Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

Stuttgart - 20.10.2019, 07:59 Uhr

Das kleine Honorarplus hätten wir schon mal, jetzt kommt nur noch der kleine Rest des Apotheken-Stärkungsgesetzes... ( r / Foto: Andi Dalferth)

Das kleine Honorarplus hätten wir schon mal, jetzt kommt nur noch der kleine Rest des Apotheken-Stärkungsgesetzes... ( r / Foto: Andi Dalferth)


Den Sekt können wir getrost im Eis lassen, Selters reicht: Unser kleines Honorarplus kommt ab 1. Januar 2020. Aber mit dem Rx-Versandverbot wird’s wohl trotz Bundesrat-Fürsprache nichts: Das BMG will partout nicht, denn Versand gefährdet die Gesundheitsversorgung nicht, aber ein Verbot die Versender. Schlecht sieht’s auch für die digitale Zukunft aus: Wegen Hard- und Software-Mängel kommt sie erst Ende 2020, oder 2021, oder… Es gibt Wichtigeres: Lieferengpässe! Da helfen doch Rabattverträge, schwallt der Ersatzkassenverband. Mit der  Wahrheit haut der ABDA-Präsident auf den Tisch: In den Apotheken ist es so schlimm wie noch nie. So ist es. 

14. Oktober 2019 

Armin Hoffmann ist der neue Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. Armin Hoffmann ist ein Apotheker ohne Apotheke, er arbeitet in der pharmazeutischen Industrie. Ein Industrieapotheker als Kammerpräsident ist ein Novum. Da stellen sich Fragen. Hat er ausreichend Zeit für sein Amt? Stellt ihn sein Arbeitgeber ausreichend Zeit für seinen Präsidentenposten zur Verfügung? Bekommt er wie die anderen Kammerpräsidenten ein Honorar, um eine Vertretung zu bezahlen? Und überhaupt, mein liebes Tagebuch, ein Industrieapotheker, der sich mehrheitlich für die Offizinapotheke einsetzen muss – kann das gut gehen? Aus seinen Antworten im DAZ.online-Interview lässt sich ablesen: Das kann gut gehen, er ist auf einem guten Weg! Zum einen kennt er natürlich den Apothekenbetrieb (er hat sechs Jahre lang in der Offizin gearbeitet). Und zum andern bringt es einen erfrischenden Wind in die Landschaft, wenn ein Kammerpräsident mit dem Blick von außen auf die Apotheken schaut, wenn er, wie er sagt, als Kunde in die Apotheke geht. Was er vor hat: Er möchte die Apothekers noch mehr als Fachfrauen und -männer für Arzneimittel in den Köpfen der Menschen verankern, das Angebot von Dienstleistungen bekannter machen, die Apothekers weg vom Image der Schubladenzieher bringen und die Apotheken fit machen, um mit Konkurrenten wie Versendern mitzuhalten. Er denkt zum Beispiel über die Einführung einer Notruf-Hotline nach, organisiert von der Kammer, bei der sich Menschen melden, die Fragen zu ihrer Arzneitherapie haben. Und was die ABDA angeht, so ist sich Hoffmann darüber im Klaren: Austreten aus der ABDA will er nicht, dieser Verein leistet wertvolle Arbeit. Aber: „Die ABDA muss sich mehr Mühe geben, uns zu verstehen, mehr in die Länder reinhorchen. Die ABDA hat zu der kleinen Vor-Ort-Apotheke den Draht verloren und umgekehrt. Ich glaube, dass die ABDA ein Kommunikations- und ein Promotion-Problem hat.“ Mein liebes Tagebuch, dem ist nichts hinzuzufügen. Drücken wir ihm die Daumen, dass er die ABDA in diesen Themen zum Umdenken bringt.

 

Fast wie's Warten aufs Christkind: Wir warten darauf, wie sich die Bundesregierung auf die Forderung des Bundesrats äußert, ein Rx-Versandverbot (RxVV) einzuführen. Um die Wartezeit zu verkürzen, hat CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich dankenswerterweise schon mal eine Anfrage an die Bundesregierung losgelassen. Die Antwort liegt vor, sie lässt tief blicken, mein liebes Tagebuch, da tun sich Abgründe auf – nix mit Christkind. Das BMG lässt wissen, dass Maßnahmen wie das Rx-Versandverbot mit „hinreichenden, belegbaren Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt werden und zur Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sein“ müssten. Tja, und ums kurz zu machen: Das alles liegt nach Einschätzung des BMG nicht vor, denn aus Sicht der Bundesregierung wäre ein RxVV ein Eingriff, der nur schwer begründet werden könnte. Besonders tiefer Einblick: Ein Verbot des Versandhandels würde die wirtschaftliche Existenz auch der in Deutschland zugelassenen Versandapotheken gefährden. Schluchz, mir kommen die Tränen, mein liebes Tagebuch. Bisher haben die Versender doch auch kaum Rezepte beliefert und waren nicht gefährdet. Außerdem, wie kann die wirtschaftliche Existenz gefährdet sein, wenn man OTCs für ‘nen Appel und ’n Ei raushaut? Und noch eine Super-Begründung pro Versandhandel aus dem BMG: Weil er seit dem Jahr 2004 in Deutschland zulässig ist und bisher grundsätzlich keine Gefährdung der Gesundheitsversorgung bewirkt hat. So einfach kann man’s sich machen: Bisher keine Toten, also wo ist die Gefahr? Fazit: Auch diese Antworten des BMG zeigen: Man will schlicht und einfach nicht. Da zählt fürs BMG sichtlich auch nicht das Argument, dass etliche Vor-Ort-Apotheken, vor allem auf dem Land, durch die Versender in ihrer Existenz gefährdet sein könnten – Argumente dieser Art gelten nur für Versender, nicht für unsere Apotheken. Mein liebes Tagebuch, nochmal: Man will einfach nicht; es ist keine verfassungs- oder europarechtliche Entscheidung, sondern eine politische. 



