Pflegeprodukte

Ökotest checkt Handcremes und lobt Naturkosmetik

Stuttgart - 04.11.2019, 07:00 Uhr

Das Magazin Ökotest hat sich für seine aktuelle Ausgabe mit Handcremes beschäftigt. (b/Foto: Westend61/ imao images)

Das Magazin Ökotest hat sich für seine aktuelle Ausgabe mit Handcremes beschäftigt. (b/Foto: Westend61/ imao images)


Warum sich für eine schlechte Handcreme entscheiden – wenn es doch sehr gute gibt? Ökotest hat Handcremes getestet, mit einem großen Rundumschlag: 50 Handpflegeprodukte landeten in den Untersuchungslaboren der Verbraucherschützer. Dabei auch einige, die im Apothekenregal stehen – Bepanthol, Eubos, Linola und Naturkosmetik von Weleda oder Wala, wie Dr. Hauschka. Welche Handcreme können Apotheker nach dem Urteil von Ökotest „sehr gut“ empfehlen? Welche könnten besser sein?

Ökotest hat 50 Handcremes getestet. Das Urteil dürfte die meisten Anbieter freuen: Immerhin 25 Handpflegeprodukte erhalten die Bestnote „sehr gut“, elf befinden die Verbraucherschützer für „gut“. Vertreten war nahezu alles – optisch hochwertige Produkte wie L’Occitane, Discountprodukte von Aldi und Lidl bis hin zu Drogeriemarktartikeln von dm und Rossmann. Auch Handcremes, die unter anderem in Apotheken erhältlich sind, wie „Bepanthol Handbalsam“, „Eubos Sensitive Repair & Schutz“, „Eucerin pH5 Handcreme“, „Linola Hand“, „Neutrogena Sofort einziehende Handcreme“, testete Ökotest, gleichsam zertifizierte Naturkosmetik: mit dabei dms „Alverde Intensiv Handcreme“, Lavera, Walas „Dr. Hauschka Handcreme“ und die „Sanddorn Handcreme“ von Weleda.

Welche Handcremes sind nach Ansicht von Ökotest empfehlenswert, von welchen sollten Anwender lieber die Finger lassen? Klar wird: Allein auf einen Markennamen sollten sich die Verbraucher nicht verlassen, denn allein ein guter Name schützt nicht vor Mängeln, fand Ökotest.

Handcremes von Wala und Weleda: sehr gut

Spitzenreiter bei den Handcremes sind alle zwölf getesteten zertifizierten Naturkosmetikprodukte. Mit dabei Naturkosmetik, die auch in den Apothekenregalen steht.

Wer als Hersteller auf Naturkosmetik setzt, verpflichtet sich den Grundsätzen, keine Polyethylenglykole (PEG), keine Silikone, Parabene, synthetischen Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe, Paraffine und andere Mineralöle (Erdölprodukte) und gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe einzusetzen. Eine einheitliche Definition für Naturkosmetik existiert jedoch nicht, auch gibt es nicht „das eine“ Siegel, das eine „zertifizierte Naturkosmetik“ auslobt. Die Gütesiegel sind vielfältig.

„Dr. Hauschka Handcreme“ und „Weleda Sanddorn Handcreme“ sind tadellos bei den Inhaltsstoffen. Einziges Manko: der Umkarton. Überflüssig nach Meinung von Ökotest, da beide Handcremes nicht in Glas abgefüllt sind. Bei Weleda stört sich Ökotest zudem daran, dass der Inhaltsstoff Farnesol zwar deklariert wird, jedoch in den Laborprüfungen der Verbraucherschützer nicht gefunden wurde. Farnesol ist Bestandteil von verschiedenen ätherischen Ölen (zum Beispiel Jasminöl oder Rosenöl) und wird in  Kosmetika als Duftstoff – der an Maiglöckchen erinnert – und antibakterieller Wirkstoff eingesetzt.

Plastik gibt Abzug!

Über ein sehr gutes Urteil der Verbraucherschützer dürfen sich unter anderem auch die Naturkosmetikserien von dm („Alverde Intensiv Handcreme“), Rossmann („Altera Reichhaltige Handcreme“) oder Laverana („Lavera Basis Sensitiv Handcreme“) freuen. Allerdings schneidet die konventionelle Kosmetik aus den Häusern dm und Rossmann nicht ganz so brillant ab – wobei es für ein „gut“-Urteil für „Balea Handcreme Buttermilk & Lemon“ und „Isana Handcreme Milde Kamille“ immer noch reicht.

Was stört Ökotest? Plastik! Die Verbraucherschützer wollen keine synthetischen Polymere in Handcremes sehen, diese „können schwer abbaubar sein und das Abwasser unnötig belasten“, argumentiert Ökotest. Auch der Reinigungsprozess über eine Kläranlage überzeugt die Verbraucherschützer nicht. Selbst wenn eine Kläranlage die Polymere erfolgreich herausfiltere, könnten diese mit dem Klärschlamm auf die Felder und somit doch wiederum in die Umwelt gelangen, so Ökotest. Zur Erklärung: Klärschlamm wird in der Landwirtschaft als Dünger eingesetzt – die Verwendung ist allerdings nicht ohne Kritik. Zwar existieren Grenzwerte für Schwermetalle, die in der Landwirtschaft genutzter Klärschlamm höchstens enthalten darf, doch stellt offenbar auch der Anteil von Mikroplastik ein nicht zu vernachlässigendes Problem dar. Schweizer Wissenschaftlern zufolge gehen Hochrechnungen davon aus, dass die durch Klärschlamm jährlich in den Boden gelangende Menge an Mikroplastik grösser ist, als die Menge, die in den Weltmeeren landet.

