Fremd- und Mehrbesitz, Ausbildung, Bedarfsplanung etc.

WHO veröffentlicht große Broschüre über Europas Apothekenmärkte

Remagen - 14.10.2019, 15:00 Uhr

Die Weltgesundheitsorganisation WHO und ihr Regionalbüro Europa haben eine 100-seitige Broschüre über die Gegebenheiten und Regulierungen in Europas Apothekenmärkten veröffentlicht. ( r / Foto: imago images / Chromorange)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO und ihr Regionalbüro Europa haben eine 100-seitige Broschüre über die Gegebenheiten und Regulierungen in Europas Apothekenmärkten veröffentlicht. ( r / Foto: imago images / Chromorange)


Mehr-und Fremdbesitz, Versorgungsdichte und Onlinehandel

Der Mehrbesitz ist in mehreren Ländern beschränkt. In Deutschland, Bulgarien, Estland, Polen, Portugal und Ungarn auf vier Apotheken. In Dänemark ist seit kurzer Zeit der Betrieb von bis zu sieben Filialen zulässig. Der Fremdbesitz ist in vielen EU-Ländern nicht erlaubt. Ausnahmen sind Belgien, Bulgarien, Großbritannien, Irland, Litauen, Malta, die Niederlande und die Tschechische Republik. Einige, darunter Österreich, Ungarn und Lettland, verlangen, dass die Mehrheit der Anteile im Besitz von Apothekern sein muss. Diverse Länder haben das Fremdbesitzverbot in letzter Zeit aufgehoben, so zum Beispiel Portugal (2007) und Italien (2016), während andere, wie Ungarn (2009), Estland (2015) und Polen (2017) von einem liberalisierten System zur Beschränkung des Apothekeneigentums zurückgekehrt sind.

Liberalisierung nur schwer zurückzudrehen

In Estland werden die neuen Eigentumsvorschriften schrittweise bis 2020 umgesetzt. In Polen werden nach dem Gesetz von 2017 keine neuen Lizenzen an Nichtapotheker mehr vergeben, und es gibt eine Obergrenze von insgesamt vier Apotheken im (Mit)-Eigentum einer Einzelperson. In Schweden, das seine vormals staatlichen Apotheken ab 2009 privatisiert hat, befinden sich heute zwei Drittel in Ketten.

Die Erfahrungen in den Ländern zeigen, dass es in der Regel sehr schwer ist, ein einmal liberalisiertes System mit all seinen „Auswüchsen“ wieder in geordnete Bahnen zu lenken. 

Neben Einschränkungen der vertikalen Integration ist es üblich, dass Ärzte und andere Verordner keine öffentliche Apotheke besitzen dürfen, um potenzielle Interessenkonflikte zu verhindern. Dies ist der Fall in Dänemark, Estland, Island, Irland, Malta, Norwegen und Schweden. Dasselbe Verbot gilt in Frankreich und Spanien auch dann, wenn der Arzt ebenfalls einen Pharmazie-Abschluss besitzt. 

In Ländern, in denen sowohl die vertikale als auch die horizontale Integration erlaubt ist, besitzen die größten Großhändler in der Europäischen Region der WHO (Walgreens Alliance Boots, McKesson-Celesio und Phoenix) eine oder mehrere Apothekenketten.

Maßnahmen zur Verbesserung der Versorgungsdichte

In Deutschland darf eine öffentliche Apotheke bis zu drei Filialapotheken in der Nähe betreiben, in unserem Nachbarland Österreich nur eine, und auch nur dann, wenn es in der Gemeinde weder eine öffentliche Apotheke noch einen dispensierenden Arzt gibt. Österreich und die Schweiz sind übrigens die einzigen Länder in der Europäischen Region der WHO, in denen Ärzte Arzneimittel dispensieren dürfen. Um die Versorgungsdichte zu verbessern, bezuschussen manche Länder Apotheken in strukturschwachen Gegenden oder kleine Apotheken, wie etwa Estland, Spanien, Schweden. Andere gewähren Erleichterungen bei der zu zahlenden Apothekensteuer, wie Finnland und Litauen. Estland und Ungarn setzen zur Verbesserung der Versorgung auf „Apothekenbusse“.

Online-Handel

Die meisten EU-Mitgliedstaaten erlauben den online-Verkauf von OTC-Arzneimitteln über Offizinapotheken. Einige Länder, wie Estland, Finnland, Deutschland, Schweden und die Schweiz haben auch den Verkauf verschreibungspflichtiger Medikamente über das Internet genehmigt, aber nur wenige, darunter Deutschland, erlauben ausdrücklich auch den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Die WHO-Broschüre geht sehr ausführlich darauf ein, welche Bestimmungen in den einzelnen Ländern für den Online-Handel gelten, unter anderem hinsichtlich der Aufmachung der Website und der Beratungspflicht.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.