Reserve-Antibiotikum

EMA empfiehlt neues Fluorchinolon Delafloxacin zur Zulassung

Stuttgart - 21.10.2019, 09:00 Uhr

Ein neues Antibiotikum steht in den Startlöchern: Der CHMP, hat Delafloxacin zur Zulassung empfohlen. Das Fluorchinolon wirkt auch bei Problemkeimen wie Klebsiella pneumoniae, MRSA, Pseudomonas aeruginosa und kann oral und parenteral gegeben werden. (s/ Foto: kieferpix / stock.adobe.com)

Ein neues Antibiotikum steht in den Startlöchern: Der CHMP, hat Delafloxacin zur Zulassung empfohlen. Das Fluorchinolon wirkt auch bei Problemkeimen wie Klebsiella pneumoniae, MRSA, Pseudomonas aeruginosa und kann oral und parenteral gegeben werden. (s/ Foto: kieferpix / stock.adobe.com)


Der CHMP der EMA kommt beim neuen Fluorchinolon Delafloxacin zu einem positiven Ergebnis und empfiehlt die Zulassung von Quofenix. Delafloxacin wird als intravenöse Infusion und als perorale Tablette verfügbar sein und ist als Reserve-Antibiotikum indiziert bei akuten bakteriellen Haut- und Weichteilinfektionen. Das Fluorchinolon wirkt auch bei Problemkeimen wie Klebsiella pneumoniae, MRSA, Pseudomonas aeruginosa.

Ein neues Antibiotikum steht in den Startlöchern: Der Ausschuss für Humanarzneimittel bei der EMA, CHMP, hat Delafloxacin zur Zulassung empfohlen. Die positive Entscheidung hat auf sich warten lassen: Bereits im März 2017 hatte die Menarini Group den Zulassungsantrag für Delafloxacin (Handelsname Quofenix®) bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur eingereicht, jedoch schon damals nicht vor Mitte 2019 mit einer CHMP-Empfehlung gerechnet.

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Delafloxacin wird, so die Europäische Kommission der CHMP-Empfehlung folgt, zur Behandlung akuter bakterieller Haut- und Weichteilinfektionen (ABSSSI, acute bacterial skin and skinstructure infections) bei Erwachsenen eingesetzt werden. Der CHMP schränkt die Anwendung des Fluorchinolons jedoch ein. So sollen Ärzte Delafloxacin nur dann bei Haut- und Weichteilinfektionen verordnen, wenn andere Antibiotika, die normalerweise als Erstlinienbehandlung dienen, nicht in Frage kommen.

Intravenös und oral

Quofenix® wird es in zwei Darreichungsformen geben: als intravenöse Infusion (300 mg) und als perorale Tablette (450 mg). Diese Zubereitungen entsprechen den Delafloxacin-Darreichungsformen in den Vereinigten Staaten. Dort ist das neue Fluorchinolon bereits seit Juni 2017 unter dem Handelsnamen BaxdelaTM zugelassen. Die zugelassenen Therapieregime berücksichtigen eine rein parenterale (300 mg alle zwölf Stunden) und rein perorale Antibiose (450 mg alle zwölf Stunden), aber auch den Wechsel nach einer intravenösen Infusion auf die 450-mg-Tablette. Das Dosierintervall beträgt für alle Darreichungsformen und Regime zwölf Stunden, die Behandlungsdauer liegt zwischen fünf und 14 Tagen.

Auch bei Problemkeimen

Delafloxacin wirkt gegen grampositive und gramnegative Erreger und trifft auch Problemkeime wie Klebsiella pneumoniae, MRSA und Pseudomonas aeruginosa. Laut der amerikanischen Fachinformation (Highlights of Prescribing Information) ist Delafloxacin dann indiziert, wenn bei Haut- und Weichteilinfektionen folgende empfindliche Isolate vorliegen:

Gram-positive Erreger: Staphylococcus aureus (auch MMSA und MRSA), Staphylococcus haemolyticus, Staphylococcus lugdunensis, Streptococcus agalactiae, Streptococcus anginosus Group (auch Streptococcus anginosus, Streptococcus intermedius, Streptococcus constellatus), Streptococcus pyogenes und Enterococcus faecalis.

Gram-negative Erreger: Escherichia coli, Enterobacter cloacae, Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa.

Wie wirkt Delafloxacin?