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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7 Kommentare

Was nie erwähnt wird

von Karl Friedrich Müller am 21.10.2019 um 9:23 Uhr

Ist, dass die Apotheken vor Ort trotz der schwierigen Liefersituation die Versorgung der Bevölkerung aufrecht erhalten.
Das könnte kein Versender, Herr Spahn, liebe ABDA!
DENEN WÄRE DAS EGAL!

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Marginalien

von Pille Palle am 21.10.2019 um 9:11 Uhr

ja, der Personalmangel. Die Diskussion um die Versender. Die letzten 15 jahre. Unser toller Präsident. Wir haben jetzt die Versorgungslage wie in der ehemaligen DDR. Die Apotheken waren seither als Erfüllungsgehilfen für die Industrie noch gelitten, jetzt ist ein lukrativeres Geschäftsmodell per e Rezept und via Doc Morris viel, viel erfolgversprechender. Nicht unbedingt für die Endverbraucher, aber doch für diejenigen, die dort am shareholder value beteiligt sind. WARUM muss auf Biegen und Brechen das Rx VV verhindert werden? DAMIT DER REIBACH stimmt. Da muss man sich doch als ABDA nicht mit solchen Marginalien wie die Überlebens Chancen kleiner Apotheken herumplagen. Weichgespült die Arie des Gesundheitsminister singen macht viel mehr SPASS und weniger Ärger. Hier Standing zu zeigen wäre so was von kratzbürstig gewesen... kann man als real sozialisierter Bundesbürger auf keinen Fall riskieren!! Lieber 1,4 Millionen Unterschriften und eine e-petition im Keller verrotten lassen als sich den Unmut des Sonnenkönigs zuzuziehen!! auf jeden Fall nicht unangenehm in Erscheinung treten, immer schön mit dem Kopf nicken und immer schön die andere Wange auch noch hin halten, wenn man die erste Backpfeife kassiert hat.

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@ Ströh: Sorry, aber ...

von Gunnar Müller, Detmold am 20.10.2019 um 10:13 Uhr

Falsch, lieber Herr Kollege Ströh ...
Egal ob Landapotheken, Stadtteilapotheken, Centerapotheken, Ärztehausapotheken, Notfalldienstnahe Apotheken etc. :
Allein der Absatz, die Frequenz und damit „die Größe“ macht, ob eine Apotheke gefährdet ist oder nicht (bei ordentlicher Betriebsführung).
Und daran ändern (leider) auch Erhöhungen aus der Gießkanne nix. Im Gegenteil.

Gegen derart strukturelle Veränderungen der Rahmenbedingungen und der Verhältnisse im Apothekensektor, wie sie seit 2004 stattgefunden haben und von der Politik durchgezogen wurden, helfen nur noch strukturelle Gegenmaßnahmen.

Insbesondere die nicht-traditionell arbeitenden Versender aber auch die Großapotheken haben viel zu lange und politisch ungehemmt von gleichen Aufschlägen, ihren Standort-, Kosten- und ihren Einkaufsvorteilen profitieren dürfen.

DAS sollte nun in einem „echten“ VOASG, das diesen Namen dann auch verdient, endlich einmal ausgeglichen werden.

Auch wenn es dem Ihnen verbundenen MVDA möglicherweise nicht schmecken dürfte:
Gegen solche Mechanismen braucht es einen „Plan C“!

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AW: @ Ströh: Sorry, aber

von Friedemann Ahlmeyer am 20.10.2019 um 19:54 Uhr

Lieber Kollege Müller, wie wäre es denn mal statt des Griffes in die Tasche der Kollegen - denn nichts anderes ist Plan C - mit unternehmerischen Handeln? Gute Standorte kann man auch gründen oder erwerben. Ist aber harte Arbeit und birgt Risiken.

AW: @ Friedemann Ahlmeyer

von Anita Peter am 21.10.2019 um 8:42 Uhr

Genau mit der marktwirtschaftlichen Denke wird es zu einer Unterversorgung auf dem Land kommen. Es geht um die Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, und nicht um das Sichern der lukrativsten Standorte. Auch ich muss hart arbeiten und habe Risiken.
Plan C hat was, aber nur wenn Apos unter 50.000 RX Packungen nichts genommen wird.
Ich würde es lieber über einen Strukturfonds lösen. 500 Mio in den Fonds, Verteilung zu gleichen Teilen. Das stärkt nachhaltig die kleinen Apos.

Stärkungsgesetz

von Anita Peter am 20.10.2019 um 9:20 Uhr

Für die 150 Euro mehr im Monat muss ich mir gleich einen guten Anlageberater suchen. Fühl mich dadurch extrem gestärkt, obwohl es nicht mal ansatzweise die Lohnsteigerungen abdeckt.

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Almosen und Rabattspiralen

von Ulrich Ströh am 20.10.2019 um 8:33 Uhr

Wir sollten zwei Dinge ganz nüchtern feststellen:

Landapotheken sind aktuell nicht durch Versender gefährdet,sondern seit 2004
- durch ausgebliebene Honorarerhöhungen -,
von aktuellen Almosen abgesehen...

Rabattspiralen für OTCs von über 50 Prozent in Präsenzapotheken tun ein Übriges, um Politikern die Arbeit leichter zu machen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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