Deregulierung

Frankreich: OTC-Präparate bald in Supermärkten?

Remagen - 08.11.2019, 17:00 Uhr

Können Patienten in solchen Parapharmazien künftig noch mehr OTC-Präparate kaufen? Wird der französische OTC-Markt bald liberalisiert? (c / Foto: imago images/ PanoramiC)

Können Patienten in solchen Parapharmazien künftig noch mehr OTC-Präparate kaufen? Wird der französische OTC-Markt bald liberalisiert? (c / Foto: imago images/ PanoramiC)


Im Westen von Paris ist in einem Marken-Outlet die größte Parapharmazie in ganz Frankreich eröffnet worden. Das Sortiment umfasst rund 40.000 Produkte, die teilweise auch in den Apotheken des Landes zuhauf in der Freiwahl stehen. Den Apothekern könnte aber noch ein größerer „Gau“ ins Haus stehen, nämlich die partielle Freigabe von OTC-Arzneimitteln für den Verkauf in Parapharmazien und Supermärkten.

Die Lafayette Conseil Gruppe (Parapharmacy Lafayette Para One, Pharmacy Lafayette, Medical Lafayette und Optique Lafayette) hat in Frankreich ihre dritte Parapharmazie eröffnet. Sie befindet sich in dem Einkaufszentrum One Nation Paris Outlet, einem Premium-Outlet in Les Clayes-sous-Bois westlich von Paris. Es ist das erste Mal, dass eine Parapharmazie in einem solchen Marken-Outlet errichtet wird und mit einer Fläche von 2100 Quadratmetern ist es die größte Parapharmazie in ganz Frankreich.

Hammerpreise geplant

In der „Parapharmacie Lafayette Para One“ sollen 51 Mitarbeiter beschäftigt werden, darunter mehrere Apotheker. Rund 40.000 Produkte soll es dort zu kaufen geben. Zum Sortiment gehören Gesundheits- und Wellnessprodukte, wie Pflegeprodukte, Kosmetika und Parfums, Produkte für die Aromatherapie, Nahrungsergänzungsmittel, Nahrungsmittel für Personen mit speziellen Unverträglichkeiten, Probiotika, Babynahrung, Heimtierprodukte, Reinigungsmittel usw.. Die Preise der Produkte sollen um 30 bis 40 Prozent unter den marktüblichen Preisen liegen. Das dürfte auch die umliegenden Apotheken unter Druck setzen.

Wettbewerbsbehörde will Liberalisierung der Abgabe von OTC-Arzneimitteln

Der Konkurrenzkampf zwischen den öffentlichen Apotheken und den „Parapharmazien“ in Frankreich schwelt schon geraume Zeit, denn diese graben den Apotheken erkleckliche Gewinne im lukrativen Nebensortiment ab. Große Supermärkte und die bekannten Einzelhandelsketten des Landes mischen hier kräftig mit. Es gibt aber noch ein viel größeres Damoklesschwert, das in diesem Zusammenhang über den Apothekern schwebt. Die französische Wettbewerbsbehörde hat sich in den letzten Jahren wiederholt dafür ausgesprochen, bestimmte rezeptfreie Arzneimittel für den Verkauf außerhalb der Apotheken, das heißt in Parapharmazien und Supermärkten, freizugeben. 

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Volle Unterstützung erhält sie dabei von der Verbraucherorganisation „Que choisir“.

Preissenkungen von 250 Millionen Euro jährlich durch mehr Wettbewerb

Die Franzosen gäben im Rahmen der Selbstmedikation jährlich mehr als zwei Milliarden Euro für rezeptfreie Medikamente aus, schreibt „Que choisir“. Für diese bestehe in Frankreich freie Preisbildung. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage der Verbraucherorganisation in Apotheken habe „ungerechtfertigte Preisunterschiede“ zwischen Apotheken gezeigt. Als Beispiel wird das Kombi-Erkältungsmittel Actifed Rhume mit einer Preisspanne zwischen 2,99 Euro und 9,10 Euro angeführt, und das in zwei Apotheken in derselben Stadt. 

Dies bedeute schon für eine Schachtel eine mögliche Einsparung von 4,50 Euro. Im Übrigen soll der Preis für nicht erstattungsfähige Medikamente in Frankreich in zehn Jahren um 29 Prozent gestiegen sein, doppelt so schnell wie die Inflation. Laut Schätzungen von „Que choisir“ könnte der forcierte Wettbewerb durch die partielle Liberalisierung der Apothekenpflicht Preissenkungen in Höhe von 250 Millionen Euro pro Jahr ermöglichen.

Landapotheken nicht bedroht

Von einer Bedrohung für das regionale französische Apothekennetz durch eine solche Liberalisierung geht „Que choisir“ nicht aus. Jüngste Studien, unter anderem der Generalinspektion für Soziale Angelegenheiten (IGAS) von Oktober 2016, hätten gezeigt, dass die finanzielle Lage der französischen Apotheken gut sei und sich weiter verbessere. Darüber hinaus stünden die Landapotheken, die von der Selbstmedikation finanziell am wenigsten abhängig seien, am besten da. 

Nach Angaben der Verbraucherorganisation haben besonders gutgehende Landapotheken einen Bruttoüberschuss vorzuweisen, der um 44 Prozent über dem von Apotheken in Paris, Lyon oder Marseille liegt. Eine begrenzte Liberalisierung, die natürlich auch im Interesse der Parapharmazien liegt, würde daher zu keiner einzigen Apothekenschließung führen, meint „Que choisir“. 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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