Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

15.09.2019, 08:00 Uhr

Vorsicht! Arzneimittelautomaten für Versender – das geht gar nicht! (Foto Andi Dalferth)

Vorsicht! Arzneimittelautomaten für Versender – das geht gar nicht! (Foto Andi Dalferth)


Auch wenn der Gesundheitsausschuss des Bundesrats pro Rx-Versandverbot votiert – man muss realistisch bleiben: Die Chancen, dass da noch etwas passiert, sind gering. Dagegen muss man genau hinschauen, wenn Spahn Arzneimittelautomaten für Versender einführen will – das muss verhindert werden! Beim Spahnschen Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch, das die Gleichpreisigkeit für GKV-Versicherte erhalten soll, hat die EU-Kommission bisher „keine negativen Signale“ gegeben. Mal abwarten, ob das so bleibt. Dennoch: Die Spahnsche Gleichpreisigkeit von heute ist die Apothekenkrise von morgen.

9. September 2019

Die von Spahn geplante Änderung der Apothekenbetriebsordnung hat es in sich: Es sollen u. a. automatisierte Ausgabestationen für Arzneimittel zugelassen werden, die den „besonderen Bedingungen der Versandapotheken Rechnung tragen“ sollen, d.h., diese Ausgabestationen müssen nicht mit den Betriebsräumen der Apotheke verbunden sein. Es gibt nur drei Voraussetzungen dafür: Sie dürfen erst vom Personal der Apotheke bestückt werden, wenn die Bestellung erfolgt ist, wenn eine Beratung (auch per Telekommunikation) stattgefunden hat und wenn bei Rx-Arzneimitteln die Verschreibung im Original geprüft, geändert und abgezeichnet worden ist. Mein liebes Tagebuch, wenn diese Regelung so kommt, dann ist das die Einladung für niederländische Apotheken: Macht hier in Deutschland doch bitte so hübsche Arzneimittelautomaten auf, aber ein bisschen cleverer als in Hüffenhardt. Nein, mein liebes Tagebuch, auch wenn der Verordnungsentwurf in seiner Begründung zwar meint, dass mit dieser Regelung automatisierte Ausgabestationen, wie es sie in Hüffenhardt gab, verhindert werden könnten – der vorliegende Entwurf wird das so nicht leisten können. Rechtsexperten prognostizieren, dass diese Bestimmung in dieser Form durchaus zu zahlreichen neuen Ausgabeautomaten von Versandapotheken führen kann. Auch die ABDA hat sich bereits gemeldet und findet, dass diese Regelung für Versandapotheken die Arzneimittelversorgung durch Präsenzapotheken in erheblicher Weise unterminiert. Der Gesundheitsausschuss  des Bundesrat sieht das ähnlich und fordert, den entsprechenden Passus für Versandapos im Verordnungsentwurf zu streichen. Richtig! Mein liebes Tagebuch, das gehört unbedingt zur Prioritätsstufe 1: Dieser Passus muss weg. Hoffen wir, dass sich der Bundesrat hier durchsetzen kann.

 

Eigentlich hatten wir mal gehofft, dass der uralte Zopf der Importförderung ein für alle Mal abgeschafft wird. Es sah sogar zwischenzeitlich recht gut aus, dass diese Forderung von der Politik aufgegriffen wird. Sogar Krankenkassenvertreter sahen in der Importförderung keine nennenswerten Einsparungen, aber eine Gefahrenquelle. Doch die Wirtschaftspolitik ließ sich von Importeuren und Importlobbyisten einlullen. Statt die Importförderung zu streichen, wurde sie mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) nur leicht modifiziert: Importeure jubeln, ihre Importe erleben ein Absatzplus. Hinzu kommt eine Unschärfe im Rahmenvertrag, die ebenfalls dazu beitragen dürfte, dass Importe abgegeben werden müssen. DAZ-Wirtschaftsexperte Müller-Bohn rechnete nach. Er kommt zu dem Schluss, es spreche viel dafür, dass die neue Importquote zumindest in einigen Apotheken durchaus zum vermehrten Absatz von Importen beiträgt. Mein liebes Tagebuch, wann endlich wird die Politik den Nonsens mit Importen einsehen und hier einen Schlussstrich ziehen? Importeure kaufen den Billiglohnländern die Arzneimittelbestände weg, sie karren sie quer durch Europa, packen sie hier um und bringen Packungen auf den Markt, die die Patienten verunsichern. Ganz zu schweigen von den Gefahren und der Verschwendung von Ressourcen. Und die Politik fördert das. Wie  passt das in unsere Zeit! Gar nicht!

