Empfehlungen des Gesundheitsausschusses

Bundesrat bringt Spezialrezepturen und Defekturen auf die Agenda

Süsel - 09.09.2019, 07:00 Uhr

Auch für Rezepturen und Defekturen haben die Ländervertreter Änderungsvorschläge.  (Foto: imago images / Westend61)

Auch für Rezepturen und Defekturen haben die Ländervertreter Änderungsvorschläge.  (Foto: imago images / Westend61)


Defektur: ja, aber mit Einschränkung

Während diese beiden Empfehlungen aus Apothekensicht zu begrüßen sind, dürfte eine weitere Empfehlung zu kontroversen Diskussionen führen. Die Empfehlung sieht vor, das Defekturprivileg in § 21 Abs. 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz einzuschränken und die Herstellung ohne Zulassung auf Arzneimittel zur Abgabe „auf ärztliche oder zahnärztliche Verschreibung an Patienten oder Teileinheiten von Krankenhäusern“ zu begrenzen. In der Begründung wird der Ausnahmecharakter der Defektur betont. Doch bei fast täglicher Herstellung von jeweils bis zu 100 abgabefertigen Packungen und in Verbindung mit einer Versandhandelserlaubnis könnten solche Arzneimittel deutschlandweit oder sogar weltweit in Verkehr gebracht werden. Dies betreffe auch Arzneimittel mit sehr umstrittener Wirkung. Dazu heißt es in der Begründung weiter:

„Durch diese Möglichkeit werden in größerem Umfang Arzneimittel ohne Zulassung in Verkehr gebracht und ein größeres Patientenkollektiv einem Risiko ausgesetzt als es ursprünglicherweise beabsichtigt war. Daher soll der ausufernden Defekturtätigkeit die ursprünglich beabsichtigten und für die Apotheke wirtschaftlich sinnvollen Grenzen auferlegt werden, ohne die Versorgung der Teileinheiten von Krankenhäusern durch die Krankenhaus (-versorgenden) Apotheken einzuschränken.“

Defektur im Grundsatz bestätigt

Wenn diese Empfehlung umgesetzt würde, könnten Apotheken keine Defekturarzneimittel mehr aufgrund häufiger Nachfragen von Patienten anfertigen, sofern keine (Standard-)Zulassung vorliegt. Dies wäre für einige Apotheken eine schmerzliche Einschränkung der Herstellungsmöglichkeiten. Allerdings stärkt der Gesundheitsausschuss des Bundesrates mit seiner Empfehlung und der Begründung durchaus den Kern des Defekturprivilegs. Dies kann als Gegenposition zu früheren Gerichtsentscheidungen verstanden werden, die diese Möglichkeiten ausgehöhlt haben. Dazu hatte der Deutsche Apothekertag 2018 einen Antrag des Landesapothekerverbandes Baden-Württemberg beschlossen und eine Klarstellung des Begriffes der „wesentlichen Herstellungsschritte“ gefordert. Offenbar geht der Gesundheitsausschuss des Bundesrates auch ohne eine solche Klarstellung von der Zulässigkeit der bisher üblichen Praxis der Defekturherstellung aus. Gerade deshalb möchte er die zulassungsfreie Herstellung auf ärztlich verordnete Arzneimittel beschränken. Daher würde die empfohlene Änderung zwar den Umfang des Defekturprivilegs begrenzen, es aber in seinem Kern bestätigen.

Insgesamt erscheint bemerkenswert, dass der Gesundheitsausschuss mit seinen Empfehlungen ganz neue Themen auf die politische Tagesordnung bringt und sich dabei auch mit speziellen Fragen des Apothekenbetriebs befasst. Die Reaktionen des Bundestages und des Bundesgesundheitsministeriums bleiben abzuwarten.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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