Bei Wachstumsstörungen

Rote-Hand-Brief: Bösartige Neoplasien unter Increlex

Stuttgart - 03.12.2019, 12:45 Uhr

Kinder und Jugendliche, die bei Wachstumsstörungen mit primärem schweren IGF-1-Mangel Mecasermin (Increlex) erhalten, haben ein erhöhtes Risiko für gut- und bösartige Neoplasien. Darüber informiert Ipsen in einem Rote-Hand-Brief. ( r / Foto: imago images / Science Photo Library)

Kinder und Jugendliche, die bei Wachstumsstörungen mit primärem schweren IGF-1-Mangel Mecasermin (Increlex) erhalten, haben ein erhöhtes Risiko für gut- und bösartige Neoplasien. Darüber informiert Ipsen in einem Rote-Hand-Brief. ( r / Foto: imago images / Science Photo Library)


Kinder und Jugendliche, die zur Langezeitbehandlung ihrer Wachstumsstörungen mit Mecasermin (Increlex) behandelt werden, haben ein erhöhtes Risiko für gut- und bösartige Neoplasien. Darüber informiert Hersteller Ipsen Pharma aktuell in Abstimmung mit BfArM und EMA in einem Rote-Hand-Brief. Beim Auftreten von Neoplasien muss Mecasermin dauerhaft abgesetzt werden.

Ipsen Pharma informiert über das Risiko von sowohl gut- als auch bösartigen Neoplasien unter seinem bei Wachstumsstörungen eingesetzten Arzneimittel Mecasermin (Increlex®). Als humaner Insulin-like Growth Factor-1 (rh-IGF-1), der durch rekombinante DNA-Technologie hergestellt wird, ist Mecasermin indiziert für die Langzeitbehandlung von Wachstumsstörungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von zwei bis 18 Jahren mit schwerem primärem Mangel an Insulin-like Growth Factor-1 (primärer IGF-1-Mangel).

Wie wirkt Mecasermin?

Mecasermin ist ein humaner Insulin-like Growth Factor-1 (rh-IGF-1), der mit rekombinanter DNA-Technologie hergestellt wird. IGF-1 gilt als hormoneller Hauptmediator für das Körperwachstum. Unter gesunden Bedingungen bindet das Wachstumshormon Somatotropin an seinen Rezeptor in der Leber und in anderen Weichteilen und stimuliert dort die Synthese/ Sekretion von Insulinähnlichem Wachstumsfaktor 1, IGF-1 fördert sodann in den Zielgeweben intrazelluläre Signalketten und Prozesse, die zum Körperwachstum führen. Laut der Fachinformation von Mecasermin führen die metabolischen Wirkungen von IGF-1 zum Teil dazu, dass die Aufnahme von Glucose, Fettsäuren und Aminosäuren stimuliert wird, so dass durch den Stoffwechsel Gewebewachstum gefördert wird.

Entwickeln Kinder oder Jugendliche eine gutartige oder bösartige Neoplasie, „muss die Behandlung mit Mecasermin dauerhaft abgesetzt und eine entsprechende fachärztliche Betreuung in Anspruch genommen werden“, erklärt Ipsen Pharma in Abstimmung mit den Behörden, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Auch dürfen Kinder oder Jugendliche mit aktiver Neoplasie, einem Verdacht auf Neoplasie oder Vorerkrankungen, die das Risiko auf Neoplasien erhöhen, kein Mecasermin erhalten. Wörtlich erklärt Ipsen Pharma: „Mecasermin ist kontraindiziert bei Kindern und Jugendlichen mit aktiver Neoplasie oder Verdacht auf Neoplasie oder mit jeglichem Befund oder Vorerkrankung, die das Risiko für benigne oder maligne Neoplasien erhöhen.“

Nur bei schwerem primären IGF-1-Mangel und maximale Dosierung beachten

Kinder und Jugendliche unter Mecasermin erhalten den Wirkstoff zweimal täglich als subkutan Injektion nach einer Mahlzeit. Die Dosierung erfolgt individuell und in Abhängigkeit vom Körpergewicht. Ipsen Pharma weist darauf hin, dass Mecasermin nur zur Behandlung von schwerem primärem IGF-1-Mangel angewendet und die maximale Dosierung von 0,12 mg/kg Körpergewicht zweimal täglich nicht überschritten werden darf. Denn: Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass das Neoplasie-Risiko bei Patienten höher sein kann, denen Mecasermin ohne IGF-1- Mangel oder in höheren Dosen als empfohlen verabreicht wird, was in einem Anstieg des IGF-1-Spiegels über den Normalwert resultiert.

Neoplasien, die normalerweise nicht bei Kindern auftreten

Ipsen Pharma erklärt, die neuen Sicherheitsbedenken beruhten auf den aktuellen „klinischen Beobachtungen von Neoplasien, die in einem plausiblen Zusammenhang mit der Anwendung von Mecasermin" stehen. So sei eine höhere Anzahl von Fällen von gutartigen und bösartigen Neoplasien bei Patienten unter Mecasermin beobachtet worden, im Vergleich zur zugrundeliegenden Inzidenz in dieser Patientenpopulation festgestellt. „Diese Fälle repräsentieren eine Reihe verschiedener maligner Erkrankungen, einschließlich seltener, die üblicherweise nicht im Kindesalter auftreten", so Ipsen im Rote-Hand-Brief.

Und weiter: „Der aktuelle wissenschaftliche Stand der IGF-1-Biologie deutet darauf hin, dass IGF-1 eine Rolle bei Malignomen in allen Organen und Geweben spielt. Die Rolle der IGF-Familie bei der Entstehung von humanen gutartigen oder bösartigen Neoplasien wurde in zahlreichen epidemiologischen und präklinischen Studien beobachtet". Ärzte sollten daher auf mögliche Malignome achten und die Fachinformation genau befolgen. Die Fachinformation sowie das Schulungsmaterial für Ärzte und Patienten von Increlex® würden aktualisiert, um diese Sicherheitsinformationen zu berücksichtigen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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