Bayerischer Landtag

Studie soll Homöopathika-Gabe bei Infektionen untersuchen

Remagen - 06.11.2019, 14:30 Uhr

Symbolbild: Kann mit Hilfe von Homöopathie der Antibiotika-Verbrauch gesenkt werden? (Foto: andrifoto / stock.adobe.com)

Symbolbild: Kann mit Hilfe von Homöopathie der Antibiotika-Verbrauch gesenkt werden? (Foto: andrifoto / stock.adobe.com)


Bayerische Politiker aus den Reihen der CSU und der Freien Wähler wollen über eine Studie klären lassen, ob sich der Einsatz von Antibiotika mit der Gabe von Homöopathika verringern lassen könnte. Die SPD hält eine solche Studie angesichts der für sie eindeutig negativen Datenlage für überflüssig. Homöopathie-Gegner unterstützen sie dabei.

Wie BR24 berichtet, soll in Bayern ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht werden, mit dem Todesfälle durch multiresistente Keime vermieden werden sollen, eine komplexe Gemengelage. Entsprechend vielschichtig sind auch die insgesamt fünf Anträge, die sich darauf beziehen. Einer betrifft die Einhaltung von Umweltstandards in der Medikamentenproduktion, ein zweiter Lieferengpässe bei der Antibiotika-Produktion und zwei weitere die möglichst sparsame Verwendung von Antibiotika bei der Produktion von Lebensmitteln und den Einsatz von Phagen als mögliche Alternative zur Antibiotikatherapie.

Der Streit entzündet sich laut BR24 aktuell an einem Antrag von Landtagsabgeordneten der CSU und der Freien Wähler. Sie wollen, dass die Staatsregierung dazu aufgefordert wird, durch eine Studie untersuchen zu lassen, wie der Antibiotikaeinsatz im medizinischen Bereich reduziert werden kann. Dabei soll besonders die Rolle alternativmedizinischer Methoden in den Blick genommen werden, mit speziellem Augenmerk auf ergänzend verabreichte homöopathische Präparate.

Gabe von Antibiotika nicht immer nötig

Die Parlamentarier berufen sich bei ihrem Vorstoß unter anderem auf eine Studie der britischen Regierung aus dem Jahr 2014, die belegen soll, dass im Jahr 2050 weltweit mehr Menschen an Infektionen mit multiresistenten Keimen versterben als an Krebs, falls geeignete Gegenmaßnahmen ausbleiben. Der Anstieg an multiresistenten Keimen sei einer oftmals unnötigen Antibiotikaverordnung geschuldet. Alternative Präparate könnten in manchen Fällen eventuell ebenso heilsam sein, bei sogar deutlich geringeren Nebenwirkungen, so ihre Argumentation. Wissenschaftliche Studien, speziell im Bereich der HNO-Erkrankungen, hätten aufzeigen können, dass durch den Einsatz klassischer Homöopathie sowohl ein Einsatz von Antibiotika vermieden als auch eine Verbesserung der individuellen Infektabwehr erreicht werden konnte. Weiterhin weise eine Studie zur Mortalität von Patienten mit einer schweren Sepsis darauf hin, dass eine homöopathische Behandlung in solchen Fällen eine nützliche zusätzliche Behandlungsmethode darstellen könne. Die geforderte Studie solle Aufschluss darüber geben, inwiefern homöopathische Präparate sowie weitere alternativmedizinische Methoden eine Antibiotikaverordnung ersetzen oder zumindest reduzieren könnten, um auf diese Weise der zunehmenden Entstehung multiresistenter Keime entgegenzuwirken.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Antrag geht in die richtige Richtung

von Dr. med. Fred-Holger Ludwig am 07.11.2019 um 17:02 Uhr

Der Antrag von CSU und Freie Wähler für eine Studie zum Potential von Homöopathie beim Kampf gegen Antibiotikaresistenzen geht in die richtige Richtung. Denn homöopathische Arzneimittel bieten bei fachgerechter ärztlicher Anwendung die Chance, einen zu frühen und unnötigen Einsatz von Antibiotika zu umgehen. Denn das ist die Hauptursache für Resistenzen. Eine Reihe von hochwertigen Studien untermauert die Rolle der Homöopathie in diesem Kontext. Die meisten Infektionen, insbesondere der oberen Atemwege, sind virusindiziert. Hier haben Antibiotika keinerlei Wirkung. Studien konnten nachgewiesen, dass die zusätzliche Anwendung von Antibiotika bei Infekten der oberen Atemwege bei Kindern keinen therapeutischen Zusatznutzen hat. Gleichzeitig steigt das Risiko für Nebenwirkungen an. (Arroll B, Kenealy T. Antibiotics for the common cold, a meta-analysis. Cochrane Database Syst Rev. 2000;2:CD000247.) Außerdem fordern Vertreter des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI) in einem Positionspapier dazu auf, beim Kampf gegen Antibiotikaresistenzen Homöopathika einzubeziehen. Warum also Denkverbote erteilen? Die Gefahr der Resistenzen ist zu groß, um sich in der Forschung nur in eine Richtung zu bewegen.
Dr. med. Fred-Holger Ludwig

