Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

17.11.2019, 08:00 Uhr

Der Botendienst – des einen Freud, des andern Leid... (Foto: Andi Dalferth)

Der Botendienst – des einen Freud, des andern Leid... (Foto: Andi Dalferth)


Endlich mehr Freiheit beim Botendienst – und schon sieht darin so mancher Standespolitiker und Pharmazierat den Untergang der Pharmazie und die Präsenz-Apotheken in den Grundfesten erschüttert. Hauptsache wir haben kalibrierte webbasierte Datenlogger im Kühlschrank. Freuen wir uns auf modern ausgebildete PTAs, der PTA-Reform sei Dank – nach 2023. Und auf patientorientiert ausgebildete Pharmazeuten, einer novellierten Approbationsordnung sei Dank – wann sie kommt, steht noch in den Sternen, aber der erste Schritt ist gemacht. Und zum E-Rezept: Die Modellprojekte laufen, der Apothekerverband macht sein Ding – und was ist mit dem Makelverbot? Welches Makelverbot? 

11. November 2019

Das E-Rezept und die offene Frage: Wie geht es mit dem Makelverbot weiter? Die Politik sieht ein Makelverbot zwar vor, das im Rahmen des Apotheken-Stärkungsgesetzes geregelt werden soll – aber das steckt zurzeit fest, weil die EU-Kommission noch prüfen muss, ob es EU-konform ist: Darf das Boni-Verbot über unser bundesdeutsches Sozialgesetzbuch geregelt werden? Dumm gelaufen, mein liebes Tagebuch, insgeheim hatten wir noch die Hoffnung, dass der Passus mit dem Makelverbot und ebenso unsere Honorierung des E-Medikationsplans ins Digitale Versorgung Gesetz übernommen wird, aber daraus wurde nichts. Und jetzt wird schon spekuliert, ob die Politik überhaupt zum Makelverbot steht, denn ganz so eindeutig äußert sie sich nicht dazu. Und wie sieht’s eigentlich mit dem Honorar für den E-Medikationsplan aus? Um dieses Thema ist es gar sehr, sehr ruhig geworden. Der Landespolitiker Sebastian Ehlers, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern, sieht da „einigen Dissens“ zwischen der CDU und den Apothekern, wie er auf dem Apothekertag in seinem Bundesland durchblicken ließ. Auf diesem Apothekertag war auch das E-Rezept ein beherrschendes Thema. Interessante Aussage von Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein und Digitalexperte in der ABDA: Alle zurzeit laufenden Modellprojekte zum E-Rezept sind Theorie, weil, ja weil die Gematik erst im Frühjahr die Details für das E-Rezept spezifizieren werde. Mein liebes Tagebuch, stimmt, aber sind dann alle derzeit laufenden Modellprojekte (es sind ingesamt über 50!) zum E-Rezept für die Katz? Na ja, so kann man’s sicher nicht sagen – man sammelt Erfahrung mit dem Procedere, mit der Technik, aber ob das alles mit der Bibel der Gematik konform ist, wird man sehen. Wird spannend, vor allem auch die Frage, ob es wirklich auf die „One-and-only-Plattform“ des Deutschen Apothekerverbands hinauslaufen wird oder auf eine Vielfalt von Apps.

 

Der Botendienst, der Botendienst, mein liebes Tagebuch, des einen Leid, des andern Freud. Es gibt ja Apothekers, die sehen im Botendienst nur Kosten. Und andere setzen den Botendienst als tollen Kundenservice ein, mit dem sie bei ihren Kunden punkten können. Der neuen Verordnung sei Dank: Der Botendienst ist nun ganz offiziell endlich nicht mehr nur auf den ominösen Einzelfall beschränkt (was, seien wir ehrlich, schon von vielen Apotheken zuvor nicht mehr wirklich so gehandhabt wurde), nein, man darf dem Kunden aktiv anbieten, seine z. B. telefonisch bestellten Arzneimittel per Boten nach Hause zu bringen. Am gleichen Tag. Und damit ist man besser als jeder Versender. In Zeiten, in denen uns der Versandhandel auf den Fersen ist und auf Rx-Kundenfang geht, hat man nun endlich ein Instrument, um den Versender Paroli bieten zu können. Mein liebes Tagebuch, das hat doch was! Hat es nicht, warnt Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke. Für sie „kann der Botendienst immer nur zweite Wahl sein, First Class ist der direkte Kontakt Patient-Apotheker“. Mein liebes Tagebuch, klar, man kann auch im Botendienst den Untergang der Pharmazie sehen. Aber seien wir doch mal ehrlich, die Zeiten ändern sich, die Kunden haben in Zeiten des Online-Handels andere Erwartungen. O.k., ein direkter Kontakt von Patient/Kunde und Apotheker in der Offizin, ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist das Höchste, das Schönste, das Beste. Aber es gibt heute eben auch Situationen und Umstände, in denen eine – im Übrigen äußerst diskrete! – Beratung per Telefon, eine Beratung durch die PTA bei der Zustellung an der Haustür auch große Pharmazie ist. Ehrlich gesagt, ich habe da keine Sorge, dass bei den allermeisten Apotheken der Botendienst zum Normalfall wird – schon aus Kostengründen nicht. Und liegt es nicht an uns selbst, dass wir den Besuch bei uns in der Apotheke so attraktiv machen, dass der Kunde immer wieder gerne unsere Offizin besucht? Na also, wer hat da noch Angst vor Botendienst?

