OLG Naumburg zu Rx-Boni für Privatversicherte

„Kein Anreiz, eine Versandapotheke zu wählen“

Berlin - 27.11.2019, 15:15 Uhr

DocMorris lässt nichts unversucht, Kunden zu ködern. Aber was nutzen Privatversicherten Boni, wenn sie diese an ihre Versicherung durchreichen müssen? (b/Foto: DocMorris)

DocMorris lässt nichts unversucht, Kunden zu ködern. Aber was nutzen Privatversicherten Boni, wenn sie diese an ihre Versicherung durchreichen müssen? (b/Foto: DocMorris)


Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung

Was die personenübergreifenden Kundenkonten betrifft, in denen neben den Daten der Adressaten auch die weiterer Patienten/Familienangehöriger ohne vorherige Einwilligung verarbeitet und wiedergegeben sind, so sieht das Gericht einen Verstoß gegen Datenschutzrecht.

Wie schon in seinen Urteilen zum Arzneimittelverkauf über den Amazon Marketplace stellt der 9. Senat des Oberlandesgerichts zunächst klar, dass aus seiner Sicht, Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Marktverhaltensregeln im Sinne des Lauterkeitsrechts sein können – höchstrichterlich geklärt ist diese Frage noch nicht. Damit können auch Mitbewerber Verstöße gegen die Verordnung geltend machen.

Für die Naumburger Richter steht fest: DocMorris hat die personenübergreifenden Kundenkonten zur Förderung des Absatzes geführt. Denn nicht aufgebrauchte Boni stünden auch den anderen in dem Kundenkonto erfassten Personen zur Verfügung. „Dies schafft einen Anreiz zu weiteren Bestellungen“. Das Problem: Es handele sich um Gesundheitsdaten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 DSGVO – und wer diese verarbeiten will, bedarf dazu der Einwilligung – die hatte der Versender aber von keinem der Test-Besteller eingeholt.

Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung

Ebenfalls wie im Amazon-Fall ließen die Naumburger Richter auch hier die Revision zum Bundesgerichtshof zu. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. So sei zum einen klärungsbedürftig, ob die Regeln der DSGVO im Einzelfall als Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3 a UWG anzusehen sind. Zum anderen dürfte wegen „der wirtschaftlichen Bedeutung der hier involvierten Versandapotheke“ ein „abstraktes Interesse der Allgemeinheit an der Klärung der Frage bestehen, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Boni an privatkrankenversicherte Personen beim Kauf in einer Versandapotheke möglich ist“.

Tatsächlich dürfte dies nicht zuletzt Minister Jens Spahn (CDU) interessieren. Schließlich hat er den PKV-Bereich ausgeklammert, als er im Entwurf für das Apotheken-Stärkungsgesetz ein im Sozialrecht verankertes Rx-Boni-Verbot vorlegte. Ob diese Regelung tatsächlich so kommt, ist ohnehin unklar. Spahn will zunächst die Meinung der EU-Kommission zu seinem Vorhaben einholen – doch die wurde erst am heutigen Mittwoch vom EU-Parlament bestätigt.

Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom 14. November 2019, Az.: 9 U 24/19



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg im Berufungsverfahren wird Ende Oktober erwartet

DocMorris-Quittungen für Privatversicherte vor Gericht

Rx-Boni vs. unternehmerische Sorgfaltspflicht

DocMorris muss auch an die PKV denken

OLG: Boni dürfen PKV nicht verschwiegen werden

Unzulässige DocMorris-Quittungen

Landgericht Stendal: Quittungen stiften zum Betrug an

Teilerfolg gegen DocMorris

Urteilsgründe des Landgerichts Stendal

DocMorris als potenzieller Betrugs-Gehilfe

Stiften Rechnungen für Privatversicherte ohne Boni-Hinweis zum Betrug an?

Apotheker klagt gegen DocMorris

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.