Apotheken-Stärkungsgesetz

Auch Baden-Württemberg protestiert gegen Spahns Rx-Boni-Verbot

Berlin - 05.09.2019, 07:00 Uhr

Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) will aus juristischen Gründen gegen die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Apothekenreform protestieren. (b/Foto: imago images / Objektif)

Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) will aus juristischen Gründen gegen die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Apothekenreform protestieren. (b/Foto: imago images / Objektif)


Keine Lücke für Versender-Automaten und höheres Honorar

Baden-Württemberg ist das Land, in dem der EU-Versender DocMorris seinen Arzneimittel-Automaten im Örtchen Hüffenhardt installierte, der inzwischen mehrfach gerichtlich verboten wurde. In Spahns Apothekenreform ist jedoch ein Schlupfloch für Versender-Automaten enthalten. Im Entwurf steht, dass Versender auch Arzneimittel-Automaten betreiben dürfen, wenn sie sich an die gleichen Bedingungen halten, die für Vor-Ort-Apotheker gelten – nur dass sich die Ausgabestation nicht in den Betriebsräumen der Apotheke befinden muss. Damit wäre zwar das bekannte Modell Hüffenhardt weiterhin unmöglich, doch eine Version 2.0 durchaus denkbar. Das Ministerium vom Grünen-Politiker Lucha hatte sich stets gegen diese Form der Arzneimittelversorgung ausgesprochen. Und auch jetzt stellt das Ministerium klar: „Diese Regelung wird seitens des Ministeriums für Soziales und Integration in Baden-Württemberg kritisch gesehen. Zu Hüffenhardt gibt es ein Gerichtsurteil, dass die dortige Abgabe der Arzneimittel als rechtswidrig einstuft. Dies entspricht auch der Rechtsauffassung des Landes. Regelungen, die dies möglicherweise wieder relativieren, sollten daher unterbleiben.“

Sammelverordnung: Mehr Geld für Schmerzpumpen-Befüllung

Überraschenderweise wünscht sich Baden-Württemberg darüber hinaus noch eine Änderung an der Sammelverordnung, mit der unter anderem das Apothekenhonorar geändert werden soll. Das Ministerium erklärte, dass man es grundsätzlich begrüße, dass die Apotheker für Notdienste und Dokumentationspflichten besser vergütet werden sollen. Aber es sollten noch weitere Honorarverbesserungen dazukommen: „Wichtig sind uns beispielsweise Regelungen, mit denen die Versorgung von Schmerzpatienten durch Apotheken verbessert wird, beispielsweise im Zusammenhang mit der Befüllung von Schmerzpumpen.“ An welcher Honorar-Schraube die Baden-Württemberger in welcher Höhe genau drehen wollen, teilte das Ministerium aber nicht mit.

Zur Erinnerung: Die Sammelverordnung zur Veränderung der Arzneimittelpreisverordnung und Apothekenbetriebsordnung hat im Bundesrat ihre letzte Station. Beschließt die Länderkammer sie, kann sie in Kraft treten. Der Bundestag ist nicht involviert. Allerdings bedeutet das auch, dass weitere Änderungen durch die Länder nur sehr schwer zu erwirken sind. Konkret müssten die Länder die Bundesregierung bitten, die Verordnung nochmals aufzulegen und wieder einzureichen – ein unwahrscheinliches Szenario.

Auch beim Rx-Boni-Verbot, das im Apotheken-Stärkungsgesetz enthalten ist, sind die Möglichkeiten der Länder begrenzt. Wenn sie einen solchen oben genannten Einspruch mehrheitlich beschließen, kann der Bundestag ihn jederzeit mehrheitlich überstimmen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Warum nur Bayern und BW?

von Heiko Barz am 05.09.2019 um 12:33 Uhr

Man kann dem Herrn Spahn nun hundertmal belegen, dass das RXVV eindeutig EUkonform ist. Es nutzt nur nichts, da dieser Mann allein bestimmen will, was aus der Deutschen Apotheke zu werden hat. Da nützen auch nicht die Hinweise auf eine 800 jährige Erfolgsgeschichte dieses Berufes.
Wir wissen ja längst, dass andere „Kriterien“ seine politischen und *nachpolitischen* Aktionen bestimmen.
Wer aber hat das Kreuz, diesem vollkommen aus dem Ruder gelaufenen „Machtmenschen“ die nötigen Grenzen aufzuzeigen? Zu wessen Wohl hat dieser Mann vor dem Bundespräsidenten seien Amtseid geleistet? Dem Deutschen Volk mit Sicherheit nicht.
Selbst der, durch eine SPD Werbetour in seinem Amt als Finanzminister stark arbeitstechnisch eingeschränkte Herr Scholz, sollte doch merken, dass sein übereifriger Kollege ihm einen hohen Steuerbetrag vorenthalten werden wird.

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Echt jetzt?

von Karl Friedrich Müller am 05.09.2019 um 9:31 Uhr

Wir müssen uns von den Grünen zu einem höheren Honorar zwingen lassen? Gegen die erklärte Absicht der ABDA, tausende von Apotheken zu ruinieren?
Geht doch nicht, oder?
:-))

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?

von Anita Peter am 05.09.2019 um 7:40 Uhr

Der Bundesrat hat sich auch für ein RXVV ausgesprochen und das RXVV landete im Koalitionsvertrag. Das RXVV ist rechtssicher. Aber was interessiert das einen Spahn? Der glaubt ja ganz fest daran, dass Versand digital und umweltschonend ist. Und mit seinem Schosshündchen ABDA im Rücken kann mit seinem Plan des völligen Systemwechsels gar nichts mehr schief gehen.
Max hat ja auch schliesslich genug "investiert" in die Sache.

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