12. November 2019

Der Botendienst scheint auch für unsere lieben Pharmazieräte ein rotes Tuch zu sein. Sie fordern in einer Resolution: „Die Arzneimittelsicherheit darf nicht Convenience-Überlegungen geopfert werden.“ Oh weh! Und ABDA-Justiziar Lutz Tisch sieht in seinem Vortrag auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) „die Präsenz-Apotheken in ihren Grundfesten erschüttert, denn: Mit der neuen Botendienstregelung könnten kontaktfrei verschreibungspflichtige Arzneimittel bezogen werden und zur Beratung werde die Telepharmazie etabliert. Ja sowas, ohgottohgott, mein liebes Tagebuch, das Abendland geht unter, wenn wir nicht die Arzneimittelsicherheit über die Bequemlichkeit für die Patienten stellen. Schon heftig, welche Schreckensszenarien da an die Wand gemalt werden, wenn eine Apotheke patientenfreundlicher werden möchte und mit dem Botendienst ihren Patienten einen Mehrwert, einen Service bieten will. Mein Szenario sieht anders aus: So mancher Traditionalist, der seinen Patienten nicht entgegenkommen möchte, wird schon bald zusehen müssen, wie seine Patienten mit den Füßen abstimmen, indem sie ihre Füße ruhig halten und sich ihre Arzneimittel von den Versendern nach Hause bringen lassen. So sieht’s aus! Und noch was wünschen sich unsere Pharmazieräte: kalibrierte Datenlogger, möglichst webbasiert, zur Überwachung der Lagertemperaturen! Denn Ausmaß und Zeitspanne der Abweichungen von den vorgeschriebenen Lagertemperaturen müssen festgestellt und aufgezeichnet werden. Tja, mein liebes Tagebuch, einfach einen Kühlschrank in die Apotheke stellen und ein Thermometer reinlegen, geht schon lange nicht mehr. Die Temperaturkontrolle muss schon mehr als High-Tech sein. Mein liebes Tagebuch, da würde ich gerne Mäuschen sein und mal die Apotheken unserer Damen und Herren Pharmazieräte inspizieren und nach dem webbasierten, kalibrierten Datenlogger fragen.

