Prämedikation in der Tumortherapie

Ranitidin fehlt – oder doch nicht?

Stuttgart - 24.10.2019, 08:59 Uhr

Fehlen H2-Antihistaminika in parenteraler Darreichungsform? ( r / Foto: Chanintorn.v / stock.adobe.com)

Fehlen H2-Antihistaminika in parenteraler Darreichungsform? ( r / Foto: Chanintorn.v / stock.adobe.com)


Besser Dexamethason als Ranitidin?

Auch bei anderen Arzneimitteln außerhalb der Tumortherapie – wie monoklonalen Antikörpern oder Anti-T-Lymphozytenglobulin – werde in den Fachinformationen eine Prämedikation mit Antihistaminika empfohlen, allerdings nicht explizit mit H2-Blockern und nicht explizit mit Ranitidin. Darüber hinaus werde Ranitidin in vielen Institutionen als Bestandteil der Prämedikation von solchen Arzneimitteln eingesetzt, bei denen es gehäuft zu infusionsbedingten Reaktionen kommt (Standarddosierungen sind 50 mg i.v. oder 150 mg p.o.).

Auch die Leitlinien sind vage

In der S2k-Leitlinie der AWMF „Anaphylaxie, Akuttherapie und Management“ von 2013 findet sich beispielsweise diese Formulierung: „Wir empfehlen die zusätzliche Anwendung von H2-Rezeptorantagonisten bei schweren und therapieresistenten Anaphylaxien, weil sie zwar nur eine geringe Evidenz für eine Wirkung, aber auch keine wesentlichen Nebenwirkungen aufweisen.“ Auch die „Guideline der European Academy of Allergy and Clinical Immunology“ empfiehlt den kombinierten Einsatz von H1- und H2-Antihistaminika. Diese könnten bei einigen allergischen Hautbeschwerden zusätzliche Linderung verschaffen.

In der ESMO Clinical Practice Guideline „Management of infusion reactions to systemic anticancer therapy“ werde zwischen einer mutmaßlichen Anaphylaxie und einem Tumorlyse-Syndrom als Ursache einer infusionsbedingten Reaktion differenziert: Bei beiden Ursachen werde eine sofortige Behandlung mit einem H1- und H2-Antagonist empfohlen, konkret mit Diphenhydramin 50 mg i. v. plus Ranitidin 50 mg i. v..

Die klinischen Erfahrungen aus der Tumortherapie sollen andeuten, dass die gleichzeitige Gabe hochdosierter Steroide wie Dexamethason möglicherweise einen stärkeren Einfluss auf die Prophylaxe von Hypersensitivitätsreaktionen als Ranitidin hat. Die DGHO empfiehlt daher allen Onkologen, ihre Therapieschemata kritisch auf den Einsatz von Ranitidin durchzusehen und beim Fehlen belastbarer Evidenz auf diese Prämedikation zu verzichten. Bei Umstellung der Routineverfahren wird ein besonders engmaschiges Monitoring empfohlen, um mögliche Symptome einer infusionsbedingten Reaktion frühzeitig zu erkennen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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