Apotheken-Stärkungsgesetz

DocMorris kritisiert BMG und kündigt Apotheken-Kooperation an

Berlin - 05.08.2019, 09:00 Uhr

DocMorris-Chef Olaf Heinrich kritisiert das Bundesgesundheitsministerium für das Apotheken-Stärkungsgesetz und kündigt erneut eine Kooperation mit Vor-Ort-Apothekern an. (Foto: DocMorris)

DocMorris-Chef Olaf Heinrich kritisiert das Bundesgesundheitsministerium für das Apotheken-Stärkungsgesetz und kündigt erneut eine Kooperation mit Vor-Ort-Apothekern an. (Foto: DocMorris)


Der niederländische Versandhändler DocMorris droht mit einer Klage, sollte die von der Bundesregierung beschlossene Apothekenreform in ihrer jetzigen Form Gesetz werden. „Wir würden alle unsere rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen“, sagte DocMorris-Chef Olaf Heinrich der dpa. Aus seiner Sicht verstößt das Gesetzesvorhaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gegen Europarecht. Erneut kündigte Heinrich außerdem an, dass DocMorris eine Kooperation mit Vor-Ort-Apothekern anpeile.

Wie schon zuvor das „Handelsblatt“ erinnerte auch der DocMorris-Chef an die gescheiterte PKW-Maut, um zu verdeutlichen, dass das kürzlich beschlossene Apotheken-Stärkungsgesetz aus seiner Sicht europarechtswidrig ist. „Die Bundesregierung würde damit ein ähnliches Desaster erleben wie mit der Pkw-Maut", so Olaf Heinrich. Zur Erinnerung: Das Bundeskabinett hatte Mitte Juli ein Gesetz beschlossen, nach dem das derzeit im Arzneimittelgesetz festgehaltene Rx-Boni-Verbot für EU-Versender gestrichen werden, gleichzeitig aber ein neues Rx-Boni-Verbot für alle Marktteilnehmer im GKV-Bereich neu geschaffen werden soll.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte angekündigt, dass er sein Gesetzespaket in den kommenden Wochen schon vor der parlamentarischen Besprechung auf EU-Ebene abstimmen wolle. DocMorris-Chef Heinrich rechnet damit, dass die Bundesregierung die Bewertung durch die EU-Kommission abwartet und dann noch einlenkt: „Das Gesetz wird so nicht kommen, denn es ist offensichtlich, dass es europarechtswidrig ist.“ Dass das Boni-Verbot für GKV-Versicherte nun ins SGB V transportiert werden soll, hält DocMorris-Chef Heinrich für einen „Taschenspielertrick“.

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Der Verkauf von Rx-Präparaten ist für DocMorris wichtig, 2017 machte das Unternehmen knapp zwei Drittel seiner Umsätze damit. Mit der Gesetzesänderung wolle das Bundesgesundheitsministerium eine „Schutzmauer“ für deutsche Apotheker bauen, die mehr Wettbewerb behindern würde, sagt Heinrich.

DocMorris-Pläne für die Zukunft

Ungeachtet des Ärgers über das Gesetzesvorhaben bewertet der Manager die Aussichten positiv. Denn: Die niederländische Firma peilt eine enge Kooperation mit lokalen Apothekern an. Hier würde DocMorris eine Internet-Plattform anbieten, auf der ortsansässige Apotheker eigene Angebote einstellen könnten, berichtet die dpa. Nach Ansicht von Heinrich müssten Online-Handel und stationäre Pharmazeuten enger vernetzt sein. So sollten Patienten Medikamente künftig online bestellen und dann festlegen können, in welcher stationären Apotheke sie das Präparat noch am selben Tag mitnehmen oder ob sie es über den Versandweg beziehen wollen. Zudem könnte so eine Plattform Apothekern mehr Daten als bisher liefern.

