Zahnfleischentzündung

Wie kommt es zu einer Gingivitis und wie kann sie therapiert werden?

06.01.2020, 17:19 Uhr

Eine akute Gingivitis ist relativ häufig, aber auch unkompliziert und heilt meist nach wenigen Tagen wieder aus. (Foto: Pixel-Shot / stock.adobe.com)
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Eine akute Gingivitis ist relativ häufig, aber auch unkompliziert und heilt meist nach wenigen Tagen wieder aus. (Foto: Pixel-Shot / stock.adobe.com)


Bei einer Gingivitis ist das Zahnfleisch entzündet. Dieser Entzündung ist bereits mit bloßem Auge zu erkennen: Das Zahnfleisch erscheint gerötet und blutet schon bei leichter Berührung. Oft leiden Betroffene unter unangenehmem Mundgeruch.

Das Zahnfleisch, lat. Gingiva ist ein Teil der Mundschleimhaut. Es umschließt den Zahn fest und schützt so den Zahnhalteapparat vor dem Eintritt von Bakterien aus der Mundhöhle. Die Gingiva kann in einen befestigten und einen freien Teil unterteilt werden. Der freie Teil wird auch als Gingivalsaum bezeichnet und kann vom Zahnarzt mit einer Sonde leicht vom Zahn gelöst werden. Dieser Teil macht beim Gesunden nur 1-2 mm aus.

Entzündung des Gingivalsaumes durch bakterielle Beläge (Foto: Dirk / stock.adobe.com)

Gesundes Zahnfleisch ist fest, hat eine blass-rosa Farbe und blutet nicht, wenn es mit Zahnbürste oder Zahnseide in Berührung kommt.

Wie gefährlich ist eine Gingivitis?

Eine akute Gingivitis ist relativ häufig, aber auch unkompliziert. Meist heilt sie nach wenigen Tagen wieder restlos aus. Bleibt sie jedoch unbeachtet, besteht die Gefahr, dass sie sich zu einer chronischen Form weiterentwickelt, die in Folge den kompletten Zahnhalteapparat in Mitleidenschaft zieht und zur Parodontitis führen kann. Eine Parodontitis muss auf jeden Fall zahnärztlich behandelt werden, um dem Lockern oder sogar Ausfallen der Zähne entgegen zu wirken.

Die sogenannte akut nekrotisierende ulzeröse Gingivitis (kurz ANUG) ist eine seltenere Form der Gingivitis. Hierbei zersetzt sich das Gewebe in den Zahnzwischenräumen und führt zu starken Schmerzen, plötzlich auftretendem hohen Fieber, Mattigkeit und starkem Mundgeruch. Treten diese Symptome auf, sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.

Wie kommt es zur Gingivitis?

Ursache für eine Gingivitis ist in den meisten Fällen mangelnde Mundhygiene. Durch Plaquebildung auf den Zähnen finden die Bakterien der physiologischen Mundflora reichlich Nahrung und vermehren sich übermäßig. Stoffwechselabbauprodukte dieser Bakterien wirken zahnfleischreizend und führen so zu einer Entzündung.

Neben mangelnder Hygiene kann auch übertriebene Mundhygiene zur Gingivitis führen: Wird beim Zähneputzen das Zahnfleisch verletzt oder werden ungeeignete, aggressive Zahnpflegeprodukte verwendet, so ist Bakterien der Eintritt ins Zahnfleisch erleichtert.

Wer ist besonders gefährdet?

Einige Grunderkrankungen und Lebensumstände erhöhen das Risiko für die Entstehung einer Gingivitis. In diesen Fällen muss der Mundhygiene daher besonders hohe Aufmerksamkeit gewidmet werden. Dazu konnte in mehreren Studien nachgewiesen werden, dass sich auch umgekehrt ein schlechter Zustand des Zahnhalteapparates negativ auf den Verlauf eben dieser Grunderkrankungen auswirkt. Ein weiterer Grund, auf gesunde Zähne und Zahnfleisch zu achten!

Zu den Personengruppen mit erhöhter Gefahr für die Ausbildung einer Gingivitis gehören Diabetiker. Besonders wenn der Blutzuckerspiegel schlecht eingestellt ist, werden durch andauernde Hyperglykämien sogenannte AGEs (advanced glycation endproducts) gebildet. AGEs lagern sich an verschiedenen Stellen im Körper ab und schädigen vor allem die Blutgefässe. So wurden sie auch vermehrt in der Gingiva und im Kieferknochen nachgewiesen. Ist in Folge die Durchblutung vermindert, hat das Zahnfleisch Entzündungen weniger entgegenzusetzen.

Auch das Zigarettenrauchen wirkt sich negativ auf die Durchblutung aus. Das Immunsystem ist daher geschwächt, die Wundheilung verzögert. Aufgrund der schlechteren Durchblutung ist bei Rauchern das Zahnfleischbluten geringer ausgeprägt.

