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Gesunder Mund – so können Druckstellen durch Zahnprothesen vermieden werden

06.01.2020, 17:14 Uhr

(Foto: benjaminnolte / stock.adobe.com)
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Druckstellen im Mund sind nicht nur schmerzhaft, sie können auch Probleme beim Kauen und Sprechen verursachen. Besonders ältere Patienten laufen Gefahr, eine Mangelernährung zu erleiden, wenn sie aufgrund der Schmerzen beim Kauen nicht ausreichend essen. Wird schmerzbedingt oder durch den lockeren Sitz der Prothese die Aussprache undeutlich, so kann dies aus Scham zu sozialer Isolation der Betroffenen führen.

Wie kommt es zu diesen Druckstellen?

Führt eine Zahnprothese zu Druckstellen am Zahnfleisch und der Mundschleimhaut, so gibt es dafür zwei mögliche Ursachen:

  1. Die Prothese sitzt schlecht
  2. Die Prothese wird unzureichend gepflegt

Herausnehmbarer Zahnersatz ist eine individuelle Maßanfertigung und wird an die anatomischen Gegebenheiten des Einzelnen angepasst. Drückt die Prothese auch nach der Eingewöhnungszeit von einigen Wochen, sollte der Sitz vom Zahnarzt überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Auch eine Prothese, die über lange Zeit problemfrei getragen werden konnte, kann sich lockern oder plötzlich unangenehm drücken. Dies liegt daran, dass der Kieferknochen und die Mundschleimhaut sich altersbedingt verändern und so eine Neuanpassung der Prothese erfordern.

Neben regelmäßigen Zahnarztbesuchen muss die Prothese genau wie vorher die eigenen Zähne  gründlich gepflegt werden. Bleiben Speisereste auf dem Zahnersatz zurück, können sich Bakterien ungehindert vermehren. Dies führt nicht nur zu unangenehmem Mundgeruch, sondern kann durch Absonderung reizender Bakterien-Stoffwechselprodukte auch Zahnfleischentzündungen verursachen. Zuguterletzt kann sich auch auf einer Prothese Zahnstein bilden, der wiederum den Sitz der Prothese negativ beeinflussen kann.

Wie die „echten“ Zähne auch, sollte eine Zahnprothese nach jedem Essen gründlich gereinigt werden. Dazu empfiehlt sich die Verwendung einer speziellen Prothesenbürste, um alle Stellen der Prothese gut erreichen zu können. Wie beim Zähneputzen wird empfohlen, sich eine Putzroutine, also eine bestimmte Reihenfolge des Putzens anzugewöhnen, um keinen Teil der Prothese zu vergessen. Zahnpasta eignet sich nicht zur Pflege einer Prothese, da diese aus viel weicherem Material besteht als der Zahnschmelz. Die enthaltenen Schmirgelsubstanzen würden das Material angreifen und die Lebensdauer der Prothese verkürzen. Stattdessen werden spezielle Prothesenpasten oder -schäume angeboten. Alternativ wird die Verwendung von Spülmittel oder pH-neutralen Seifen genannt.

Reinigungstabs und Haftcreme – braucht man das?

Die Brausetablette wird in einem Glas Wasser aufgelöst, die Prothese darin über Nacht eingeweicht – so der Eindruck, der durch die Werbung vermittelt wird. Reinigungstabs enthalten meist desinfizierende Zusätze und können ergänzend zur täglichen Pflege 1-2x pro Woche eingesetzt werden. Auf jeden Fall muss die vom Hersteller angegebene Einwirkdauer beachtet werden, um das Prothesenmaterial nicht zu schädigen. Diese beträgt meist wenige Minuten, keinesfalls die ganze Nacht!

Prothesenhaftcremes können besonders zu Beginn das Tragen der Prothese erleichtern, da sie den Druck auf das Zahnfleisch etwas abmildern. Zudem dichten sie die Prothese nach außen hin ab, verhindern das Eindringen von Krümeln und Speiseresten unter die Prothese und leisten so ihren Beitrag zu Vermeidung von Druckstellen. Wie man aus der Bezeichnung „Haft“creme irrtümlich ableiten könnte, ist sie aber nicht dazu geeignet, den schlechten Sitz einer Prothese auszugleichen. Eine gut angepasste Prothese sitzt ohne die Verwendung von Haftcreme fest im Kiefer.

Selbstmedikation bei Druckstellen

Sind trotz aller Vorsichtsmaßnahmen Druckstellen entstanden, so kann Kühlen helfen, die Schmerzen zu lindern. Kalte Getränke oder Speiseeis sorgen für kurzfristige Erleichterung. Mundspülungen mit pflanzlichen Inhaltsstoffen aus Kamille, Salbei, Rhabarber oder Myrrhe wirken entzündungshemmend, wundheilungsfördernd und antiseptisch. Bei stärkeren Schmerzen bietet sich die Verwendung von Lokalanästhetika wie Lidocain an. Dieser Wirkstoff kann bereits in jedem Lebensalter eingesetzt werden. Vorsicht ist lediglich bei Personen mit schweren Leber- oder Nierenerkrankungen, mit akut dekompensierter Herzinsuffizienz, mit Störungen des Reizbildungs- und Reizleitungssystems am Herzen sowie in der Schwangerschaft geboten.

Um die Wirkdauer am Wirkort zu erhöhen, bietet sich die Anwendung in Form von Mundgels an. Diese werden von mehreren Herstellern angeboten. InfectoGingi® Mundgel vereint zum Beispiel die Wirkungen von Kamille, Salbei und Lidocain in einem Fertigarzneimittel. Das Gel kühlt bereits bei Auftragen und hat einen guten Hafteffekt – es reicht deshalb aus, viermal am Tag eine erbsengrosse Menge aufzutragen und vorsichtig einzumassieren.


Annette Thomas, Apothekerin, Dozentin, DAZ.online-Autorin
redaktion@daz.online


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