Linola Handcreme: gut

Auch bei „Linola Hand“ und „Bepanthol Handbalsam“ findet Ökotest Plastikverbindungen und einen überflüssigen Umkarton. Es gibt ein „gut“ für Linola, ein „ungenügend“ für Bepanthol. Denn Plastik und Umkarton sind nicht die einzigen Punkte, die Bayer bei Bepanthol nach Ansicht der Verbraucherschützer besser machen könnte: Der Handbalsam enthält Lilial, halogenorganische Verbindungen und PEG beziehungsweise PEG-Derivate.

Lilial als Duftstoff findet Ökotest „gar nicht dufte“. Lililal – ein anderer Name ist Lysmeral oder Butylphenylmethylpropion – habe sich im Tierversuch als fortpflanzungsgefährdend erwiesen, so Ökotest. Lilial ist nach Meinung von Ökotest auch in anderen Produkten ein Problem, wie Eucerin und Eubos beispielsweise.

Wie sieht die Verbrauchersicherheit der EU Lilial?

Auch auf EU-Ebene ist man skeptisch bei Lililal. Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission (SCCS, Scientific Committee on Consumer Safety) – in dem auch ein Vertreter des deutschen Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) sitzt – kam 2015 zu der Einschätzung, dass Lilial „nicht sicher“ in der Verwendung als Duftstoff ist, und zwar sowohl bei abwaschbaren (Rinse-off) als auch auf der Haut verbleibenden (Leave-on) Kosmetika. Zur Mutagenität könne man keine abschließende Bewertung abgeben, Lilial berge jedoch zumindest das Risiko für Hautsensibilisierungen. Lilial muss auf der Packung deklariert sein, wenn in Leave-on-Produkten mehr als 10 ppm und in Rinse-off-Produkten mehr als 100 ppm enthalten sind.

Das SCCS beschäftigte sich seit der Einschätzung 2015 jedoch weiter mit dem Duftstoff: Im Mai 2019 erklärte das wissenschaftliche Komitee dann zu Lilial – und zwar dann speziell zum para-Isomer! –, dass „auf Einzelproduktbasis Butylphenylmethylpropion (p-BMHCA) mit Alpha-Tocopherol bis 200 ppm als Duftinhaltsstoff in verschiedenen kosmetischen Leave-on- und Rinse-off-Produkten als sicher angesehen werden“ kann. Zur Erklärung: Alpha-Tocopherol wird teilweise als Antioxidans und als Stabilisator direkt nach dem Produktionsprozess von Lilial zugegeben. 
Jedoch gab der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission in seiner Einschätzung vom Mai auch zu bedenken, dass Lilial auch als Duftstoff in einigen nicht-kosmetischen Produkten verwendet wird – wie Haushaltsreiniger und Waschmittel. Da keine spezifischen Expositionsdaten hierzu vorlagen, konnte das SCCS die Lilial-Belastung durch nicht-kosmetische Produkte auch nicht in der tatsächliche Gesamtsumme der Expositionsszenarien berücksichtigen. „Die Exposition des Verbrauchers kann höher sein als die Exposition durch kosmetische Mittel allein“, so das Fazit. Das sieht das SCCS nicht unkritisch: Betrachte man nämlich das Gesamtrisiko, das sich aus der Verwendung verschiedener lilialhaltiger Produkte zusammen ergibt, könne sodann Butylphenylmethylpropionat in den vorgeschlagenen Konzentrationen nicht als sicher angesehen werden, so das SCCS. 

Hintergrund für die differenzierte Betrachtung des para-Isomers von Lilial war, dass im März 2017 die IFRA (International Fragrance Association) den Kommissionsdienststellen ein neues Sicherheitsdossier speziell zu para-Lysmeral vorgelegt hatte, mit dem Ziel, die Verwendung des para-Isomers zu verteidigen. Das meta-Isomer wurde laut SCCS vom Hersteller BASF selbst als mutagen eingestuft – kann also das ungeborene Kind schädigen – und wird auch vom SCCS als kritische Verunreinigung bewertet.

PEG machen Haut durchlässiger

Mit „ungenügend“, Note sechs, schnitten auch „Eucerin pH5 Handcreme“, „Neutrogena Sofort einziehende Handcreme“ und „L’Occitane dry Skin Hand Cream“ ab. Bei Eucerin waren auch Lilial und PEG-Derivate Stein des Anstoßes, wobei Beiersdorf eigenen Angaben zufolge in der neuen Rezeptur auf diese Stoffe verzichtet. Polyethylenglykole und MOAH – Erdölbestandteile, die laut Ökotest im Verdacht stehen, Krebs zu erregen – enthält auch Neutrogena. Unnötig wie die Verbraucherschützer finden. Kritik üben sie an PEG seit jeher, da diese die Haut durchlässiger machen könnten – auch für Fremdstoffe.

Eubos enthielt neben Lilial als weitere kritisierte Stoffe Silikone und Paraffine. Dennoch schaffte das Dr. Hobein Produkt noch eine „ausreichend“-Bewertung. Silikone sorgten zwar dafür, dass die Creme gut einzieht – das nutzt auch L‘Occitane. Doch das geht nach Ansicht  von Ökotest auch weniger umweltbelastend, wie die Naturkosmetik zeigt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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