GKV-Finanzergebnisse im 1. Halbjahr 2019

Kassen gehen an ihre Rücklagen

Berlin - 04.09.2019, 17:01 Uhr

Die gesetzlichen Kassen haben im ersten Halbjahr 2019 mehr ausgegeben als sie eingenommen haben. (m / Foto: Comugnero Silvana / stock.adobe.com)

Die gesetzlichen Kassen haben im ersten Halbjahr 2019 mehr ausgegeben als sie eingenommen haben. (m / Foto: Comugnero Silvana / stock.adobe.com)


Die gesetzlichen Krankenkassen haben im ersten Halbjahr 2019 ein Defizit von 544 Millionen Euro verbucht. Das geht aus den aktuellen GKV-Finanzergebnissen hervor, die das Bundesgesundheitsministerium am heutigen Mittwoch vorgelegt hat. Minister Jens Spahn kann diese Entwicklung nach einer langen Zeit der Überschüsse nicht schrecken: Endlich würden die Kassen ihre Rücklagen zur Entlastung ihrer Versicherten nutzen. 

Schon nach dem ersten Quartal 2019 hatte die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) seit langer Zeit einmal wieder rote Zahlen geschrieben: Bei den meisten Kassen überstiegen die Ausgaben die Beitragseinnahmen – nur die AOKen, die Knappschaft und die Landwirtschaftliche Krankenversicherung verzeichneten noch ein geringes Plus. Jetzt, ein Vierteljahr später, müssen auch die Allgemeinen Ortskrankenkassen ein Defizit von 68 Millionen Euro hinnehmen. Insgesamt, so informiert am heutigen Mittwoch das Bundesgesundheitsministerium (BMG), beläuft sich das Minus in der GKV auf 544 Millionen Euro. Bei den Ersatzkassen sind es 297 Millionen Euro, bei den Betriebskrankenkassen (BKKen) 126 Millionen Euro und bei den Innungskrankenkassen (IKKen) 95 Millionen Euro. Laut BMG ist der Ausgabenüberschuss bei AOKen, Ersatzkassen und IKKen „weitestgehend jeweils auf Defizite einer großen Krankenkasse mit hohen Finanzreserven zurückzuführen“.

Noch über 20 Milliarden Euro Rücklagen

Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist das Defizit jedenfalls kein Problem. Schließlich haben die Kassen nach wie vor satte Rücklagen – rund 20,8 Milliarden Euro sind es jetzt noch. Laut BMG ist das etwa das Vierfache der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve. Spahn hatte die Kassen ausdrücklich aufgefordert, diese Rücklagen abzuschmelzen. Und so ist er zufrieden: „Notwendige Leistungsverbesserungen kommen jetzt bei den Versicherten an. Und Krankenkassen mit übermäßig hohen Finanzreserven haben endlich begonnen, ihre Mitglieder über geringere Zusatzbeiträge zu entlasten.“

Was steckt nun genau hinter den Zahlen? Einnahmen in Höhe von rund 124,7 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 125,2 Milliarden Euro gegenüber. Damit sind die Gesamteinnahmen der Krankenkassen um 3,6 Prozent gestiegen, während die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten um 4,7 Prozent wuchsen – bei einem Anstieg der Versichertenzahlen um rund 0,5 Prozent. Auf der Einnahmeseite sei zu berücksichtigen, dass der von den Krankenkassen erhobene durchschnittliche Zusatzbeitragssatz um rund 0,1 Prozentpunkte unterhalb des Niveaus des Vorjahreszeitraums gelegen habe, erklärt das BMG. Hinter dem Ausgabenanstieg stünden unter anderem Mehrausgaben durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz und das Terminservice- und Versorgungsgesetz, die im Laufe des ersten Halbjahres in Kraft getreten sind. 

4,8 Prozent mehr für Arzneimittel, 13,8 Prozent mehr für Schutzimpfungen

Die Leistungsausgaben der Krankenkassen stiegen über sämtliche Bereiche hinweg um 4,8 Prozent, die Verwaltungskosten um 0,9 Prozent. Die Arzneimittelausgaben wuchsen um 4,9 Prozent und damit nur knapp überdurchschnittlich. Hierbei spielen laut BMG weiterhin die Entwicklungen im Bereich innovativer Arzneimittel eine zentrale Rolle. Zugleich weist das Ministerium darauf hin, dass die Krankenkassen nach wie vor durch deutliche Zuwächse (+8,3 Prozent) bei Rabattvereinbarungen mit pharmazeutischen Unternehmern entlastet werden. Hohe Zuwachsraten von 13,8 Prozent gab es dagegen bei den Ausgaben für Schutzimpfungen.

Die Ausgaben für die Krankenhausbehandlung – den größten Kostenblock der GKV – stiegen um 2,9 Prozent. Im Bereich der vertragsärztlichen Vergütung lag das Plus bei rund 4 Prozent. Hohe Zuwachsraten gab es dabei insbesondere durch höhere Vergütungen bei extrabudgetären psychotherapeutischen Leistungen (+14,5 Prozent), Hochschulambulanzen (+ 23,5 Prozent) und spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (+15,6 Prozent).

Mit der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung 2019 wird sich Mitte Oktober der Schätzerkreis aus Finanzexperten von Bundesversicherungsamt, Bundesministerium für Gesundheit und GKV-Spitzenverband befassen. Nach Auswertung der Ergebnisse des Schätzerkreises wird das BMG bis zum 1. November den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz für das kommende Jahr bekanntgeben.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Defizit 2019

von Roland Mückschel am 04.09.2019 um 17:04 Uhr

Also bei mir wars nicht.

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