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So werden aus Antibiotika Nocebos

von Erna Geiginger am 07.11.2019 um 11:45 Uhr

Keine Ahnung bei welchen Homöopathen sie waren. Jeder der Homöopathie gelernt hat und sich eingehend damit befasst weiss dass eine Suche nicht immer gleich zum Simillimum führt und alle Homöopathen und Lehrer in diesem Bereich die ich kenne haben keine Scheu das auch auszusprechen. Wenn sie der Homöopathie den Rücken gekehrt haben ist das ihre Sache. Muss man deshalb wirklich andere für dumm erklären die das nicht tun? Wem dient das? Den Patienten die auf der Suche nach Heilung sind sicher nicht. Oder möchten sie allen anderen absprechen dass sie in der Lage sind, so wie sie, sich frei zu entscheiden für den Weg den sie gehen wollen und können.? Sehr viele Patienten die zur Homöopathie kommen , kommen nachdem sie für sich keine Möglichkeit mehr sehen in den Anwendungen der Schulmedizin. Mehr Kommentar verdient so eine überhebliche Darstellung nicht.

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So werden aus Antibiotika Nocebos

von Dr. Detlef Eichberg am 06.11.2019 um 19:45 Uhr

Es gab Zeiten, da trieb mich eine militante Haltung gegen die Schulmedizin um. Mein damaliger Lieblings-Spruch war: "Schulmedizin ist größtenteils Kosmetik. Es werden nur die Spitzen der Symptome abgeschnitten, das eigentliche Übel an den Wurzeln schwelt weiter". Heute bin ich wieder normal. Ja ich habe sogar das Lager von ehemals sektiererischer Rx-Phobie in evidenzbasierte Empirie unter Ausschluss der einst von mir so vergötterten Homöopathie, Bachblüten etc. gewechselt. Allerdings in recht überschaubarer Rest-Toleranz zu Globuli - den Sponti-Spruch erinnernd "Wer heilt hat Recht".

Dennoch habe ich nach 45 Jahren Erfahrung nunmehr eine kritische Distanz zur Homöopathie. Und ich bin erstaunt, was ein Placebo zu leisten imstande ist.
Allein die Suggestion "Ob Pickel am Gesäß, oder gescheiterte Beziehungen - das richtige Schüssler Salz - und alles wird gut" hat in meinem Beratungsbereich bei ansonsten denkenden Menschen schon sehr viel positive Voodoo-Effekte ausgelöst. Steht ja auch in der Bibel: Dein Glaube hat Dir geholfen.

Jetzt sprießen auf einmal Homöopathie kritisierende Keime nur so aus dem Boden, weil es nicht wirklich nachvollziehbare Belege für Wirkmechanismen gibt. Ich persönlich muss auch sagen, dass für mich die Art, wie ich immer von den Therapeuten den Schwarzen Peter zugesteckt bekam, wenn eine D 200 nicht gewirkt hatte, nicht länger akzeptabel war ("Hast Du wieder mentholhaltige Zahnpasta benutzt, oder Kaffee getrunken? Da können meine Mittel ja nichts ausrichten!"). Mir ist noch kein Homöopath unter gekommen, der mal zugegeben hätte, dass er nicht unfehlbar ist.

Wenn nun den Fans der Globuli eine stärkere Brise Zweifel an ihrer allein seeligmachenden Therapie-Richtung entgegen weht, dann wollen die sich natürlich wehren. In unserer Offizin zeigt sich das dann in Form von hysterischen Anfeindungen gegen Antibiotika. Und da habe ich nun die Befürchtung, dass ein überlagernder Nocebo-Effekt die Wirksamkeit von sinnvoll(!) eingesetzten Keimtötern deren Wirkung abschwächt.

Zum Schluss noch eine vor vielen Jahren erlebte Anekdote, die zeigt, wie stark ein Nocebo-Effekt ausfallen kann. Es war die Zeit, als Generika-Hersteller vermehrt auf den Markt strömten. Eine ältere Dame hatte schon über ein Jahrzehnt täglich abends 10 mg Valium zu sich genommen und konnte damit schlafen wie ein Murmeltier. Nun hatte aber der Arzt von heute auf morgen das günstigere Diazepam einer Generika-Firma verordnet. Die Oma war entsetzt, das wäre das "Falsche". Mit Engelszungen redete ich auf sie ein und wir lasen im Chor den Inhaltsstoff von Valium - D-i-a-z-e-p-a-m 10 Milligramm und verglichen das mit dem Generikum. Schließlich hatte ich ihr Vertrauen und sie nahm das Dia der Fa. X mit nachhause. Am nächsten Morgen stürmte sie in die Apotheke, schmiss mir das Generikum auf den HV-Tisch und schrie mich an "Die regen mich auf!".

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