RKI zur Influenzaimpfung

Wie gut schützte die Grippeimpfung 2018/19?

Stuttgart - 08.10.2019, 06:59 Uhr

Die Grippeimpfung 2018/19 schützte besser als die Vorjahresvakzine. Vor allem der Influenza A(H1/N1)-Schutz war gut, wohingegen keine Wirksamkeit gegen Influenza A(H3N2) bestand. Warum? (m / Foto: by-studio / stock.adobe.com)

Die Grippeimpfung 2018/19 schützte besser als die Vorjahresvakzine. Vor allem der Influenza A(H1/N1)-Schutz war gut, wohingegen keine Wirksamkeit gegen Influenza A(H3N2) bestand. Warum? (m / Foto: by-studio / stock.adobe.com)


Warum schützte die Impfung nicht vor Influenza A(H3N2)?

Das RKI fasst zusammen: „Die Wirksamkeit der saisonalen Influenzaimpfung gegen eine laborbestätigte Influenzaerkrankung war in der Saison 2018/19 insgesamt niedrig, wobei die Wirksamkeit gegen eine Influenza A(H1N1)pdm09-Erkrankung hoch war, während gegen eine Influenza A(H3N2) Erkrankung keine Wirksamkeit gezeigt werden konnte.“ Influenza B-Viren zirkulierten hingegen nur sehr wenige in der letzten Grippesaison, weswegen das RKI die Impfwirksamkeit der Vakzinen offenbar nicht separat ausgewertet hat.

Influenza A(H3N2) besonders mutationsfreudig

Warum schützte die Grippeimpfung nicht vor Influenza A(H3N2)? Das RKI erklärt: „Die schlechtere Wirksamkeit der Impfung gegen eine Influenza A(H3N2)-Infektion wurde bereits in früheren Jahren und auch in anderen Ländern beobachtet“. Mehrere Gründe können nach Ansicht der Impf-Experten hierbei eine Rolle spielen: „Erstens scheinen sich Influenza A(H3N2)-Viren am schnellsten durch Mutationen (Antigendrift) zu verändern, so dass häufig, wie auch in der letzten Saison, Gruppen und Subgruppen der A(H3N2)-Viren mit unterschiedlichen antigenen Eigenschaften zirkulieren.“ Das Problem: Nicht alle diese Subgruppen können dann von der A(H3N2)-Komponente im Impfstoff optimal abgedeckt werden.

WHO zögerte bei Imfpkomponente gegen Influneza A(H3N2) 

Dass Influenza A(H3N2) ein schwieriger Kandidat ist, zeichnete sich bereits bei der WHO-Empfehlung zu Grippeimpfstoff-Zusammensetzung für die aktuelle Influenzasaison 2019/20 ab. So fehlte die Influenza A(H3N2)-Komponente bei der WHO-Empfehlung im Februar dieses Jahres zunächst, sie folgte erst Wochen später. Die WHO begründete dies damals: „Influenza-A(H3N2)-Viren stellen eine zunehmende Herausforderung für die Auswahl von Impfstoffviren dar (...). Angesichts der jüngsten Veränderungen im Verhältnis von genetisch und antigenisch unterschiedlichen Influenza-A(H3N2)-Viren, wurde die Empfehlung für die Komponente A(H3N2) verschoben.“

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Vorteil für zellkulturbasierte Grippeimpfstoffe?

Doch auch einen weiteren Punkt gibt das RKI zu bedenken – die Ei-Adaption bei der Herstellung von Influenzavakzinen. So schreibt das Robert Koch-Institut: „Zweitens verändern sich die A(H3N2)-Impfviren auch bei der Adaptation für die Vermehrung in Hühnereiern, ein Schritt bei der Produktion größerer Mengen des jährlichen Impfstoffs, so dass sich das Hämagglutinin im Impfstoff bereits vom Hämagglutinin des empfohlenen Impfstamms unterscheidet.“ Dieser Gedanke ist nicht neu, seit längerem vermuten Wissenschaftler, dass die sogenannte Ei-Adaption, die Grippeviren bei der Herstellung von Vakzinen in Hühnereiern durchlaufen, für die geringe Impfeffektivität der Grippevakzinen mitverantwortlich ist und somit eine Grippeimpfstoffproduktion in Säugetierzellkulturen vorteilhaft sein könnte. In diesem Jahr (Grippesaison 2019/20) ist mit Flucelvax® Tetra (Seqirus) erstmals eine zellkulturbasierte Grippevakzine auch in Deutschland verfügbar.

Zudem scheint ein suboptimales Passen der Impfkomponente auch die Dauer der Wirksamkeit zusätzlich negativ zu beeinflussen: „Drittens ist die Wirksamkeit der Impfung bei nicht optimaler Passfähigkeit/Antigenität der Impfstoffkomponente mit den zirkulierenden Influenzaviren nicht so anhaltend wie bei guter Übereinstimmung (schwächere initiale Immunantwort), sodass die Wirksamkeit möglicherweise schon während der Grippewelle nachlässt“, erklärt das RKI. Und Influenza A(H3N2)-Viren zirkulierten insbesondere in der zweiten Hälfte der Saison 2018/19.

Wie untersuchte das RKI die Impfeffektivität?

Die Wirksamkeit der Influenzavakzine untersucht das RKI in Test-negativen Fall-Kontrollstudien.

Patientenkollektiv: 2.490 ambulant behandelte Patienten, die zwischen 43. KW und 17. KW in einer Sentinelpraxis aufsuchten, bei denen innerhalb von acht Tagen aufgrund einer ILI-Symptomatik (Influenza-like-Illness) ein Nasen- oder Rachenabstrich genommen wurde. 

Insgesamt lag 888 Mal (36 Prozent) ein positiver PCR-Nachweis für Influenza vor, 455 Fälle mit einer Influenza-A(H1N1) pdm09-Infektion, 426 Fälle hatten eine Influenza A(H3N2)-Infektion. In sechs Fällen war die Patientenprobe positiv sowohl für Influenza-A(H1N1) pdm09-, als auch für Influenza-A(H3N2)-Viren. Bei einer Probe lag kein Subtypisierungsergebnis vor. 
1.602 Patienten mit negativem Influenzatest bildeten die Kontrollgruppe.

Es wurde angenommen, dass der Impfschutz durch eine Impfung binnen 14 Tagen gegeben war. Personen, die innerhalb von 14 Tagen nach der Impfung erkrankt waren, wurden aus der Analyse ausgeschlossen.

Letztendlich vergleicht das RKI, wie viele Patienten mit Grippeimpfung an Influenza erkranken oder nicht erkranken beziehungsweise wie viele Patienten ohne Grippschutz erkranken oder gesund bleiben.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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