13. November 2019

Bücher und verschreibungspflichtige Arzneimittel haben eines gemeinsam: Sie haben eine Preisbindung, sie kosten in jeder Verkaufs- bzw. Abgabestelle denselben Preis. Ein neues Buch kostet selbst in der Amazon-Versandbuchhandlung dasselbe wie in der kleinen Buchhandlung in der Stadt. Buchpreisbindung – warum das eine gute Sache ist, dass mit Büchern kein Preiswettbewerb getrieben wird, belegt nun eine aktuelle Untersuchung unabhängiger Wissenschaftler, die im Auftrag des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels erstellt wurde. Diese Analyse, die den Buchmarkt in Deutschland mit dem Markt in Ländern ohne Buchpreisbindung vergleicht, zeigt in der Tat positive Folgen der Buchpreisbindung, nämlich mehr unabhängige Buchhandlungen (obwohl es bekanntlich bei Buchhandlungen Ketten gibt), mehr Absatz von Büchern, im Durchschnitt günstigere Buchpreise und mehr Erfolg für weniger bekannte Autoren. Mein liebes Tagebuch, und das Allerbeste: Die deutsche Buchpreisbindung ist mit dem EU-Recht vereinbar, ausländischen Versendern werde der Zugang zum deutschen Markt nicht erschwert, so ein aktuelles Rechtsgutachten. Außerdem sei der Schutz des Kulturguts Buch „ein ausreichender Rechtfertigungsgrund für die Ausschaltung des Preiswettbewerbs auf der Handelsstufe“, so das Rechtsgutachten. Und das Beste: Gemäß dem Rechtsgutachten werde der Schutz des Buches als Kulturgut auch vom Europäischen Gerichtshof als zwingendes Erfordernis des Allgemeininteresses anerkannt. Sind Bücher für den Europäischen Gerichtshof also ein schützenswerteres Gut als verschreibungspflichtige Arzneimittel? Der Eindruck drängt sich auf. Nun ja, es gibt ein paar kleine Unterschiede zwischen dem Buch- und dem Rx-Arzneimittelmarkt: Die Bücher bezahlt der Kunde selbst, die Arzneimittel die Krankenkassen. Und auf dem Buchmarkt gibt’s Ketten und ausländische Buchhändler dürfen sich in Deutschland „niederlassen“ – was es übertragen auf den Arzneimittelmarkt nicht geben darf. Dennoch, man hätte dem EuGH bessere Argumente für eine Aufrechterhaltung der Arzneimittelpreisbindung liefern müssen – und können.

 

Die brandenburgische Kleinstadt Niemegk wird kein Einzelfall bleiben: Dort gingen zahlreiche Bürgerinnen und Bürger auf die Straße und protestierten gegen eine sich verschlechternde medizinischen Versorgung: Arzt ist weg, Apotheke ist zu. Und keine Nachfolge in Sicht. Bemerkenswert, was die Bürger auf eines ihrer Protestplakate schrieben: „Gesucht: Doc und DocMorris“. Das kann uns nicht gefallen, mein liebes Tagebuch, DocMorris als Versender sollte den Menschen dort gar nicht in den Sinn kommen. Denn es gibt eine Rezeptsammelstelle, betrieben von einer Apotheke im benachbarten Straach, einem Ortsteil der Lutherstadt Wittenberg. Als Übergangslösung freilich o.k., aber sicher kein Ersatz für eine eigene Apotheke. Aber es gäbe da doch noch andere Möglichkeiten, z. B. eine Filialapotheke oder möglicherweise sogar nur eine Zweigapotheke. Vielleicht könnte da die Kammer mal die umliegenden Apotheken ein bisschen „anstupsen“ und kreative Vorschläge machen… mein liebes Tagebuch, wäre das nicht allemal besser als wenn die Menschen nach einem Versender rufen?

14. November 2019

Lieferengpässe sind eines der drängenden Probleme unserer Tage. Sogar das Fernsehen nimmt sich mehr als einmal dieses Themas an. Da die Ursachen komplex sind, lassen rasche Lösungen noch auf sich warten – und Apotheken kämpfen weiterhin mit Schwierigkeiten, Rezepte wegen fehlender Arzneimittel zu beliefern. Die Gesundheitspolitiker der Großen Koalition haben bereits angekündigt, mit gesetzlichen Maßnahmen auf die Engpässe zu reagieren. Und sie werden sogar konkret: An das Faire-Kassenwettbewerb-Gesetz (GKV-FKG) soll ein Änderungsantrag angehängt werden, der mit verschiedenen Regelungen die Vermeidung und das bessere Management von Defekten vorsieht. Das Gesetz soll bereits Ende November im Bundesrat besprochen werden. Ein Vorschlag, mit dem Lieferengpässe besser gemanagt werden sollen, fällt uns dabei besonders auf: Wenn Apotheker ein Arzneimittel länger als 24 Stunden nicht beziehen können, sollen sie es gegen ein anderes, wirkstoffgleiches, nicht rabattiertes und lieferbares Präparat austauschen können. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Das abzugebende Arzneimittel darf nicht teurer sein als das verordnete Arzneimittel. Ah ja, mein liebes Tagebuch, wo bitte ist da die Verbesserung für unsere Patienten? Wir können doch jetzt schon ein anderes Präparat abgeben, wenn das verordnete nicht lieferbar ist. Ein echter Durchbruch gegen Lieferengpässe wäre doch das, was Kollege Christian Becker kommentiert: Den Passus „nicht teurer als das Verordnete“ streichen und den Gesetzesvorschlag erweitern um den Satz: Nach 24h Nichtlieferbarkeit darf das günstigste lieferbare Arzneimittel abgegeben werden, ohne dass der Patient Mehrkosten tragen muss“. Das wär’s doch – auch im Sinne der Patienten, die für die Engpässe am allerwenigsten verantwortlich sind.