Wie diese Kooperation genau aussehen könnte, verriet Heinrich allerdings nicht. Denkbar wäre, dass DocMorris hierzulande auf ein ähnliches Modell setzt, wie es beispielsweise bereits aus Spanien bekannt ist. Dort hatten die Niederländer die IT- und E-Commerce-Firma Promofarma übernommen. Die 2012 gegründete Firma hat ihren Sitz in Barcelona und hat sich auf den Verkauf von „apothekenüblichen Produkten“ aus den Bereichen Gesundheit, Kosmetik und Körperpflege spezialisiert. Aber zu glauben, dass das Unternehmen selbst in irgendeiner Art und Weise in die Arzneimittelversorgung eingebunden ist, ist falsch. Promofarma ist nichts anderes als ein IT-Unternehmen, das eine Bestell-Plattform entworfen hat. Auf dieser Plattform werden Käufer mit Verkäufern gewissermaßen zusammengeführt. Und die Verkäufer sind fast ausschließlich Vor-Ort-Apotheken. „Durch Promofarma sind wir in der Lage, unsere Medikamente in Spanien innerhalb einer Stunde auszuliefern“, sagte Heinrich in einem Zeitungsbericht im Oktober 2018.

Möglich ist auch, dass die Niederländer diese Geschäftsidee mit der Einführung des E-Rezeptes verknüpfen. Kürzlich war bekannt geworden, dass DocMorris in Kooperation mit dem Spitzenverband der Fachärzte ein E-Rezept-Projekt plant. Auch in diesem Zusammenhang hatte das Unternehmen angekündigt, mit Apothekern zusammenarbeiten zu wollen. Auf die Frage, ob sich in der deutschen Apothekerschaft überhaupt Partner melden würden für die Kooperation, sagte Heinrich: „Die Bereitschaft ist da. Der Branche ist klar, dass sie im Zuge der Digitalisierung und veränderter Kundengewohnheiten vor großen Herausforderungen steht.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Kann es sein

von Stefan Haydn am 06.08.2019 um 20:49 Uhr

dass bei dieser Firma nach jedem Strohalm gegriffen wird?
Besteht die Möglichkeit, dass nach zig Jahren bei der "Zur Rose-Group" nicht alles so rosig ist?
Die Kommentare im Internet und die ständigen pro-Versand Artikel deuten für mich so langsam in Richtung Untergang.
Aber bei einem nicht-nachhaltigen Geschäftsmodell!

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Absehbar - und einkalkuliert

von Dirk Krüger am 06.08.2019 um 8:24 Uhr

Jens Spahn weiß genau, dass sein Vorhaben nicht funktionieren wird. Das Scheitern ist einkalkuliert - wenn nicht geplant. Und er kann sagen: "Ich habe alles versucht". Und die ABDA "begleitet das wohlwollend". Dieses Scheitern wird allerdings im Gegensatz zur PKW-Maut in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden, da es die wenigsten Menschen interessiert. Somit wird auch Spahn kaum "beschädigt" werden - im Gegensatz zu Scheuer. Aber auch der braucht keine Konsequenzen zu fürchten - klebt am Sessel - von Merkels Gnaden.

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drum prüfe, wer sich bindet . . .

von Uwe Hansmann am 05.08.2019 um 9:26 Uhr

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Geschäftsbericht von "Zur Rose" für 2018. Warum sollte ich mit einem Unternehmen kooperieren, welches erneut einen erheblichen Verlust und null Dividende ausweist?

https://gb.zurrosegroup.com/fileadmin/user_upload/redakteure/gb2018/pdf/DE/ZurRoseGroup-GB2018-DE-Vollbericht.pdf

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AW: drum prüfe, wer sich bindet...

von Dr. Schweikert-Wehner am 05.08.2019 um 12:56 Uhr

Da finden sich ja immer Idioten, die das wenige was ihnen jetzt noch bleibt gerne teilen möchten. Selbstmord aus Angst vorm Tod ist weit verbreitet oder manche Kälber wählen den Metzger selber.

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