Wegfall des Fernverordnungsverbots

Wie sollen Apotheker mit Fernverordnungen umgehen?

Berlin - 23.08.2019, 17:55 Uhr

Rein theoretisch dürfen Apotheker wieder Rezepte beliefern, die aus Fernbehandlungen resultieren. Die ABDA stellt aber klar, dass für die Belieferung von E-Rezepten strenge, derzeit eigentlich nicht zu erfüllende Regeln bestehen. (c / Foto: imago images / Panthermedia)

Rein theoretisch dürfen Apotheker wieder Rezepte beliefern, die aus Fernbehandlungen resultieren. Die ABDA stellt aber klar, dass für die Belieferung von E-Rezepten strenge, derzeit eigentlich nicht zu erfüllende Regeln bestehen. (c / Foto: imago images / Panthermedia)


Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) wurde auch das Fernverordnungsverbot gekippt. Das heißt: Ab sofort dürfen Ärzte auch nach einem nicht-direkten Patientenkontakt, beispielsweise nach einer Online-Beratung, Rezepte ausstellen. Ihren Mitgliedern hat die ABDA nun erklärt, wie Apotheker mit solchen, zumeist digital ausgestellten, Verordnungen umgehen sollten. Die ABDA stellt fest: Es gibt noch keinen festen Termin, zu dem die Apotheker E-Rezepte beliefern müssen.

Mitte August ist das GSAV in Kraft getreten. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung wurde unter anderem ermöglicht, dass Apotheken wieder Rx-Arzneimittel abgeben dürfen, auch wenn diese nach einer offensichtlichen ausschließlichen Fernbehandlung verordnet wurden. Erst 2016 hatte der Gesetzgeber das eigentlich verboten: Um dem Geschäft von meist im Ausland angesiedelten Online-Arztpraxen einen Strich durch die Rechnung zu machen, wurde damals festgelegt, dass Apotheker nur Arzneimittel dispensieren dürfen, wenn zuvor ein direkter Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hatte. Als die Ärzte sich dann aber entschlossen, das Fernbehandlungsverbot ganz zu kippen, reagierte auch der Gesetzgeber und hat nun das Fernverordnungsverbot gestrichen.

Was bedeutet das für Apotheker? Zunächst einmal sind sie von der Pflicht entbunden, zu hinterfragen, ob der Arztkontakt wirklich direkt war oder ob das Rezept aus einer Online-Beratung resultiert. Gleichzeitig stellen sich aber auch neue Fragen: Da Fernverordnungen nun einmal hauptsächlich aus ärztlichen Online-Beratungen resultieren, müssen Apotheker dann sofort bereit sein, E-Rezepte zu beliefern? Und wie können die Pharmazeuten solche E-Rezepte überhaupt empfangen, wenn die Telematikinfrastruktur (TI) noch gar nicht aufgebaut ist, in der die digitalen Verordnungen später einmal sicher verschickt werden sollen?

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Die Apothekerkammer Berlin berichtet ihren Mitgliedern nun von einer Mitteilung der ABDA, in der auf diese Fragen eingegangen wird. Die ABDA erklärt zunächst, dass es – was das Arzneimittelrecht betrifft – keine Unterschiede zwischen einem E- und einem Papierrezept gibt. Grundsätzlich sehen nämlich sowohl die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) als auch die Arzneimittelverschreibungsverordnung seit Jahren die Anwendung von E-Rezepten vor. Die Realität sieht allerdings anders aus: Einerseits sind die Ärzte bislang nicht flächendeckend dazu in der Lage, Rezepte digital zu erzeugen und sie digital zu signieren. Andererseits sind auch die Apotheker technisch nicht dazu in der Lage, E-Rezepte sicher zu empfangen, diese zur Abrechnung weiterzuleiten und sie digital zu signieren. Denn: Die Telematikinfrastruktur gibt es noch nicht in den Apotheken.

Das soll sich allerdings bald ändern: Der Gesetzgeber hat den Apothekern und Ärzten den Auftrag gegeben, die nötigen Vertragsänderungen bis Mitte 2020 vorzunehmen. In der Gematik sollen sie zudem gemeinsam mit dem BMG und den Kassen die nötigen Spezifikationen für das E-Rezept festlegen, und bis September 2020 sollen sich alle Apotheken an die TI anbinden.

ABDA: Ärzte und Apotheker müssen das E-Rezept elektronisch signieren

Sollte es doch zu der – sehr unwahrscheinlichen – Konstellation kommen, dass Apotheker ein E-Rezept erhalten, erklärt die ABDA nochmals, welche Anforderungen es an digitale Verordnungen bereits heute gibt. Zunächst brauchen diese Rezepte statt der Unterschrift eine elektronische Signatur gemäß der eIDAS (Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste), in der diese genauer beschrieben ist. Zu diesem Punkt stellt die ABDA klar: „Die bloße Vorlage einer als Rezept gekennzeichneten elektronischen Datei oder einer eingescannten Originalverschreibung ist auch weiterhin arzneimittelrechtlich nicht ausreichend.“

Falls eine Verordnung diese Merkmale erfüllt und sicher in der Apotheke landet, erinnert die ABDA daran, dass das Rezept laut ApBetrO auch in der Apotheke „abzuzeichnen“ ist und mit einer elektronischen Signatur versehen werden müsste. Die ABDA erklärt: „Zur Belieferung einer elektronischen Verschreibung muss also auch die Apotheke die entsprechenden technischen Anforderungen für das Signieren eines E-Rezepts erfüllen. Ist der Apotheke dies bereits jetzt möglich, muss die (elektronische) Verschreibung nach Maßgabe der üblichen apothekenrechtlichen Vorgaben beliefert werden.“

Bislang gibt es nur Anhaltspunkte für einen festen E-Rezept-Termin

Wie oben schon beschrieben, dürften nur die wenigsten Apotheken diese Möglichkeit schon heute haben. Die ABDA stellt dazu fest, dass nicht vorausgesetzt werden könne, dass Apotheken heute schon flächendeckend elektronisch signieren können. Ab wann die Apotheker dazu in der Lage sein sollen, solche E-Rezepte nach einer Fernbehandlung beliefern zu können, will die ABDA nicht genau beantworten. Zwar gebe es durch einige der oben genannten Fristen einige „Anhaltspunkte“, wann das E-Rezept in der Apotheke beliefert werden MUSS. Allerdings lieferten diese Fristen bislang nur „Anhaltspunkte“, schreibt die Standesvertretung – womit sie richtig liegt: Denn abgesehen von den Fristen zum Aufbau der TI und zur Umstellung der Verträge und Spezifikationen gibt es bislang kein verbindliches Datum zur Einführung des E-Rezeptes.

Insofern – so die ABDA weiter – liege es am Gesetzgeber und an der Selbstverwaltung, Vorgaben dazu zu machen. Eines stellt die ABDA aber klar: Die Beteiligung einzelner Apotheken an E-Rezept-Modellprojekten, wie etwa in Baden-Württemberg oder in Hamburg, dürfe nicht dazu führen, „dass daran nicht beteiligte Apothekenbetriebe verpflichtet werden, sich quasi vorbeugend technisch für die Verarbeitung und Belieferung elektronischer Verschreibungen auszustatten“.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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