Also, mein liebes Tagebuch, bald geht’s los mit dem Impfen. Der Bundestag hat zusammen mit dem Masernschutzgesetz das Modellvorhaben zu Grippeimpfungen beschlossen. Eigentlich sollten diese Modellvorhaben mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz kommen, aber da es bei diesem Gesetz aufgrund von verzögerten Abstimmungen mit der EU klemmt, hat man die Modellvorhaben zur Grippeschutzimpfung in Apotheken ans Masernschutzgesetz angehängt. Wenn das Gesetz den 2. Durchgang im Bundesrat passiert (20.12.) und dann am 1. März 2020 in Kraft tritt, können sich all diejenigen, die am Modellprojekt Impfen teilnehmen wollen, auch schon mal so langsam auf die Schulungen fürs Impfen vorbereiten. Und im nächsten Herbst wird dann in Apotheken geimpft! So wird’s was! Mit dem Masernschutzgesetz wird noch eine weitere Regelung für uns Apothekers kommen: die Möglichkeit, Wiederholungsrezepte zu beliefern – wenn, ja wenn die Ärzte sie denn ausstellen. Ob sie das tun werden, ob sie die Chance nutzen, ihren Patienten damit entgegenzukommen? Wie man in Stellungnahmen las, war die Bereitschaft, Wiederholungsrezepte auszustellen, gelinde gesagt mehr als zurückhaltend. Vielleicht muss da der Druck von den Patienten selbst kommen…

 

In dieser Woche hat es der Bundestag abgesegnet: das PTA-Reformgesetz. Bundesgesundheitsminister Spahn freut sich, wieder ist eines seiner Herzensangelegenheiten durchs Parlament: PTAs bekommen eine Ausbildung mit modernen Inhalten, es bleibt bei einer Ausbildungszeit von zweieinhalb Jahren, in der sie eine Vergütung erhalten, die im Ausbildungsvertrag ausdrücklich festgelegt wird. Und PTAs mit mindestens drei Jahre Berufserfahrung, guten Prüfungsnoten und regelmäßigen Fortbildungen sollen vermehrt ohne Aufsicht pharmazeutisch arbeiten können. Mein liebes Tagebuch, schön, dass der Minister hier so Dampf gemacht und endlich eine PTA-Reform auf den Weg gebracht hat. Es wurde auch Zeit, denn die Anforderungen an den pharmazeutischen Assistenzberuf haben sich seit 1968, als dieser Beruf ins Leben gerufen wurde, doch grundlegend geändert. Es war ja schon nicht mehr feierlich, wie eine Reform des PTA-Berufs jahrelang von unserer Berufsvertretung verbummelt wurde. Dass es nun bei einer Ausbildungsdauer von zweieinhalb Jahren bleiben wird, wird dem PTA-Berufsverband und der Apothekengewerkschaft Adexa nicht gefallen. Sie hätten sich gerne eine dreijährige Ausbildungsdauer gewünscht, um die neuen Ausbildungsinhalte auch fundiert vermitteln zu können. Mein liebes Tagebuch, die Praxis wird’s zeigen, wie die Schulen mit den ihnen zur Verfügung stehenden zwei Jahren zurecht kommen werden. Um sich auf die neuen Lehrinhalte vorzubereiten, besteht immerhin ausreichend Zeit: Das Gesetz soll im Wesentlichen erst zum 1. Januar 2023 wirksam werden – wenn der Bundesrat zustimmt. Und der hatte vor der Bundestagsberatung etliche Nachbesserungen gefordert, u. a. eine längere Ausbildungsdauer. Mein liebes Tagebuch, dass es mit der längeren Ausbildungszeit nichts wurde, liegt daran, dass sich die Union und die Sozialdemokraten nicht auf eine Verlängerung einigen konnten. Die Unionspolitiker sahen keinen Sinn in einer Verlängerung, die neuen Inhalte könnten auch in zweieinhalb Jahren vermittelt werden, meinen sie. Die SPD-Politiker dagegen wollten ein halbseidenes Kompromissangebot der Union, die einen kürzeren Theorie-Block vorschlug, der zudem noch praxisbegleitend hätte stattfinden sollen, nicht zustimmen. Ob die Länder mit dem jetzt beschlossenen kleinen Maßnahmenpaket zufrieden sind, wird sich zeigen – der Bundesrat muss dem Vorhaben letztlich zustimmen, er kann auch noch den Vermittlungsausschuss einberufen.

