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5. Dezember 2019
Was für ein Medienfeuer, das da zurzeit der AOK-Bundesverband loslässt. Tenor: Das Erfolgsmodell Rabattverträge ist nicht schuld an den Lieferengpässen, nein, nein, im Gegenteil, so schallt es aus den Mündern der AOK-Oberen, allen voran vom Vater der Rabattverträge, Christopher Hermann: Eigentlich sollte man doch dankbar sein, dass es Rabattverträge gibt, sagt er. Rabattverträge seien ein pures Erfolgsmodell, sie trügen dazu bei, dass die Lieferengpässe, so es denn einige gibt, noch überschaubar seien. Und außerdem gebe es noch jede Menge Alternativen. Schuld an allem sei sowieso die Industrie und Abhilfe könnten mehr Transparenz, also Meldepflichten der Industrie bringen. Was die AOK so sicher macht, dass das alles so ist: Eine eigene Studie der AOK, also vom wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen erstellt, habe das alles herausgefunden. Na super, mein liebes Tagebuch, wie finden wir das denn, ein Studie, die auf mich wirkt, als sei sie erstellt nach dem Motto: „Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Und das AOK-Spektakel gipfelt in der Aussage, dass es aus AOK-Sicht keinen Sinn mache, bei den Rabattverträgen anzusetzen, wenn man das Problem Lieferengpässe beheben wolle. Klar, was soll auch anderes von der AOK, vom Rabattvertragsvater kommen – er wird doch sein eigenes Kind nicht schlecht reden. Zum Glück halten die Industrieverbände dagegen. Hubertus Cranz, Chef des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), stellt klar: Die aktuellen Lieferengpässe insbesondere im Generika-Bereich seien Fakt und Apotheker würden diese wohl auch kaum als „marginal“ bezeichnen. Die Rabattverträge haben durchaus einen Anteil an Engpässen. Und auch Kai Joachimsen vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sagt, dass die Rabattverträge für die Arzneimittelversorgung in Deutschland ein zentrales Problem sind und das auch noch politisch hausgemacht. Mein liebes Tagebuch, so sieht’s aus!
Bleibt die Apotheke vor Ort und wie schaut sie in Zukunft aus? Mein liebes Tagebuch, was gäben wir drum, wenn wir das wüssten. Der „Eppendorfer Dialog“ versuchte dieser Frage nachzugehen, lud Trendforscherin Corinna Mühlhausen und Kammerpräsidentin Kerstin Kemmritz (Berlin), Apotheker Steffen Kuhnert und CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich (CDU) – und DocMorris Vorstand Max Müller ein. Was war das Fazit des Dialogs? Die Apotheke vor Ort müsste sich ganz neu aufstellen und mit Partnern auf einer digitalen Versorgungsplattform zusammenarbeiten. Das klingt ganz nach DocMorris-Vorstand Max Müller, der wohl auch die Diskussion dominierte und die Veranstaltung phasenweise fast wie eine Werbeaktion für DocMorris erscheinen ließ. Er weiß: „Die Apotheke bleibt vor Ort, aber sie wird nicht sein wie heute.“ Aha, mein liebes Tagebuch. Gesundheitspolitiker Hennrich zeigte sich sehr interessiert mit den Apothekern über die Zukunft zu diskutieren, aber er meinte, solche Gespräche fänden nicht statt, weil Apotheker im Regelfall „im Gestern leben“. So, so. Berlins Kammerpräsidentin Kemmritz sieht die Apotheker der Zukunft als Gesundheitsmanager mit pharmazeutischen Dienstleistungen und Apotheker Kühnert meint, Apotheker müssten unternehmerischer denken und den Patienten mehr Convenience bieten. Ja, ja. Mein liebes Tagebuch, wir meinem: Es gibt nicht nur eine Zukunft, sondern Zukünfte.
Dass und wie DocMorris für die Zukunft vorbaut, zeigt die Meldung, dass DocMorris und die schwedische Online-Arztpraxis Kry ein digitales Versorgungsmodell in Deutschland starten wollen. Mein liebes Tagebuch, na, da hat Deutschland doch schon lange darauf gewartet, gell? Der Patient kann über eine Smartphone-App mit einem deutschsprachigen (zum Glück müssen unsere Patienten nicht Schwedisch lernen) Arzt sprechen, auch per Video. Der stellt die Diagnose und bei Bedarf ein Rezept aus, das der Patient dann in einer Vor-Ort-Apotheke oder, na klar, welch Wunder, bei DocMorris einlösen kann. Selbstverständlich, so sagt Kry, entscheidet das der Patient. Und mein liebes Tagebuch fügt hinzu: …nachdem er mit entsprechend suggestiven Flötentönen über die Vorzüge des niederländischen Versandhauses traktiert wurde. Das ist die Wunschzukunft à la DocMorris. Unser Kommentar nix Kry sondern Grrrrrr.
6 Kommentare
ABDA Entgelt UND Qualitätsdenken..
von Dr.Diefenbach am 08.12.2019 um 15:18 Uhr
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Aufwandsentschädigungen
von Ulrich Ströh am 08.12.2019 um 9:32 Uhr
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AW: Aufwandsentschädigungen ... wo bitte bleibt der kumulierte ehrenamtliche Output in der Form von Erfolgen für den Berufsstand?
von Christian Timme am 08.12.2019 um 10:09 Uhr
Hennrich
von Conny am 08.12.2019 um 8:43 Uhr
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AW: Hennrich
von Norbert Kühlenborg am 08.12.2019 um 11:17 Uhr
Eppendorfer Dialog
von Karl Friedrich Müller am 08.12.2019 um 8:18 Uhr
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