Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern

Wer braucht Modellversuche zum E-Rezept und wofür?

Rostock - 11.11.2019, 09:00 Uhr

Dr. Dr. Georg Engel, Präsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, diskutierte mit seinen Gästen auf dem Apothekertag in Rostock über E-Rezept-Modellprojekte. (Foto: tmb)

Dr. Dr. Georg Engel, Präsident der Apothekerkammer Mecklenburg-Vorpommern, diskutierte mit seinen Gästen auf dem Apothekertag in Rostock über E-Rezept-Modellprojekte. (Foto: tmb)


TK: Modelle bringen Nutzererfahrung

Dr. Frank Verheyen, Techniker Krankenkasse, stimmte Froese beim Datenschutz und beim Makelverbot zu. Außerdem müsse der Patient durch das E-Rezept einen Vorteil erleben und die Anwendung als bequem empfinden. Zugleich verteidigte Verheyen das Modellprojekt der Techniker Krankenkasse in Hamburg-Wandsbek. Dort seien derzeit etwa 100 Versicherte eingeschrieben. Dabei gehe es um Nutzererfahrung bei allen Beteiligten. Der technische Prozess des E-Rezeptes sei letztlich nicht entscheidend. Dagegen erwartet Verheyen weitere nützliche digitale Dienste für die Patienten und bessere Daten. Diese böten den Apotheken eine bessere Grundlage für ihre Beratung. Daraufhin sieht Verheyen die Apotheker künftig „noch mehr als bisher in der kommunikativen Rolle“.

GERDA: Modelle als Wettrennen

Dr. Karsten Diers, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, konstatiert dagegen derzeit ein „Wettrennen“ der Modellprojekte. Das Ziel sei es, der Gematik rechtzeitig ein funktionsfähiges Konzept zu präsentieren, an dem sie ihre Vorgaben orientieren könne. Dafür sieht Diers das GERDA-Projekt seiner Kammer gut aufgestellt. Dieses war zwei Tage zuvor gestartet. Die ersten Rezepte seien bereits bis zur Abrechnung durchgelaufen. Das Projekt nutze so weit wie möglich die bestehenden Strukturen und Schnittstellen in der Apotheke. GERDA solle keine Insellösung sein. Auch das Projekt der Berliner Apotheker werde diese Technik nutzen.

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Apotheker verantwortlich für Datenschutz

Lydia Kämpfe, Justiziarin des Landesdatenschutzbeauftragten von Mecklenburg-Vorpommern, betonte die datenschutzrechtlichen Bedenken: „Technisch ist alles möglich“. Recht und Gesetz seien darum der letzte Schutzwall. Ein großes Problem sei, dass hinter jedem Systembeteiligten Dienstleister und Betreiber von Betriebssystemen stünden, die „alle scharf auf Daten sind“. Als Spielregeln für das E-Rezept forderte Kämpfe Freiwilligkeit, Datensicherheit, die klare Aufteilung der Verantwortung und Transparenz für die Patienten. Um die Haftung zu regeln, sei ein Gesetz besser als Verträge. Problematisch sei auch, dass Beteiligte wie Apotheken ihre Dienstleister über den Umgang mit den Daten belehren müssten, oft ohne den Hintergrund zu kennen. Außerdem sei der Datenschutz fraglich, wenn Daten über Dienstleister ins Ausland fließen. Die Apotheken seien datenschutzrechtlich verpflichtet, die Patienten zu informieren, wo die Daten hinfließen. Doch das sei nicht zu überblicken und die Apotheken könnten sich der Telematikinfrastruktur auch nicht entziehen. Allerdings werde der Datenschutzbeauftragte von Mecklenburg-Vorpommern dies berücksichtigen und den Datenschutz „in nächster Zeit nicht brachial durchsetzen“.

E-Rezepte ausdrucken?

In der anschließenden Diskussion ging es überwiegend um die praktische Umsetzung des E-Rezeptes in der Apotheke. Froese erwartet aufgrund der Erfahrung ausländischer Apotheken, dass E-Rezepte in den Apotheken ausgedruckt werden, um sie intern bearbeiten zu können. Die Apotheken sollten zunächst etwa 30 Prozent E-Rezepte erwarten. Es sei zu überlegen, an welchem Arbeitsplatz elektronisch übermittelte Rezepte bearbeitet werden. Verheyen entgegnete, dass die E-Rezepte im Hamburger Pilotprojekt in der Apotheke volldigital bearbeitet würden. Zur Sorge der Ärzte um den praktischen Aufwand beim Unterschreiben von E-Rezepten erklärte Froese, die Ärzte würden damit auch einen Kampf im Interesse der Apotheker führen. Denn auch die Apotheker müssten Rezepte abzeichnen und wünschten sich dafür ein praktikables Verfahren. Als weitere Problemfelder wurden die Netzabdeckung im ländlichen Raum, die Ausfallsicherheit und das Zusammenfassen mehrerer Verordnungen für denselben Patienten angesprochen. Über diese und viele andere Themen werden die Systembeteiligten verhandeln müssen.

Als Fazit aus der Veranstaltung folgerte Engel, dass der Apothekertag Mecklenburg-Vorpommern die Einführung des E-Rezeptes begrüßt. Doch fordern die Apotheker, das Makelverbot für E-Rezepte zeitnah einzuführen, die geplanten neuen pharmazeutischen Dienstleistungen umzusetzen und die Apotheken für den E-Medikationsplan zu honorieren.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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