 

Auch das wurde Zeit: Unsere Approbationsordnung soll weiterentwickelt werden. Der Vorstand der Bundesapothekerkammer (BAK) hatte dies vorgeschlagen, die BAK-Mitgliederversammlung hat dem zugestimmt. Welche Richtung die Novellierung einschlagen soll, gibt das Thesenpapier „Zur Ausbildung des Apothekers“ vor, das von der Arbeitsgemeinschaft „Anforderungen an die Qualifikation des Apothekers“ entwickelt wurde. Und wann gibt es endlich eine neue Approbationsordnung? Gemach, mein liebes Tagebuch, das wird noch dauern, so schnell werden wir unseren Nachwuchs nicht mit einer zeitgemäßen Ausbildung beglücken und zukunftsfest machen können. Denn eine Novellierung der Approbationsordnung ist ein langer, steiniger und mühsamer Weg mit vielen Hürden. Obwohl es durchaus sinnvoll wäre, wenn alles ein wenig rascher ginge. Denn Anforderungen an zukünftige Apotheker haben sich, wie die letzten Jahre gezeigt haben, massiv geändert, Stichworte sind Klinische Pharmazie, Medikationsanalyse und -management, mehr Patientenorientierung. Das Thesenpapier sieht vor allem in diesen Bereichen Handlungsbedarf: Die Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie müssen erweitert und inhaltlich stärker aufeinander abgestimmt werden, heißt es da. So ist es, mein liebes Tagebuch. Hoffen wir, dass wir einen Novellierungsbeschleuniger finden. Immerhin, ein Anfang ist gemacht.

15. November 2019

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) treibt seine Web-App konsequent voran. Die 17 Landesapothekerverbände haben einen Treuhandvertrag unterschrieben haben, in dem es unter anderem um die Finanzierung der DAV-App geht. Der Verband möchte, dass seine Web-App die Basis-Anwendung für die spätere flächendeckende Einführung des E-Rezeptes wird. Aus Sicht des Verbands macht das auch Sinn, denn der Verordnungsprozess für das E-Rezept müsse werbe- und diskriminierungsfrei sein, ohne Steuerungseinflüsse von außen. Die ersten E-Rezepte wurden bereits beim E-Rezept-Projekt in Berlin mit der DAV-App verschickt – bis zum Jahresende sollen 40 Apotheken in das Pilotprojekt eingebunden sein. Mein liebes Tagebuch, auf der anderen Seite allerdings arbeiten noch dutzende von Software- und IT-Häusern ebenfalls an Apps, mit denen die Patienten ihr E-Rezept später einmal verwalten und versenden können sollen, Apps, mit denen der Patient sich dann z. B für eine bestimmte Apotheke entscheidet – der DAV wird dies nicht verhindern können. Wie das alles mit dem E-Rezept weitergeht, ist noch offen – alle schauen auf die Gematik, die Organisation, die die endgültigen Spielregeln fürs E-Rezept festlegt. Allerdings sollen diese Spezifizierungen erst Ende Juni 2020 feststehen.


Da tun sich Lücken auf! Die Ärzte müssen seit Ende Juni dieses Jahres an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden sein. Und siehe da: Schon gibt es laut einem Bericht vom NDR und der Süddeutschen Zeitung in 90 Prozent der Praxen erhebliche Sicherheitsrisiken. Sensible Gesundheitsdaten von Patienten könnten Hackern in die Hände fallen. Einer der Gründe für die Risiken dürfte sein, dass Arztpraxen nicht mit einer Hardware-Firewall ausgerüstet seien – und dafür ist jeder Arzt alleine verantwortlich. Mein liebes Tagebuch, was können wir daraus lernen? Wir müssen unseren Software- und IT-Häusern klare Vorgaben machen, unsere Apothekencomputer sicher ans IT-Netz anzubinden nach den Vorgaben, die die Gematik definiert hat. Nur dann sind wir auf der sicheren Seite. 

