Interview ABDA-IT-Chef Sören Friedrich (Teil 2)

„Wir wollen die Basistechnologie für das E-Rezept schaffen“

Berlin - 21.08.2019, 07:00 Uhr

ABDA-IT-Chef Sören Friedrich (Hier auf dem DAV-Wirtschaftsforum) meint, dass Wettbewerb im digitalen Verordnungsprozess nichts zu suchen hat und wünscht sich einen einheitlichen Verordnungsweg. (c / Foto: DAZ.online)

ABDA-IT-Chef Sören Friedrich (Hier auf dem DAV-Wirtschaftsforum) meint, dass Wettbewerb im digitalen Verordnungsprozess nichts zu suchen hat und wünscht sich einen einheitlichen Verordnungsweg. (c / Foto: DAZ.online)


Die Einführung des E-Rezeptes zieht nicht nur Änderungen im Versorgungsapparat nach sich – sie sorgt auch jetzt schon für heftige Bewegungen im Apothekenmarkt. Konzerne, Verbände, Zusammenschlüsse und Krankenkassen wollen die Schienen bauen, auf denen später E-Rezepte verschickt werden. Der Markt der Apotheken-Apps boomt schon jetzt. Auch der Deutsche Apothekerverband hat ein eigenes E-Rezept-Modell entwickelt – samt App. Im Rahmen der DAZ.online-Themenwoche zum E-Rezept erklärt ABDA-IT-Chef Sören Friedrich, warum es für den digitalen Verordnungsweg nur eine Lösung geben sollte, nämlich die des DAV.

DAZ.online: Der Markt der Apotheken-Apps und die Konzepte für das kommende E-Rezept explodieren ja derzeit förmlich. Die ABDA ist dafür, dass es beim Einlösen des E-Rezepts ein einheitliches Angebot gibt. Warum ist hier eine Marktvielfalt nicht von Vorteil?

Friedrich: Weil wir finden, dass der digitale Verordnungsprozess frei von Werbung, Diskriminierung und kommerziellen Interessen bleiben sollte. Der Patient sollte unbeeinflusst entscheiden können, wo er seine Verordnung einlöst. Wenn er das bei einer Versandapotheke machen möchte, dann soll er das auch über unsere Lösung machen. Für uns ist es wichtig, dass alle Anbieter gleichlange Spieße haben. Natürlich wäre es einer großen Versandapotheke leichter möglich, mit Werbung auf sich aufmerksam zu machen. Wir finden aber, dass so etwas im Einlöseprozess eines Rezeptes nichts zu suchen hat.

Mehr zum Thema

DAZ.online: Im Wettbewerb zwischen den inzwischen zahlreichen Initiativen, Versandapotheken und Bündnissen geht es ja nicht nur um den Einlöseprozess des E-Rezeptes. In die App-Angebote sollen weitere Angebote eingebaut werden, wie etwa Vorbestellungen oder Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Apotheker …

Friedrich: Natürlich können wir niemanden davon abhalten, eigene Apps für die Kommunikation zwischen Patient und Apotheker zu entwickeln. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass der Transport, das Verwalten und das Einlösen des E-Rezeptes schützenswerte Güter sind. Diese Prozesse sollten frei von monetären Interessen bleiben.

DAZ.online: Und für diesen Transportweg würde der DAV gerne eine einzige Marktlösung haben.

Friedrich: Richtig. Unser Fokus liegt darauf, die Basistechnologie zu schaffen, die dann auch gesetzlich geschützt werden sollte. Wir finden, dass Arzneimittel nicht mit anderen Gütern vergleichbar sind. Das Beispiel USA hat uns eindrucksvoll gezeigt, was passieren kann, wenn Konzerninteressen in den Einlöseprozess bei E-Rezepten eingebunden sind. Dort gibt es jetzt kartellrechtliche Probleme. Darüber hinausgehende Leistungen für Apotheken und Kunden können dann gerne im Wettbewerb variieren und angeboten werden.

Friedrich: Wir müssen noch die Ärzte überzeugen

DAZ.online: Der DAV hatte ja erklärt, dass die DAV-App Ende dieses Jahres beziehungsweise Anfang des nächsten Jahres einsetzbar sein soll. Bleibt es dabei?

Friedrich: Der Zeitplan bleibt. Auch hier arbeiten wir intensiv mit den Systemanbietern zusammen, um die notwendigen Schnittstellen zu entwickeln. Die größte Baustelle könnten aber die Schnittstellen zu den Ärzten werden, das bereitet uns derzeit noch Kopfschmerzen.

DAZ.online: Warum?

Friedrich: Zunächst einmal müssen wir die Kassenärztliche Bundesvereinigung überzeugen, dass sie mit uns exklusiv an diesem Projekt arbeitet. Hier bin ich aufgrund des 'Letter of Intent', in dem Apotheker, Ärzte und Zahnärzte einen gemeinsamen Weg in der Digitalisierung vereinbart haben, recht optimistisch. Aber es reicht nun mal nicht, wenn wir die Schnittstellen auf Apothekerseite fertigstellen. Auf der anderen Seite müssen ebenso Schnittstellen zwischen den Ärzten und der Web-App des DAV etabliert werden.

DAZ.online: Inwiefern können Sie da das gesammelte Wissen vom GERDA-Projekt in Baden-Württemberg nutzen?

Friedrich: Dort wurde schon hervorragende Vorarbeit geleistet. Wir können viele Standards auf die Bundesebene übertragen. Aber jedes System hat seine Eigenheiten. In Baden-Württemberg partizipieren bislang beispielsweise nur Online-Ärzte. Eine solche Beschränkung wäre ja auf Bundesebene nicht möglich, daher müssen wir teilweise prozessuale und technische Anpassungen vornehmen.

Zur Person

Sören Friedrich hat an der FH Anhalt in Köthen Informatik studiert. Zwischen 2007 und 2013 arbeitete er bei der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg, wo er die Programm- und Projektleitung für IT-Projekte innehatte. Unter anderem baute er dort die Netzinfrastruktur der Ärzte in Brandenburg auf. Zwischen 2013 und 2015 war Friedrich dann in der Gematik tätig, bevor er 2015 zur ABDA wechselte und seitdem dort Abteilungsleiter IT/Telematik ist.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


2 Kommentare

Gesetzlich geschützt...

von Lorenz Weiler am 21.08.2019 um 9:26 Uhr

"Eine Basistechnologie, die dann auch gesetzlich geschützt wird" Das klingt erst einmal toll, aber wir wissen ja alle, was deutsche Gesetze in Europa heute noch für einen Wert haben. Kurz oder lang wird sich jeder ausländische Konzern, ob Apotheke oder nicht, vor dem EuGH hier einklagen können. Sollte die WebApp es also ermöglichen, dass der Patient ohne händisches EInlesen des E-Rezepts direkten Zugriff auf seine Verordnungen auf dem Server bekommt und die freie Apothekenwahl darin besteht, dass er einmalig den Versender seiner Wahl (den mit den höchsten Boniversprechen) einstellt, dann wird der DAV damit ein grandioses Eigentor schießen. Wenn man hier nicht höllisch aufpasst, rollt man mit der App den Gesundheits-Heuschrecken noch unfreiwillig den roten Teppich aus. Daher... https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2019/08/20/das-einzig-sinnvolle-e-rezept-ist-aus-papier

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wenn 2 sich streiten ... das war mal ...

von Christian Timme am 21.08.2019 um 8:24 Uhr

Wenn 3 sich streiten ... freut sich der ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.