Kammerversammlung

Kammer Nordrhein will weiter juristisch gegen EU-Versender vorgehen

Neuss - 21.11.2019, 10:15 Uhr

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein (1.v.l.), und Nordrheins Kammerpräsident, Dr. Armin Hoffmann (2.v.r.), stellten bei der gestrigen Kammerversammlung klar, dass man weiterhin juristisch gegen EU-Versender vorgehen werde. (c / Foto: Alois Müller/AKNR)

Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein (1.v.l.), und Nordrheins Kammerpräsident, Dr. Armin Hoffmann (2.v.r.), stellten bei der gestrigen Kammerversammlung klar, dass man weiterhin juristisch gegen EU-Versender vorgehen werde. (c / Foto: Alois Müller/AKNR)


Der Amtswechsel in der Apothekerkammer Nordrhein im vergangenen Juni hatte eine historische Dimension: Mit Ex-Präsident Lutz Engelen verließ ein langjähriger Standespolitiker die große Bühne und sein Nachfolger Dr. Armin Hoffmann wurde der bundesweit erste Industrieapotheker in dieser Position. Hoffmann stellte bei der Kammerversammlung am gestrigen Mittwoch in Neuss klar, dass er die Digitalisierung in der Kammer und im Berufsstand vorantreiben, die Arbeit der ABDA kritisch begleiten und weiterhin intensiv juristisch gegen DocMorris und Co. vorgehen wolle.

Zu Beginn der gestrigen Delegiertenversammlung der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) in Neuss fanden zwei Ehrungen statt. Der neue Kammerpräsident Dr. Armin Hoffmann und seine Vizepräsidentin Kathrin Hollingshaus zeichneten ihre Vorgänger Lutz Engelen und Peter Barleben für ihre langjährige und verdiente Arbeit in der Standespolitik mit der Ehrenpräsidentschaft bzw. mit dem Ehrenring der AKNR aus.

Peter Barleben und Lutz Engelen wurden von ihren Nachfolgern an der AKNR-Spitze geehrt. (Foto: Müller/AKNR)

Anschließend nutzte Hoffmann, der seit genau 70 Tagen Kammerpräsident ist, seinen Lagebericht, um eine erste kleine Zwischenbilanz der neuen Legislaturperiode zu ziehen: Die Ausschüsse hätten ihre Arbeit aufgenommen, darunter auch eine neu gegründete Gruppe, die sich mit Innovations- und Digitalisierungsthemen beschäftigen soll. Hoffmann will darüber hinaus die Expertise der Kollegen in den Kreisstellen stärker in die Arbeit der Geschäftsstelle und der Ausschüsse einbeziehen. Weitere Themen – Hoffmann nennt sie die „100-Tage-Prioritäten“ – sind die Außenkommunikation und Außendarstellung der Kammer, der Ausbau des Dienstleistungsangebotes für die Mitglieder, die Nachwuchsförderung sowie die Weiterentwicklung von Honorierungsmodellen.

Im Hinblick auf die Einführung pharmazeutischer Dienstleistungen machte Hoffmann deutlich: „In den aktuellen Diskussionen wird es immer so dargestellt, als ob wir diese Tätigkeiten neu erfinden müssten.“ Das sei jedoch falsch. Dienstleistungen hätte der Berufsstand schon immer erbracht, nur wäre man dafür bisher nie extra vergütet worden. Daher müsse man sich in den aktuellen Verhandlungen viel eher darauf fokussieren, wie man pharmazeutische Dienstleistungen zukünftig in die Honorierung mit einbeziehe.

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Auf Nachfrage erläuterte Hoffmann auch seine Haltung gegenüber der Standespolitik auf Bundesebene. Sein Vorgänger Lutz Engelen war bekanntlich ein deutlicher Kritiker der ABDA gewesen. Grundsätzlich sei es, so Hoffmann, wichtig und richtig, dass die Apothekerschaft gegenüber der Politik mit einer Stimme auftrete. Doch die kritische Haltung gegenüber der ABDA werde auch in seiner Amtszeit fortgeführt. Das hätte man schon in Berlin registriert und entsprechend wäre er bei den ersten Sitzungen und Terminen empfangen worden. Hoffmann ist sich aber sicher, dass es viele Gleichgesinnte und Freunde in anderen Kammern gebe, um die Arbeit auf Bundesebene in den nächsten Jahren konstruktiv-kritisch begleiten zu können.

„Seit dem EuGH-Urteil hält sich DocMorris an gar nichts mehr“

Nicht nur für ihre ABDA-kritische Haltung ist die Apothekerkammer aus dem Westen bekannt, sondern auch für ihre hartnäckige juristische Auseinandersetzung mit den niederländischen Arzneimittelversendern. Und dieses Merkmal wird die AKNR ebenfalls weiterführen. Kammerjustiziarin Dr. Bettina Mecking machte den Delegierten deutlich, dass dies derzeit höchste Relevanz habe, vor allem im Hinblick auf die geplanten politischen Maßnahmen hinsichtlich der Arzneimittelpreisbindung.

„DocMorris ist seit dem EuGH-Urteil im Jahr 2016 der Auffassung, sich an gar nichts mehr halten zu müssen“, so Mecking. Daher sei es „wichtiger denn je“, juristische Verfahren gegen die ausländischen Versender zu führen. Die Medizinrechtlerin zeigte auf, dass die zentrale Strategie der Kammer sei, in allen Verfahren gegen DocMorris und Co. sowohl die Verstöße gegen die Arzneimittelpreisverordnung zu thematisieren als auch das rechtswidrige Verhalten vor dem Hintergrund des Heilmittelwerberechts zu monieren. „Das ist notwendig, weil wir jederzeit damit rechnen müssen, dass die Politik die Arzneimittelpreisbindung und die damit verbundenen Verordnungen und Regularien beerdigen könnte.“ Außerdem werde die Arzneimittelpreisverordnung von der Politik häufig als ein Schutzinstrument im Sinne der Leistungserbringer betrachtet. Das Heilmittelwerberecht sei dagegen klar dem Verbraucherschutz zuzuordnen.

Mecking kritisierte das Vorgehen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) scharf, die Arzneimittelpreisbindung zukünftig im Sozialrecht regeln zu wollen. Dieser Vorgang sei im Vergleich zum Rx-Versandverbot juristisch nicht nur komplizierter, sondern europarechtlich wesentlich fragwürdiger. Das hätten verschiedenste Gutachten ergeben. Warum Spahn die Sozialrechtsregelung der EU-Kommission zur Prüfung vorlege, sei auch unverständlich: „Früher oder später landet das Konstrukt sowieso vor dem EuGH und wird dann geprüft.“ Und abgesehen von der vorhergesagten 90-prozentigen Gleichpreisigkeit bezogen auf die GKV-Versicherten, sieht Mecking in den verbliebenen 10 Prozent der Privatversicherten und Selbstzahler ein weiteres Einfalltor für neue Verfahren vor dem EuGH.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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