Kommentar

Berufsstand im Blindflug?

26.09.2019, 12:00 Uhr

Befindet sich der Berufsstand schon längst im Blindflug? Hat sich die Führung von der Mehrheit abgekapselt und wird am Ende weich fallen, während dem Rest die harte Bruchlandung droht? Das fragt sich DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat. (m / Foto: imago images / Westend61)

Befindet sich der Berufsstand schon längst im Blindflug? Hat sich die Führung von der Mehrheit abgekapselt und wird am Ende weich fallen, während dem Rest die harte Bruchlandung droht? Das fragt sich DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat. (m / Foto: imago images / Westend61)


MOs versus ABDA: deutliche Diskrepanz in Standpunkt und öffentlicher Kommunikation

Während also die Kammern und Verbände es wertschätzen und deutlich zum Ausdruck bringen, dass sich die Landespolitiker ­gegen die eigentliche Absicht hinter dem „Apothekenstärkungsgesetz“ stellen, nämlich dem Verzicht auf das Rx-Versandverbot, will man auf ­ABDA-Ebene die Initiative weiterhin konstruktiv begleiten. Was für eine deutliche Diskrepanz in Standpunkt und öffentlicher Kommunikation!

In diesen ­Tagen sollte man also viel eher das wahre Kernproblem analysieren und angehen: Wie steht es ­eigentlich um das Verhältnis der Apotheker zu ihrer ABDA?

Der Vergleich mit einer Weltraummission liegt nahe, doch gemeint sind diesmal nicht die Kosten. Langjährige Branchenkenner wissen nämlich: Auf dem Flug durch die Unendlichkeit des dunklen Alls hat der Berufsstand im Großen und Ganzen immer eine Einheit gebildet, ähnlich wie eine Rakete mit starker (Antriebs-)Basis und schlanker (Kommando-)Spitze. Man war sich stets einig, welches Ziel angesteuert werden sollte, kritisiert wurde höchstens der Weg dahin oder der Treibstoffverbrauch, manchmal auch beides. Seit einiger Zeit dagegen – vielleicht seit dem Amtsantritt von Jens Spahn – scheinen sich die Spitze und Basis immer weiter voneinander zu entfernen.

Die wahre Performance liegt in der Einigkeit

Man muss kein Raketeningenieur sein, um zu wissen, dass eine direkte Verbindung zwischen ABDA und Apothekern nicht vorgesehen ist, zwischengeschaltet sind die Länderkammern und -verbände. Doch auch diese wollen die allmähliche Verselbstständigung ihrer obersten Vertretung in Position und Kommunikation nicht akzeptieren. Befindet sich der Berufsstand also längst im Blindflug? Hat sich die Führung von der Mehrheit abgekapselt und wird am Ende weich fallen, während dem Rest die harte Bruchlandung droht?

Der Erfolg einer Standesvertretung entscheidet sich nicht primär an dem, was politisch bewirkt werden kann. Die wahre Performance liegt in der Einigkeit, der internen Kommunikation und gemeinsamen Schlagkraft. Ein Zustand, von dem der Berufsstand weit entfernt ist.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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1 Kommentar

Situation erkannt, Gefahr gebannt

von Reinhard Rodiger am 26.09.2019 um 16:41 Uhr

Die Standesvertretung hat es versäumt, rechtzeitig ihre wahren Ziele zu kommunizieren und den Weg abzustimmen. Das hat etwas mit Achtung und Respekt zu tun.Beides wurde mit Füssen getreten und jede offene Debatte unterbunden. Es wurden die Betroffenen nicht mitgenommen. Damit wurde der Politik freies Spiel gegeben, die dann auf die ersichtliche Divergenz bekanntlich eingegangen ist.

Führung dieser Art ist autoritär und hinsichtlich der eigentlichen Aufgabe nicht zielführend.Kernproblem scheint die Unklarheit zu dieser Aufgabe zu sein. Die wichtigste Führungsaufgabe ist Motivation,also Bereitschaft zum Mitmachen zu sichern. Sie wurde nicht erfüllt. Vielmehr wurde die Mehrheit ausgegrenzt.

Der notwendige Kontakt zur Basis wurde zwar vor rd. 7 Jahren gesucht und in Gang gebracht. Jedoch leider nur um die potentielle "Gefahr" durch ihre Unzufriedenheit abzuschätzen.
Trotz vieler konkreter Angebote versandete bewußt die Kommunikation. Es gab keine Antworten.

Stattdessen wurde die Glaubwürdigkeit nach innen und aussen
minimiert , sowie offene Debatte und jegliches Bemühen um öffentliche Präsenz bis Meinungsführerschaft in Kernbereichen unterlassen.

Das eigentliche Problem ist die fehlende Achtung für das heute Geleistete.Eine Bilanz des Nutzens, also Saldo von Kosten und Leistungen wurde nie nachvollziehbar vorgelegt. Das ist die Voraussetzung für Akzeptanz.

Stattdessen wird auf die Anerkennung zukünftiger Leistungen
hingearbeitet und die Basis(-honorierung) preisgegeben.Da sie gleichzeitig die Machtbasis ist, folgt deren Aufgabe der Ausverkauf.

Eine Führung, die bewusst die Grundlage der Existenz ignoriert, es an Achtung und Respekt fehlen lässt und auf Klarmachen der eigentlichen Ziele verzichtet, hat ihre Aufgabe nicht erfüllt.

Es ist daher kein Wunder, dass der Stand im Wellenschlag
Dritter dümpelt.Sicher, da sind auch Rahmenbedingungen, die unzureichend sind, aber zu ändern ist das zuerst, was selbst zu beeinflussen ist. Ist die Situation richtig erkannt, ist auch die Gefahr gebannt. Jetzt ist Gelegenheit, die Kräfte zu mobilisieren, die nötig sind, Einigkeit zu erreichen.


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