung der Bonpflicht aussehen könnte, ist allerdings noch völlig offen. Das Handelsblatt spekuliert über Ausnahmen für bestimmte Branchen. Ob davon auch die Apotheken betroffen wären, steht allerdings noch in den Sternen. Eine andere diskutierte Variante soll laut dem Zeitungsbericht sein, dass Bons nur noch ab einem bestimmten Betrag ausgedruckt werden müssen. Das federführende Bundesfinanzministerium teilte gegenüber dem Handelsblatt mit, dass man keine Kenntnis darüber habe, dass die Koalitionsfraktionen kurzfristig eine Änderung der Belegausgabepflicht planen.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) geht von erheblichen Summen für Betriebe aus, die durch die Bonpflicht und die neuen technischen Sicherheitseinrichtungen (TSE) für Kassen entstehen könnten. Zur Erinnerung: Ursprünglich sollten Kassen bis zum Jahresbeginn 2020 die neuen TSE-Vorschriften erfüllen, das Finanzministerium räumte nun Zeit bis Ende September 2020 ein. Die Bonpflicht gilt aber schon von Januar an. „Erste grobe Kostenschätzungen liegen einschließlich Installation zwischen 300 und 500 Euro pro Kasse“, sagt HDE-Steuerexperte Ralph Brügelmann.

Der HDE geht davon aus, dass Zahl und Länge der auszugebenden Kassenzettel spürbar zunehmen werden: „Im Einzelhandel in Deutschland rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr.“ Die Bonpflicht bedeute deshalb „gerade für kleine Händler erhebliche Mehrkosten für Papier, Druck und Entsorgung der liegengebliebenen Bons“, betonte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) gegenüber der dpa.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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2 Kommentare

Cui bono

von Andreas B am 12.12.2019 um 15:10 Uhr

Amazon, Mastercard, Payback und Co stehen sicher bald schon mit "umweltschonenden Apps" für den elektronischen Kassenbon schlange - ausdrückliche Alternative für den Papierbon. Apps, die endlich die sonst so sinnlos und anonym verlorengegangenen Daten von Papierkassenbons sinnvoll zu Geld machen können. Was hat X bei Apotheke Y gekauft, und was kauft X wo sonst noch ein. Damit bekommt man endlich auch die restlichen Daten der Onlineversandverweigerer und Vorortkäufer fein säuberlich sortiert und gebündelt. Ein Schelm wer dabei böses denkt.
:(

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Bon

von Conny am 11.12.2019 um 12:53 Uhr

..:läuft wahrscheinlich wieder auf eine Nachtschicht hinaus.

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