Delafloxacin greift in das Topoisomerase-System der Bakterienzelle ein. Indem es die bakterielle Topoisomerasen II und IV inhibiert hemmt es Replikation und Transkription der bakteriellen DNA. Resistenzen können, wie bei anderen Fluorchinolonen auch, auf Mutationen in der Zielstruktur beruhen oder auf speziellen Effluxpumpen, die Delafloxacin aus der Bakterienzelle transportieren.

Das Besondere an Delafloxacin

Delafloxacin unterscheidet sich von den bereits zugelassenen Fluorchinolonen. Es liegt bei sauren pH-Werten, wie sie in entzündeten Geweben herrschen, als Zwitterion vor – und kann so Membranen penetrieren. Andere Fluorchinolone wie beispielsweise Moxifloxacin tragen in diesen pH-Bereichen meist eine kationische Ladung, was ihre Gewebepenetration erschwert.

Delafloxacin: Vancomycin plus Aztreonam nicht unterlegen

Delafloxacin wurde in zwei großen Phase-III-Zulassungsstudien untersucht. In die Studien wurden erwachsene Patienten mit akuten bakteriellen Haut- und Hautstrukturinfektionen einbezogen. 
In der ersten Studie „Delafloxacin vs Vancomycin and Aztreonam for the Treatment of Acute Bacterial Skin and Skin Structure Infections“ erhielten die Patienten alle zwölf Stunden entweder Delafloxacin i.v. oder Vancomycin plus Aztreonam (ebenfalls i.v.). In einer weiteren Studie, publiziert im September 2018 in Clinical Infectious Diseases – A Comparison of the Efficacy and Safety of Intravenous Followed by Oral Delafloxacin With Vancomycin Plus Aztreonam for the Treatment of Acute Bacterial Skin and Skin Structure Infections: A Phase 3, Multinational, Double-Blind, Randomized Study –, wurde untersucht, ob ein Switch innerhalb des Delafloxacin-Therapiezyklus von parenteral auf oral möglich ist. Vergleichsantibiose war auch hier Vancomycin plus Aztreonam, wobei hier die intravenöse Applikation über die gesamte Studiendauer beibehalten wurde.

Die Patienten begannen mit Delafloxacin (alle zwölf Stunden) für drei Tage und wurden sodann auf 450 mg (ebenfalls alle zwölf Stunden) umgestellt. Dabei zeigte sich die Delafloxacintherapie dem Vancomycin-Aztreonam-Behandlungsregime nicht unterlegen. Der primäre Endpunkt, das Ansprechen der Behandlung nach 48 bis 72 Stunden und eine Verbesserung der Infektion (Reduktion der Größe der Infektionsläsionen um mindestens 20 Prozent) wurden erreicht.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Ein weiteres Fluorchinolone ohne bekanntem Nebenwirkungsprofil

von Peter Müller am 21.10.2019 um 14:12 Uhr

Anstatt die Verordnung von bestehenden Fluorchinolonen zu reduzieren und bei bestimmten Indikationen sogar ganz zu verbieten, kommen fortlaufende neue Wirkstoffe aus der Familie der Fluorchinolone auf den Markt. Das Nebenwirkungspotential von Delafloxacin wird ebenso wenig erforscht sein wie bei den ersten Fluorchinolon-Generationen. Klinische Studien zur Untersuchung von schweren und dauerhaften Nebenwirkungen verursacht durch Fluorchinolone wird es ebenfalls nicht geben!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Alternative?

von Holger am 22.10.2019 um 11:37 Uhr

Sie haben natürlich Recht, aber was ist/wäre denn die Alternative? Auf Innovationen gänzlich verzichten?? Oder nur auf die Sprunginnovationen warten?? Also aus meiner Sicht ist die letzte Sprunginnovation in der antibiotischen Therapie etwa 20 Jahre her und fokussiert auf Linezolid, den nach wie vor einzigen Vertreter der Klasse der Oxazolidindione. Neue Sprunginnovationen sind nicht in Sicht. Wenn wir da solche Schrittinovationen wie neue Betalactame oder auch neue Fluorochinolone nicht "nehmen", verlieren wir den Kampf gegen die Bakterien schneller als uns lieb ist. Parallel müssen wir natürlich, da bin ich ganz bei Ihnen, den rationalen Umgang mit dem vorhandenen Arsenal verbessern. Hier sehe ich allein schon quantitativ die Hauptverpflichtung in der Tiermedizin.

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