 

402.080 Unterschriften für das Rx-Versandverbot! Die Bundestagspetition des Pharmaziestudenten Benedikt Bühler hat diese Rekordzahl an Mitzeichnern erreicht – deutlich mehr als jede bislang durchgeführte Online-Petition beim Bundestag. Mannomann, mein liebes Tagebuch, was für ein Signal! Und dennoch, von Seiten der ABDA kommt dazu nichts. Irgendwann will man sich zwar hinter verschlossenen Türen mit Bühler treffen, aber das war’s dann auch schon. Und wie geht’s offiziell weiter? Bühler könnte nun die Möglichkeit bekommen, sein Anliegen in einer Sitzung des Petitionausschusses vorzutragen. Allerdings können sich die Mitglieder dieses Ausschusses auch gegen eine persönliche Anhörung aussprechen. Dennoch, diese Petition ist und bleibt ein starkes Signal. Bühler fordert nun, dass sich auch der Deutsche Apothekertag mit dem Rx-Versandverbot auseinandersetzt. Mein liebes Tagebuch, das wollen wir hoffen! Sollte der Apothekertag kein Wort übers Rx-Versandverbot verlieren, wäre dieses Verhalten an Überheblichkeit und Ignoranz nicht mehr zu übertreffen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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9 Kommentare

was mich interessieren würde:

von Jens Maier am 16.09.2019 um 14:54 Uhr

- Röntgenkontrastmitttel. Lt Presse erhalten ein kleiner Teil (!) der Ärzte rund 200 Mio € zuviel Vergütung, weil sie die Kontrastmittel zu Mondpreisen abrechnen. Die AOK BW (!) wehrt sich sogar mittels Rechtsanwalt gegen die Herausgabe der Daten, obwohl ein recht auf Einsicht besteht.
Wollte die gesamten Apotheken 200 Mio mehr, würden die KK Sturm laufen. Was soll das? Den einen, die schon viel haben, hinter her geworfen, denen, die es brauchen könnten, verweigert? Was für eine Mauschelei läuft da, wenn sogar ein Anwalt eingeschaltet wird? was wird vertuscht? Ausgerechnet bei der AOK BW, dessen Hermann keine Gelegenheit auslässt, bei uns zu sparen?
- angeblich soll unser Gesundheitsminister und Oberdigitalisierer 51% an der Gematik halten? Ist die Digitalisierung im Gesundheitswesen Mittel zum Zweck, nämlich Spahn reich zu machen? Wie kann einer, der, ähnlich wie bei verbotenen Insidergeschäften, unmittelbar Vorteile von seinem Amt hat, noch Entscheidungen fällen dürfen? die ihm nutzen? Zum Wohl des Volkes? Eher nicht.
Aus seiner (früheren ?) Verbindung zu Max Müller könnte man unterstellen, dass wie dort Spahn Amt und Geschäft (Bereicherung) nicht auseinanderhalten kann.

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"Und täglich grüßt das Murmeltier"

von Karsten Wurzer, kohlpharma am 16.09.2019 um 10:37 Uhr

Lieber Herr Ditzel, wir kennen uns schon eine Weile und ich schätze Sie als ausgewiesenen und erfahrenen Fachjournalisten und ich schätze die DAZ im Grundsatz als ein wichtiges Gegengewicht zur PZ.

Leider ist mir bei der gestrigen Lektüre Ihres Tagebuches als erstes der schräg genial Film mit Bill Murray über den Murmeltiertag in Punxsutawney in den Sinn gekommen.
Leider fehlt Ihren ständigen Wiederholungen das geniale und es ist seit einiger Zeit nur noch schräg.

Entgegen Ihren mandraartig wiederholten Vorwürfen gegen den Arzneimittel-Import, müssten und sollten Sie doch selbst ganz genau wissen, dass dies gelinde gesagt Blödsinn ist.
Dass die Politik die Streichung der Importklausel aufgegriffen hat bzw. aufgreifen musste, war in der Lobby gesteuerten Skandalisierung beginnend im Brandenburger Gesundheitsministerium, einiger Standesvertreter und der Pharma-Lobby im Hintergrund geschuldet. Rechtzeitig zur entscheidenden Phase haben sich die verantwortlichen Politiker im Bund und in den Ländern von den Fakten "beeinflussen" lassen und den unsinnigen Feldzug einer Landesministerin gestoppt.

