Aufhänger Slowakei

Kann Cannabidiol doch ein BtM sein?

Remagen - 29.11.2019, 08:59 Uhr

Die rechtliche Einordnung von Cannabidiol ist in vielen Ländern ein Thema, mit dem sich die Behörden schwertun. (Foto:  Pixelimago images / Levine-Roberts)

Die rechtliche Einordnung von Cannabidiol ist in vielen Ländern ein Thema, mit dem sich die Behörden schwertun. (Foto:  Pixelimago images / Levine-Roberts)


In vielen Ländern tun sich die Regulierungs-und Überwachungsbehörden schwer damit, Produkte mit dem nicht psychoaktiven Cannabidiol rechtlich einzuordnen. Die EU stuft es als Novel Food ein. In der Slowakei ist CBD ein Betäubungsmittel, wobei diese Einordnung eher „aus Versehen“ passiert sein soll. Was sagt die WHO zu CBD als Betäubungsmittel?

Cannabidiol (CBD) befindet sich in der Slowakei seit 2011 in der Liste der psychotropen Substanzen (Kategorie II) des Betäubungsmittelgesetzes, in „guter“ Gesellschaft mit Tetrahydrocannabinol (THC), Amphetamin, Kokain und Morphin. Es sei „aus Versehen“ auf die Liste gekommen, schreibt das Rechtsportal „Lexology“ und seitdem nicht mehr gestrichen worden. Die Slowakei sei das einzige Land in der EU, in dem CBD ein regulierter Stoff sei

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Deregulierung abgeschmettert

Im August 2019 hat die slowakische Regierung nun einen Gesetzentwurf eingebracht, der vorschlug, Cannabidiol von der Liste der psychotropen Substanzen herunterzunehmen. Der dem Entwurf beigefügte erläuternde Bericht besagt, dass CBD keine psychoaktiven Merkmale habe und kein Potenzial für Missbrauch oder Sucht besitze. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, es auf der Liste zu halten. Etwas unerwartet wurde der Vorstoß jedoch vom slowakischen Parlament abgelehnt. Wie das Wissensportal über Cannabis in der Medizin „Leafly“ berichtet, soll ein Abgeordneter aus der slowakischen Regierung während der Lesung im Parlament eine Änderung vorgeschlagen haben, die dazu führte, dass CBD weiterhin auf der Liste II als psychotrope Substanz verbleibt. Bei dem Abgeordneten soll es sich um ein Mitglied des Parlaments handeln, das im engen Kontakt mit der slowakischen Gesundheitsministerin Andrea Kalavská stehe. Eine offizielle Stellungnahme über die kurzfristige Neuausrichtung der Gesetzesänderung stehe bislang noch aus, schreibt Leafly. 

Was sagt die WHO?

Im Gegensatz zu Cannabis und Cannabisharz sowie Extrakten und Tinkturen von Cannabis fällt das nicht rauscherzeugende Cannabidiol namentlich nicht unter das UN-Einheitsabkommen von 1961 über die Betäubungsmittel. Das WHO Expert Committee on Drug Dependence (ECDD) kam im Dezember 2017 zu dem Schluss, dass ein internationales Verbot von reinem Cannabidiol als Suchtstoff nicht gerechtfertigt sei. Bis heute gebe es keine Beweise für die Freizeitnutzung von CBD oder irgendwelche damit verbundenen Probleme hinsichtlich der öffentlichen Gesundheit. Cannabidiol, das als Extrakt aus Cannabis hergestellt werde, solle jedoch in Schedule I eingruppiert werden, der höchsten Stufe der internationalen Kontrolle, in der auch Cannabis und Cannabisharz zu finden sind. Diese Empfehlung wurde nach der Sitzung des ECDD vom November 2018 wieder relativiert. Hiernach empfahl das Committee, die Eintragung zu Cannabis und Cannabisharz in Schedule I mit einer Fußnote zu versehen. Danach sollen Zubereitungen, die hauptsächlich Cannabidiol und nicht mehr als 0,2 Prozent THC enthalten, nun doch von der internationalen Kontrolle ausgenommen sein.

EU: CBD-haltige Produkte sind Novel Food

Die Europäische Kommission hat im Januar 2019 entschieden, Lebensmittel und andere Produkte, die Cannabidiol (CBD) aus Hanf enthalten, als neuartige Lebensmittel einzustufen, da für diese keine Verwendungsgeschichte vor dem 15. Mai 1997 festgestellt werden konnte. Sie sind damit zulassungspflichtig.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das in Deutschland zusammen mit den Überwachungsbehörden für die konkrete Klassifizierung entsprechender Erzeugnisse zuständig ist, vertritt hierzu ebenfalls eine eindeutige Auffassung: „Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre. Aus Sicht des BVL muss für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden“, heißt es auf der Webseite des Bundesamtes.

Bulgarien genehmigt CBD-Produkte für den freien Verkauf

Nach einer Leafly-Meldung vom Mai dieses Jahres hat Bulgarien als erstes EU-Land verschiedenen CBD-Produkten eine offizielle Zulassung für den allgemeinen Verkauf erteilt, und zwar von Kannaway, einer Tochter des US-amerikanischen Cannabisunternehmens Medical Marijuana. Den Produkten sei bescheinigt worden, dass sie den Anforderungen der Lebensmittelgesetze in Bulgarien entsprechen, ebenso wie den Verordnungen der Europäischen Union. Damit seien die Produkte auch für den Export in weitere Staaten offiziell zugelassen. Andere Länder hielten sich jedoch zurück, solche Genehmigungen zu erteilen. Auch wollten viele Länder nicht die gesetzliche Konformität der CBD-Produkte bestätigen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Angebliche Genehmigung in Bulgarien für CBD-Produkte

von Dirk Lachenmeier am 29.11.2019 um 11:52 Uhr

Leider berichtet die "Leafly"-Quelle nicht, dass die Genehmigung durch die Bulgarian Food Safety Agency bereits am 5.6.2019 als fehlerhaft zurückgenommen wurde. Auch in Bulgarien gilt die EU Novel-Food-Verordnung als höherrangiges Recht und kann nicht durch nationale Maßnahmen außer Kraft gesetzt werden.

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