Ähnlich wie der Nikotinkonsum wirkt sich auch übermäßiger Alkoholgenuss ungünstig auf die Zahnfleischgesundheit aus. Der dafür verantwortliche Mechanismus konnte noch nicht endgültig geklärt werden, der Zusammenhang zeigt sich aber in mehreren Studien deutlich.

Auch eine unzureichende Zufuhr von Vitaminen, besonders von Vitamin C begünstigt das Auftreten einer Gingivitis. Ein Mangel an Ascorbinsäure hat eine gestörte Kollagenbildung zur Folge. Die Struktur des Zahnfleisches ist somit geschwächt und anfälliger für den Eintritt von Bakterien.

Ein hoher Spiegel von weiblichen Geschlechtshormonen beeinflusst die Zusammensetzung der mikrobiellen Mundflora, die gingivale Durchblutung und das lokale Immunsystem. In Anwesenheit von Plaque kommt es zu einer überzogenen Immunreaktion, eine Entzündung entsteht. Dabei sind sowohl Jugendliche in der Pubertät als auch Schwangere betroffen sowie Frauen, die Hormone zur Kontrazeption oder Hormonsubstitution einnehmen.

Einige Medikamente führen zu einer Gingiva-Hyperplasie (Zahnfleischwucherungen). Dabei kann das Zahnfleisch in extremen Fällen bis über die Zahnkrone wachsen. Die Wucherungen erschweren den Zugang zu den Zähnen und damit die Zahnhygiene. Wirkstoffe mit dieser Nebenwirkung sind z.B. Phenytoin oder Nifedipin.

Ein Mangel an Speichel erhöht ebenfalls die Anfälligkeit des Zahnfleisches für Infektionen. So haben alle Patienten ein erhöhtes Risiko, die Medikamente einnehmen, die Mundtrockenheit als Nebenwirkung zeigen. Zu diesen Medikamenten zählen verschiedene Psychopharmaka, Antiparkinsonika und Antihypertonika.

Ist das Immunsystem durch eine Grunderkrankung oder die Einnahme von Immunsuppressiva geschwächt, erhöht sich allgemein das Infektionsrisiko. Davon betroffen ist auch das Risiko für die Entstehung einer Gingivitis.

Die genannten Risikofaktoren sind nie die alleinige Ursache für die Entstehung einer Gingivitis. In Zusammenhang mit Plaquebildung und/oder Verletzungen des Zahnfleischs erhöhen sie jedoch die Wahrscheinlichkeit der Entstehung.

Was kann vorbeugend getan werden?

Um einer akuten Gingivitis vorzubeugen, sollten die Zähne zweimal täglich gründlich geputzt werden. Um auch die Zahnzwischenräume zuverlässig reinigen zu können, sollte immer wieder auf die Wichtigkeit der Verwendung von Interdentalbürsten und Zahnseide hingewiesen werden.

Was ist zu tun, wenn sich das Zahnfleisch entzündet hat?

Eine akute Zahnfleischentzündung verläuft in den meisten Fällen unkompliziert und kann vom Betroffenen selbst innerhalb weniger Tage kuriert werden. Wichtig ist vor allem eine intensivierte Mundhygiene. Dabei sollten am besten Zahnbürsten mit weichen Borsten verwendet werden, um das empfindliche Zahnfleisch zu schonen.

Im Anschluss an die Mundpflege können Mundspüllösungen und Mundgele bzw. -salben den Heilungsprozess positiv beeinflussen. Bei der Anwendung in Mundspüllösungen muss auf eine ausreichende Verweildauer im Mund geachtet werden, damit sich die Wirkung ausreichend entfalten kann.

In der Therapie kommen sowohl pflanzliche als auch synthetische Inhaltsstoffe zum Einsatz.

Extrakte aus Salbei oder Myrrhe wirken sowohl antiseptisch als auch adstringierend. Die adstringierende Wirkung sorgt für eine Verdichtung des Zahnfleisches und erhöht damit die Widerstandsfähigkeit gegenüber den Bakterien. Kamillenextrakte wirken antiphlogistisch und antiseptisch und unterstützen so das Abklingen der Entzündung.

Chlorhexidin, Triclosan oder Cetylpyrridiniumchlorid sind Beispiele für synthetische Substanzen, die eine hohe antiseptische Wirkung besitzen.

In der Selbstmedikation stehen verschiedene Mono- und Kombinationspräparate zur Verfügung, die zur Therapie der akuten Gingivitis eingesetzt werden können. So sind z.B. im InfectoGingi® Mundgel die positiven Wirkungen von Salbei und Kamille vereint. Zusätzlich enthalten ist das Lokalanästhetikum Lidocain um auch in fortgeschrittenen schmerzhaften Fällen effektiv wirken zu können.


Annette Thomas, Apothekerin, Dozentin, DAZ.online-Autorin
redaktion@daz.online


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