Die Gegner aus dem Kassenlager waren überschaubar. Es gibt da nur den einen letzten Kassenfürsten aus Stuttgart, der mit verstecktem "Pluralis Majestatis" gerne seine persönliche und singuläre Meinung als universal darstellte.

Die neuen Regeln haben auch nicht die Importeure gemacht, sondern der DAV und der GKV Spitzenverband. Das GSAV folgte dieser Einigung. Dass wir über Verkomplizierungen und mehr Aufwand für Apotheker und Importeure nicht jubeln, haben wir mehrfach zum Ausdruck gebracht. Gerne hätten wir das auch in einem umfassenden und einordnenden Interview mit der DAZ gemacht. Das Angebot ist noch immer unbeantwortet. Aber anstatt mit uns zu sprechen und Lösungen zu diskutieren, wird nur destruktiv über uns geredet.

"Billiglohnländern die Arzneimittelbestände" wegkaufen ist Boulevardniveau und entbehrt den Fakten und nicht nur Importe, sondern auch die Originale und Generika und alles andere, was Sie und ich jeden Tag konsumieren, wird von irgendwo nach irgendwo transportiert.

Sicherheit und Wirksamkeit sowie signifikante Einsparungen aus Preisunterschieden und Wettbewerb sind nachgewiesenermaßen vorhanden. Daher präzisiert und steuert das Sozialrecht Sparinstrumente wie Festbeträge, Generikausschreibungen und eben auch die geregelte Abgabe von Importen.

Lieber Herr Ditzel, und wie passt das in unsere Zeit?
Sehr gut!

Eine kleine Metapher zum Schluss:
Momentan wollen interessierte Kreise SUVs verbieten. Anlass ist ein tragischer Unfall, der das Leben Unschuldiger kostete. Auch bei diesem Thema treiben Lobbyisten erneut die eh angeschlagene Automobilindustrie auf den Baum, assistiert von einer Skandalisierungspresse, die immer weniger ausgewogen analysiert und abwägt. SUV sind nämlich nicht mehr und nicht weniger an Unfällen beteiligt als anderen Fahrzeugklassen. Wenn überhaupt sind einzelne Fahrzeughalter bzw. Fahrer das Problem, nicht ein bestimmtes Auto oder eine Autoklasse.
Daher werden diese künstlich gesteuerte Aufregung und die erhitzten Gemüter sich auch hier bald wieder abkühlen.

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AW: Und täglich grüßt das kritische Murmeltier ...

von Christian Timme am 17.09.2019 um 7:25 Uhr

Wenn Nagetiere nicht schlafen ... sondern Fragen stellen ...

Nicht klatschen!

von Dr. Radman am 15.09.2019 um 13:06 Uhr

Schaffen wir es in diesem DAT nicht ein einziges mal zu klatschen, nicht für Friedemann, nicht für Becker und nicht für Spahn, als Ausdruck unserer Empörung über ihres Scheiterns in der RXVV? . Können wir das? Einfach die Hände zubinden und nicht klatschen. Das wird Wirkung haben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Nicht klatschen

von Conny am 15.09.2019 um 13:11 Uhr

Von was träumen Sie nachts ?

AW: Nicht klatschen

von Wolf Wagner am 16.09.2019 um 7:39 Uhr

Eine tolle Idee. Unbedingt befolgen.

Kritische Fragen

von Conny am 15.09.2019 um 9:10 Uhr

Dieser Klatschverein ?

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Schaut denn keiner in die Zukunft?

von Ulrich Ströh am 15.09.2019 um 8:21 Uhr

Die Spahnsche Gleichpreisigkit von heute ist der juristische Auslöser der nächsten Apothekenkrise in tausend Tagen.

Das ist richtig,.
Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ob einer der 300 Delegierten des DAT das beim Besuch von Jens Spahn auch so sieht, und wagt , eine kritische Frage zu stellen ?

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Die Grünen

von Anita Peter am 15.09.2019 um 8:19 Uhr

Die Grünen predigen buy local und prangern die verheerende CO2 Bilanz an. Gleichzeitig stemmen sie sich gegen ein RXVV. Finde den Fehler.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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