Hohe Dosierungen und fehlende Warnhinweise

Ökotest hält nichts von Multivitaminpräparaten

Stuttgart - 01.10.2019, 17:45 Uhr

Multivitaminpräparate sind laut Ökotest kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung. Lediglich gezielte Ergänzung kann sinnvoll sein. (s / Foto: reshidea/stock.adobe.com)

Multivitaminpräparate sind laut Ökotest kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung. Lediglich gezielte Ergänzung kann sinnvoll sein. (s / Foto: reshidea/stock.adobe.com)


Wer braucht überhaupt Supplemente?

Doch hohe Dosierungen und fehlende Warnhinweise sind nicht alles, was Ökotest stört. Auch die Auslobungen der Hersteller finden die Tester zum Teil fragwürdig. So sei ein Depoteffekt oder eine Langzeitwirkung, die viele propagieren, nicht belegt, ebenso wie die Aussage, dass Antioxidantien als sogenannte Radikalfänger eine bedeutende physiologische Rolle haben.

Grundsätzlich ist Ökotest der Ansicht, dass in Deutschland die Versorgungslage mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen relativ gut sei. Es bestehe keine Gefahr der Unterversorgung. Kein Problem hat Ökotest hingegen mit einer gezielten Supplementation. Die könne bei bestimmten Erkrankungen oder in bestimmten Lebenssituationen sinnvoll sein. Exemplarisch wird Folsäure bei Schwangeren und Vitamin B12 bei veganer Ernährung genannt. Eine „bunte Mischung“, wie sie den Multivitaminpräaparten enthalten ist, ist in den Augen von Ökotest für die meisten Menschen nicht zu empfehlen.

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Schnellcheck am HV: Taugt das Mittel was?

Mithilfe von zwei Parametern lässt sich im HV abschätzen, ob das gewünschte Mittel möglicherweise sinnvoll oder vielleicht sogar schädlich ist – nämlich anhand der enthaltenen Vitamin- oder Mineralstoffmengen und anhand der Health Claims. Anhaltspunkte für Ersteres bieten hier zum einem die „Höchstmengenempfehlungen für Vitamine und Mineralstoffe in NEM“ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sowie die analoge Liste der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA). Enthält ein NEM Vitamin- oder Mineralstoffmengen, die deutlich niedriger sind als die Empfehlungen, ist zumindest davon auszugehen, dass das betreffende Mittel nicht schadet. Bei viel zu hohen Dosierungen sollte man eher abraten. Der zweite Punkt, der eine erste Einschätzung des NEMs erlaubt, sind die Health Claims. Die EU-Health-Claims-Liste macht genaue Vorgaben, welche Aussagen zu welchem Inhaltsstoff erlaubt sind. Gesundheitsbezogene Angaben sind grundsätzlich verboten, solange sie nicht in dieser Liste stehen. Aussagen, die in die Liste aufgenommen werden sollen, müssen der wissenschaftlichen Überprüfung der EFSA standhalten. So lassen sich NEM mit unseriösen Wirkversprechen identifizieren.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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