 

Jörn Graue, Chef des Hamburger Apothekervereins, nahm auf der Mitgliederversammlung seines Vereins wieder einmal kein Blatt vor den Mund und sprach aus, was andere nur denken. Die Apotheker seien zum „Spielball der Kapitalmächte“ geworden. Doch „die ABDA könnte auch anders, sie mag bloß nicht mehr“, sagte er mit Blick darauf, wie man mit den Empfehlungen des Bundesrats für das Rx-Versandverbot umgegangen sei. Allerdings habe es einen „wirklichen Deal“ für die Apotheker nicht geben können. Die Drohung „friss oder stirb“ sei zu deutlich gewesen. Und damit, mein liebes Tagebuch, hat er dieses Dilemma wohl auf den Punkt gebracht. Wie Graue außerdem anmerkte, sei Spahns Abkehr vom im Koalitionsvertrag empfohlenen Rx-Versandverbot „ein historisch verantwortungsloser Fehler, den wir durch unsere Kompromissbereitschaft schlicht fördern, indem wir ihm nicht mit der gebotenen Hartnäckigkeit begegnen“. Und zu den geplanten neuen Dienstleistungen, die mit dem Apothekenstärkungsgesetz kommen sollen, meinte Graue, sie seien „inzwischen so geheim, dass die Geheimnisträger ihr Geheimnis nicht einmal selbst kennen“. Ach, mein liebes Tagebuch, wie erfrischend, wenn es noch Berufspolitiker gibt, die Tacheles reden. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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15 Kommentare

Die „ausgefallene und mundtote Apothekergeneration“ ...

von Christian Timme am 17.11.2019 um 12:30 Uhr

... und die sich daraus ergebenden Konsequenzen kann man schon in Dekaden „messen“. Ist diesem Berufsstand die „innere Uhr“ abhanden gekommen oder ist die „Klagemauer“ nur ein Vorwand um auch weiterhin der von der Politik betriebenen „Gesundheitspolitik“ wortlos zu folgen und damit für immer zu verschwinden?. Ein J. Graue reicht nicht ... die „restlichen 100.XXX“ ... schon ...

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Jörn Graue

von Wolfgang Müller am 17.11.2019 um 11:25 Uhr

Auch Jörn Graue beweist, dass wir keinen Mangel an älteren weisen Kolleg/innen haben. Ein entsprechendes Volk ist ebenfalls da - wenn auch noch etwas eingeschüchtert -, das hat der DAT bewiesen.

Nur an wachen Jüngeren (sagen wir, unter 60) in Führungs- und Lehr-Verantwortung mangelt es noch, die in ausreichender Zahl ebenfalls zu relevanten Erkenntnissen kommen. Und dann mit einer neuen Haltung und neuen Schwerpunkten die recht einfachen Konsequenzen ziehen könnten, um eine berufliche Zukunft auch für eine weiter große Anzahl an Vor-Ort-Offizin-Apothekern realistisch zu gestalten. Vor Allem auch für einen motivierten Nachwuchs.

Statt sich einfach nur selber mit ihren überkomplexen, immer offensichtlicher Praxis-feindlichen Ämter- und Interessen-Verflechtungen persönlich über die Runden zu retten. Mit irgend einer vom Ergebnis für uns an der Front her wohl ziemlich unabhängigen Form von rein fachidiotisch elitärem Spaß und Nutzen.

Zu unserem berufspolitischen Elend fällt mir immer wieder schmerzhaft die Äußerung von Günter Gaus ein. Zu seinem Fernseh-Interview mit dem auch meiner Meinung nach unsäglich substanzlosen, dafür um so wichtigtuerischen Joschka Fischer sagte Gaus 2004 in der Zeit:

"Den frage ich nie wieder, ganz abgesehen davon, dass er nie wieder käme. Das war entsetzlich. Aber Fischer hat mich richtig hereingelegt. Er hat mit großer Geste geredet – ohne jeden Inhalt. Dem war ich nicht gewachsen. Er hält sich für einen Pragmatiker. Ich halte ihn für den größten Opportunisten, den ich kenne."

Das gilt vor Allem für die nicht mehr zu glaubende Arbeit und (Geheim-) Haltung der ABDA zu "Neuen Dienstleistungen", die ja die "Perspektive für die Öffentliche Apotheke" sein sollen. Da ist absolut Nichts, aber auch gar nichts Konkretes, Substantielles, geschweige denn etwas, womit finanziell das Überleben zu sichern wäre.

