Apothekenschließung

Ulm verliert älteste Apotheke aus dem Jahre 1364

Berlin - 10.09.2019, 08:59 Uhr

Bis ins Jahr 1364 reicht die Geschichte der Löwen-Apotheke aus Ulm zurück. Jetzt muss die historische Apotheke zu Ende September aus wirtschaftlichen Gründen schließen. ( r / Foto: Löwen-Apotheke, Ulm)

Bis ins Jahr 1364 reicht die Geschichte der Löwen-Apotheke aus Ulm zurück. Jetzt muss die historische Apotheke zu Ende September aus wirtschaftlichen Gründen schließen. ( r / Foto: Löwen-Apotheke, Ulm)


Die Löwen-Apotheke in Ulm öffnet Ende September das letzte Mal. Ulm verliert damit seine älteste Apotheke. Bis ins Jahr 1364 reicht die Geschichte dieser alteingesessenen Apotheke zurück. Vielfältige Ursachen führten nun zu dem Aus. Was sind die Gründe? DAZ.online hat bei Apothekenleiter Andreas Maurer nachgefragt.

Ulm hat eine lange Geschichte. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 854. Die baden-württembergische Universitätsstadt liegt am Rande der Schwäbischen Alb und an der Grenze zu Bayern. Bekannt ist die Stadt unter  anderem durch ihr gotisches Münster. Zur Stadtgeschichte gehört auch die im Jahre 1364 gegründete Löwen-Apotheke, die älteste Apotheke Ulms. Sie liegt im Zentrum der Stadt, unweit des Ulmer Münster. Bereits in vierter Generation betreibt Apotheker Andreas Maurer die historische Apotheke. Zum 30. September dieses Jahres endet ihre Geschichte.

Löwen-Apotheke – bereits seit 1910 im Besitz der Familie Maurer 

Andreas Maurer hat im Jahre 2005 die Löwen-Apotheke von seinem Onkel übernommen, berichtet er im Gespräch mit DAZ.online. Seit dem Jahr 1910 sei die Familiengeschichte mit der historischen Apotheke verbunden. Damals habe sein Urgroßvater die Apotheke gekauft. Es folgte der Großvater, der im Jahr 1934 die Apothekenleitung übernahm. Andreas Maurer übernahm die Leitung wiederum von seinem Onkel.

Die Offizin in Ulms ältester Apotheke. (Foto: Löwen-Apotheke, Ulm)                                                                                    

Für Andreas Maurer war die Löwen-Apotheke die erste eigene Apotheke. Im Jahr 2007 eröffnete er außerdem in der 20 Kilometer von Ulm entfernten Gemeinde Lonsee eine Filialapotheke, die Sonnen-Apotheke. Diese soll nach Schließung der Löwen-Apotheke als Hauptapotheke weiterbetrieben werden.

Schließung aus wirtschaftlichen Gründen

Leicht fällt es Apotheker Maurer nicht, die historische Apotheke zu schließen, doch die vielfältigen Veränderungen den letzten Jahre hätten ihn schließlich den Entschluss fassen lassen. „Die Situation in Ulm ist so, dass wir schon seit vielen Jahren einen scharfen Wettbewerb haben, gerade im OTC-Bereich“, berichtet Maurer. Zudem sei es zu einem Wegfall mehrerer Ärzte im Umfeld der Apotheke gekommen.

Kunden meiden teilweise Ulmer Innenstadt

Geändert habe sich auch die Situation in der Ulmer Innenstadt. Nach Umgestaltungsmaßnahmen vor ungefähr 15 Jahren führe nun kein direkter Autoverkehr mehr an der Apotheke vorbei, stattdessen nur eine Busspur. Die Apotheke sei nun weniger sichtbar für die Menschen. Zudem hätten ihm auch ortsunkundige Kunden berichtet, dass sie gerade im Notdienst Schwierigkeiten gehabt hätten, die Löwen-Apotheke zu finden.

Die Einrichtung ist bereits 40 Jahre alt. (Foto: Löwen-Apotheke, Ulm)

Zusätzlich sei auch die Baustellensituation in Ulm eine Belastung. Zusammen mit einem hohen Verkehrsaufkommen führten die Baustellen zu vermehrten Staus, die Kunden abschreckten. Auch die Umweltzone bringe nicht nur Vorteile: „Auf dem Land ist es natürlich so, dass viele noch ältere Dieselfahrzeuge fahren und damit automatisch gar nicht mehr reinkommen nach Ulm.“ Eine weitere Beobachtung sei, dass so mancher Kunde aus dem ländlichen Bereich sein Rezept von der Ulmer Arztpraxis lieber in der heimatlichen Apotheke einlöse, um auf diese Weise die ländliche Infrastruktur zu stärken.

Fachpersonalmangel erschwert Situation 

Maurer berichtet von einem zusätzlichen Problem, mit dem viele Apotheken in Deutschland kämpfen müssen – dem Fachpersonalmangel. Die Schwierigkeiten adäquates Personal zu finden, seien in letzter Zeit erschwerend hinzugekommen. „Die jungen Leute möchten heutzutage kaum mehr in die Apotheke, weil einfach die Arbeitszeiten unattraktiv sind, von Montag bis Samstag.“ Auch die Entlohnung sei ein Grund, warum der Arbeitsplatz Apotheke nicht mehr so attraktiv erscheine – insbesondere im Vergleich mit anderen Berufen. 

Da andere Apotheken auch an dem Fachkräftemangel leiden, hätten die Mitarbeiter der Löwen-Apotheke dementsprechend keine Probleme gehabt, eine anderweitige adäquate Stelle zu finden, freut sich Maurer.

Hohe Investitionen in Apotheke gescheut

Eine weitere Problematik, die Maurer letztlich von der Fortführung der Löwen-Apotheke abgehalten habe, seien die hohen Investitionskosten, die in den nächsten Zeiten unumgänglich gewesen wären. „Die Einrichtung der Apotheke ist schon 40 Jahre alt. Also hätte ich in neue Schubschränke, in einen neuen Bodenbelag und eine neue Beleuchtungsanlage investieren müssen“, berichtet der Ulmer Apotheker.

Schnell hätte dies eine sechsstellige Summe bedeutet. Angesichts der Tatsache, dass er in ungefähr zehn Jahren in den Ruhestand treten wolle, seien ihm diese Investitionskosten zu hoch erschienen. Aber auch die fehlende Planungssicherheit durch die Unberechenbarkeit der heutigen Politik und deren Eingriffe in die Ertragssituation der öffentlichen Apotheken schrecke ihn ab. „Mir war das Risiko einfach zu groß,  jetzt noch mal einen großen Geldbetrag in die Hand zu nehmen“, resümiert Maurer.



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Löwenapotheke in Ulm BWB Schließung

von Frau Herzog, Steffie am 13.10.2019 um 21:22 Uhr

Ich finde es schade, daß wieder ein Kulturelles Gut zerstört wird! Vielleicht kann man auch diese Apotheke zu einem Kaffee oder .... nutzen.

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