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Apothekenreform
Ärzte fürchten finanzielle Einbußen durch Wiederholungsrezepte
Vertragsärzte sollen Chronikern künftig Rezepte ausstellen können, die die Apotheke mehrfach beliefern darf. Schon die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisierte diese Regelung in einer ersten Stellungnahme, weil sie die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit gefährdet sieht. Weitere Ärzteverbände fürchten allerdings auch Honorareinbußen durch die Wiederholungsrezepte.
Im Entwurf für das Apotheken-Stärkungsgesetz ist vorgesehen, dass Vertragsärzte Versicherten, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, Verordnungen ausstellen können, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal wiederholende Abgabe erlaubt ist. Es ist also Sache des Arztes, zu entscheiden, ob er ein solches Dauerrezept für angebracht hält und ausstellt – oder nicht. Diese Rezepte sind sodann besonders zu kennzeichnen und dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zulasten der gesetzlichen Krankenkassen durch Apotheken beliefert werden.
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Im Referentenentwurf, der auch Gegenstand der Verbändestellungnahmen im vergangenen Mai war, war noch vorgesehen, dass die Wiederholungsrezepte nur für Versicherte mit einer „schwerwiegenden chronischen Erkrankung“ möglich sein sollten. Schon das war der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu viel. In ihrer Stellungnahme machte sie deutlich, dass sie nichts von der Regelung hält – aus Gründen der Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit. Bereits ausgestellte „Wiederholungsverordnungen“ könnten dazu führen, dass Versicherte die Risiken falsch einschätzen und ihren Arzt nicht erneut aufsuchen, wenn es notwendig ist.
Zudem sei davon auszugehen, dass Patienten diese Möglichkeit aktiv ansprechen und einfordern werden. Und: Die Kassenärzte fürchten Regresse. Der Vertragsarzt könne nämlich zum Zeitpunkt der Ausstellung der Folgeverordnung nicht wissen, ob ein Leistungsanspruch über die gesamte Laufzeit tatsächlich bestehe oder ob der Versicherte in diesem Zeitraum beispielsweise einen längeren Auslandsaufenthalt plane.
Ärzte: Chronikerzuschläge gefährdet
Doch die Ärzte haben noch weitere Bedenken. Wie die Ärzte-Zeitung berichtet, fürchten sie um Teile ihres Honorars. So sagte Dr. Veit Wambach, stellvertretender Vorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, der Zeitung: „Wenn die Systematik unverändert bleibt, wären die Honorare über die Ziffern 03220 und 03221 (Chronikerzuschläge) gefährdet“. Um die Chronikerzuschläge abrechnen zu können, sind nämlich mindestens drei Arzt-Patienten-Kontakte im Jahr erforderlich, davon zwei persönliche, erläutert die Ärzte-Zeitung. Die Abrechnung beider Zuschläge bringt einen zusätzlichen Fallwert von 18,40 Euro.
„Schlimmer“ sind für Wambach allerdings doch noch die Einbußen bei der Versorgungsqualität: „Diabetiker zum Beispiel sollen ja alle drei Monate den HbA1c-Wert im Blut bestimmen. Ohne Arztkontakt könnte die Kontrolle ausbleiben und eine notwendige Therapieanpassung zumindest verzögert werden“, gibt der Hausarzt gegenüber der Ärzte-Zeitung zu bedenken.
„Nicht zu Einspareffekten missbrauchen“
Dr. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Hartmannbundes und Präsident der Bundesärztekammer, meint ebenfalls: „In keinem Fall darf dieses Instrument zum Erzielen irgendwelcher Einspareffekte missbraucht werden und zu Honorarverlusten führen. Wird der Umsatzanspruch der Kolleginnen und Kollegen an dieser Stelle infrage gestellt, dann ist damit die Aufrechterhaltung der erforderlichen Strukturen in der Versorgung gefährdet“, zitiert ihn die Ärzte-Zeitung. Der Mediziner sieht allerdings nicht nur schwarz. Da im Einzelfall zu entscheiden ist, ob ein Wiederholungsrezept sinnvoll ist, sieht er „durchaus die Möglichkeit positiver Effekte, wenn – in vertretbaren Fällen – dadurch Bürokratie abgebaut wird und überflüssige Patientenkontakte vermieden werden.“
Dr. Hans-Friedrich Spies, Vorstandsmitglied des Berufsverbands Deutscher Internisten (BDI) und des Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa), warnt davor, „das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wir behandeln zuerst Patienten, dann müssen wir sehen, wie wir das abrechnen, gemäß dem Aufwand, der entsteht“, so der Kardiologe auf Anfrage der Ärzte-Zeitung. Der geplante Arztvorbehalt sichere das Wiederholungsrezept ab – und wenn ein Kontakt nur dazu diene „ein Wiederholungsrezept zu unterzeichnen, dann kann man das ohne Qualitätsverlust wegrationalisieren“, so Spies.
3 Kommentare
neues Dokumenttionsmonster
von Ute Lindmann am 09.08.2019 um 17:24 Uhr
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Schon sehr durchsichtig
von Stefan Haydn am 08.08.2019 um 18:44 Uhr
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Trommel rühren will gelernt sein
von Jan Kusterer am 08.08.2019 um 12:00 Uhr
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