Eigentlich ein Thema für wöchentliche Montags-Demonstrationen vor dem Geister-Gebäude in der Heidestraße.

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AW: Aw.: Jörn Graue

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:03 Uhr

Sie haben es genau auf den Punkt gebracht Herr Müller:

"Das gilt vor Allem für die nicht mehr zu glaubende Arbeit
.....….............. nichts Konkretes, Substantielles, geschweige denn etwas, womit finanziell das Überleben zu sichern wäre."

Im Gegenteil. Auch hier gilt das Bild vom Hauch des leeren Raumes.

Nicht mal mehr Blasen mit bunt schillernden Hüllen erscheinen.

24 Stunden

von Karl Friedrich Müller am 17.11.2019 um 11:15 Uhr

Die Äußerungen dazu sind in mehrerer Hinsicht blamabel.
- wir dürfen, nicht erst nach 24 Stunden, sondern gleich Höherpreisiges abgeben.
- wer öffentlich dazu Stellung nimmt, sollte den Rahmenvertrag kennen. Auch wenn er Gesundheitsminister ist, vor allem dann.
Ich frage mich schon, wie Meinungen entstehen bei Politikern, die dann auch noch vehement vertreten werden, obwohl sie falsch sind. Eine Nachfrage in einer Apotheke oder bei den Taxationsabteilungen der LAVen wäre hilfreich.
- die AM, um die es geht, sind Wochen und Monate nicht zu bekommen, immer nur ein paar Packungen von verschiedene. Firmen. Da ist der Hinweis auf 24 Stunden fern von jeder Realität.
- wie lange soll man Patienten warten lassen, besonders bei AM wie Venlafaxin? Absetzen ist ganz problematisch. Da zeigt sich, dass das Problem überhaupt nicht erkannt und erfasst wird. Es herrscht die Denke, dass es sich um Bagatellen handelt. Realitätsferne, wo man hinsieht. Ein Desaster sind unsere Politiker, wenn sie besonders nur „das Eine“ im Kopf haben: Digitalisierung und ausländische Konzerne unterstützen.

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Makelverbot, Lieferengpässe

von Uwe Hüsgen am 17.11.2019 um 10:55 Uhr

Nun will die Politik das Problem der Lieferengpässe (das Wort "Versorgungsengpässe" scheut die Politik wie der Teufel das Weihwasser) über das Faire Kassenwahlgesetz (GKV-FKG) kurzfristig - per Omnibus - lösen.
Hier ist m.E. die Berufsvertretung gefordert, der Politik zu verdeutlichen, dass auch das Makelverbot mit E-Rezepten im GKV-FKG untergebracht werden muss.
Man darf gespannt sein.

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AW: Aw.: Makelverbot, Lieferengpässe,

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 16:57 Uhr

Entschuldigung, bei allem Respekt Herr Hüsgen,
aber hier drängt sich mir die Gretchenfrage auf.

Bei Forderungen an die Politik eine Hoffnung auf die Berufsvertretung zu setzen, grenzt für mich mittlerweile an Sektentum, was selbst mit Glauben schon nichts mehr zu tun hat.

Glaube und Hoffnung!? Die Hoffnung starb zuletzt.
Und doch hatte Nietzsche recht, denn wer hier auf eine Antwort hofft, dem drängt sich auch die Frage auf:
"Haucht uns nicht der leere Raum an?"

AW: Makelverbot, Lieferengpässe

von Christian Giese am 17.11.2019 um 19:15 Uhr

Hauch des leeren Raumes?

Nix Stehaufmännchen, Herr Jas?
Eine unbewegte Glocke tönt niemals. China

Es ist schon erstaunlich…

von Gunnar Müller, Detmold am 17.11.2019 um 10:11 Uhr

Wie aus einer Nettigkeit von Apotheken wie der eines Bringedienstes offenbar über Nacht und wie selbstverständlich eine UNENTGELTLICHE (!!) Regel-Dienstleistung gemacht wird!
Und keine ABDA, kein DAV und kein Michels und Co. und auch keine APD macht DAGEGEN den Mund auf...
Ich habe all dieses organisierte Maulheldentum so satt…

Machen wir uns nichts vor:
Wenn DAS mit der unentgeltlichen Regel-Dienstleistung so ist, dann sind wir kleinen und mittleren Apotheken den Versendern mit ihren billigen Kostenstrukturen und vielen straßenverstopfenden Päckchen bei wenig bis kaum Beratung endgültig schutzlos ausgeliefert!

Dass einige Kolleginnen und Kollegen, die solche Bringedienste bereits seit längerem aktiv dafür einsetzen, um auch Rezepte u. a. für Patienten ambulanter Pflegedienste von Arztpraxen abzuholen, dass diese Kolleginnen und Kollegen dabei mehr oder minder still applaudieren, erstaunt insofern nicht.

„Survival of the fittest“ - am besten noch kollegial getarnt ....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Es ist schon erstaunlich

von Karl Friedrich Müller am 17.11.2019 um 10:21 Uhr

Da geb ich Ihnen in allen Punkten recht. So ist es auch mit anderen Dienstleistungen. Aus einer Nettigkeit wird selbstverständlich kostenloser Zwang.
Von der Problematik um die Pflegedienste gar nicht zu reden. Diese „Nettigkeit“ kostet mich regelmäßig Kunden.

Lutz Tisch und Co

von Conny am 17.11.2019 um 9:07 Uhr

Wenn ich immer auf diese Versager gehört hätte, stände ich jetzt nicht so überragend da. Botendienst gabs schon immer von allen Apotheken in unserem Ort.Und die Wichtigtuer von Pharmazieräten sind halt Plagegeister die man einmal in zwei Jahren Honig ums Maul schmieren muss.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Botendienst

von Karl Friedrich Müller am 17.11.2019 um 8:54 Uhr

Geht mir extrem auf den Wecker. Da wird so getan, als sei das Rad neu erfunden, dabei machen wir Apotheken das schon immer. Ich bin 40 Jahre dabei!
Nur ein paar Umdeutungen. Gehabt immer anders.
Und ein paar Vorvorvorgestrige drehen hohl.
Deswegen geht bei uns nix vorwärts

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: Bodendienst

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:28 Uhr

Niedere Freiheiten (Bodendienst) zu erkämpfen und hinter einer Mauer vom Beschränkungen weiter zu wurschteln wird uns in Zukunft nicht weiter bringen.
Das gebiert Kassensklaven, Handlanger der Industrie und Marionetten der Politiker.
Die sozialistische Planwirtschaft haben wir als einziges nach dem Mauerfall gelernt, aber nicht daraus gelernt. Wir haben keine reale Mauer mehr, die wir einreißen können wo dahinter die Freiheit wartet.
Jetzt haben wir soziale - und nicht freie Marktwirtschaft.
Das wird böse enden; nicht nur für uns Apotheken.

AW: Bodendienst

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:28 Uhr

Niedere Freiheiten (Bodendienst) zu erkämpfen und hinter einer Mauer vom Beschränkungen weiter zu wurschteln wird uns in Zukunft nicht weiter bringen.
Das gebiert Kassensklaven, Handlanger der Industrie und Marionetten der Politiker.
Die sozialistische Planwirtschaft haben wir als einziges nach dem Mauerfall gelernt, aber nicht daraus gelernt. Wir haben keine reale Mauer mehr, die wir einreißen können wo dahinter die Freiheit wartet.
Jetzt haben wir soziale - und nicht freie Marktwirtschaft.
Das wird böse enden; nicht nur für uns Apotheken.

AW: Bodendienst

von Bernd Jas am 17.11.2019 um 18:28 Uhr

Niedere Freiheiten (Bodendienst) zu erkämpfen und hinter einer Mauer vom Beschränkungen weiter zu wurschteln wird uns in Zukunft nicht weiter bringen.
Das gebiert Kassensklaven, Handlanger der Industrie und Marionetten der Politiker.
Die sozialistische Planwirtschaft haben wir als einziges nach dem Mauerfall gelernt, aber nicht daraus gelernt. Wir haben keine reale Mauer mehr, die wir einreißen können wo dahinter die Freiheit wartet.
Jetzt haben wir soziale - und nicht freie Marktwirtschaft.
Das wird böse enden; nicht nur für uns Apotheken.

Der echte Norden und seine Sprache !

von Ulrich Ströh am 17.11.2019 um 8:29 Uhr

Das Bste des Tagebuchs kam zum Schluss:

Es gibt noch Verbandspräsidenten, die zur apothekerlichen Kompromissbereitschaft und zu künftigen apothekerlichen Dienstleistungen unverschwurbelte Worte öffentlich finden.

Vorbildlich für andere !

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