GSAV noch immer nicht in Kraft

Verzögert ein Fehler bei der Import-Regelung das GSAV?

Berlin - 02.08.2019, 15:00 Uhr

Bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dümpelt derzeit das GSAV. (Foto: imago images / Christian Spicker)

Bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dümpelt derzeit das GSAV. (Foto: imago images / Christian Spicker)


Der Bundesrat hat das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung bereits Ende Juni durchgewinkt. Eigentlich war Bundesgesundheitsminister Jens Spahn davon ausgegangen, dass es im Laufe des Julis in Kraft tritt. Doch auch im am heutigen Freitag veröffentlichten Bundesgesetzblatt ist es nicht zu finden. Ist ein redaktioneller Fehler Schuld? Und zwar einer, der ausgerechnet die bis zum Schluss hoch umstrittene Import-Regelung betrifft?

Bereits fünf Ausgaben des Bundesgesetzblattes sind veröffentlicht worden, seit der Bundesrat am 28. Juni abschließend über das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beraten hat. Im Vorfeld war nicht ganz klar, ob das Plenum das Gesetz wird passieren lassen – unter anderem wegen der nach wie vor nicht abgeschafften Importförderklausel. Bekanntlich hat der Gesetzgeber die bisherige 15/15-Regelung gegen eine Austauschpflicht mit einer differenzierteren Preisstaffelung ausgewechselt. Das letzte Zugeständnis an die kritischen Länder war, dass Biologika und antineoplastische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung von der Import-Austauschverpflichtung ausgenommen sein sollen. Zudem sollen die Auswirkungen der neuen Import-Regelung bis Ende 2021 unter die Lupe genommen werden: Der Bundestag soll nach einem Bericht des GKV-Spitzenverbandes, den das Bundesgesundheitsministerium bewertet, entscheiden, ob die Regelung weiterhin notwendig ist.

Trotzdem hatte der Gesundheitsausschuss des Bundesrates dem Plenum empfohlen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Doch am Ende machte das Bundesgesundheitsministerium Prüfzusagen und die Ländervertreter beließen es dabei, einen  Entschließungsantrag zur ebenfalls von ihnen kritisierten Neuregelung zur Hämophilieversorgung zu beschließen. Der Vermittlungsausschuss wurde nicht bemüht.

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Kaum beschlossen zeigte sich allerdings: Dem Gesetzgeber ist beim Aufschreiben des GSAV ein Fehler unterlaufen – ein ganz offensichtlich unbeabsichtigter. Im letzten Artikel des Gesetzes, der das Inkraftreten regelt, heißt es, dass „Artikel 12 Nummer 8 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb“ drei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft tritt. Die allermeisten anderen Regelungen werden bereits einen Tag nach der Verkündung wirksam.

Auszug aus Artikel 12 Nr. 8 a bb der  GSAV-Beschlussfassung.

Was heißt das nun? Hinter besagtem „Artikel 12 Nr. 8 a bb“ des Gesetzentwurfs steckt eine Neuerung im für die Apotheken relevanten § 129 Sozialgesetzbuch V. Und zwar gleich eine doppelte: Zunächst ist hier bestimmt, dass die Regelungen für preisgünstige Arzneimittel – also der Aut-idem-Austausch – auch für biotechnologisch herstellte Arzneimittel gelten soll, sprich: Biosimilars und ihr Original sollen auch auf Apothekenebene ausgetauscht werden können. Für diese Neuregelung  war tatsächlich bereits im Regierungsentwurf eine Vorlaufzeit von drei Jahren vorgesehen – daher die entsprechende Regelung zum Inkrafttreten. Doch kurz bevor der Bundesrat über das Gesetz zu entscheiden hatte, hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestages auch noch die Ausnahme für Biologika und antineoplastische Arzneimittel zur parenteralen Anwendung von der Import-Austausch-Verpflichtung beschlossen – und im selben Absatz wie die zuvor genannte Regelung platziert. Artikel 12 Nr. 8 a bb) wurde also plötzlich länger – die Inkrafttretensregelung am Ende des Gesetzes blieb jedoch die gleiche wie im vorherigen Entwurf. Sie umfasst damit jetzt also auch eine Ausnahmeregelung, die eigentlich sofort und nicht um drei Jahre verzögert in Kraft treten sollte.

Das Bundespräsidialamt prüft

DAZ.online hatte bereits Anfang Juli im Bundesgesundheitsministerium nachgefragt, wie es mit der Situation umgeht. Es hieß, der Vorgang werde geprüft. Eine weitere Nachfrage blieb bislang unbeantwortet. Fakt ist: Ein Gesetz lässt sich selbst bei offensichtlichen Versehen nicht einfach aus dem Handgelenk nachbessern. Der Gesetzgeber selbst muss die Änderung beschließen. Doch derzeit ist Sommerpause – das Parlament wird erst am 9. September wieder zusammenkommen. Vorher kann es auch nichts beschließen. Wird das GSAV nun so lange warten? Derzeit liegt es jedenfalls im Bundespräsidialamt. Denn bevor es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und damit in Kraft treten kann, muss es der Bundespräsident ausfertigen. Ein Sprecher des Bundespräsidialamtes erklärte gegenüber DAZ.online, das GSAV befinde sich „derzeit in der Prüfung“. Eine Prognose, wann es ausgefertigt werde, sei nicht möglich. Wenn etwas zu ändern sei, sei dies Sache des Gesetzgebers.

Nun heißt es also abwarten, was die Prüfung ergibt. Entschließt sich der Bundespräsident trotz des redaktionellen Fehlers zur Ausfertigung, könnte das Gesetz erst einmal so in Kraft treten – und der Gesetzgeber im September möglichst schnell für eine Nachbesserung sorgen. Die neue Importförderklausel würde dann streng genommen zunächst nicht mit der Ausnahme für Biologika und Zytostatika gelten. Wie Apotheken und Kassen letztlich damit umgehen, muss sich dann zeigen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Nicht verwunderlich

von ratatosk am 05.08.2019 um 10:29 Uhr

Wenn soll so was wundern, die fachliche Kompetenz ist nicht vorhanden und das Handwerkszeug um Gesetze hinzubasteln ist auch schon seit 20 Jahren dahin. Noch jedes größere Vorhaben, hat solche Fehler.
Das ist eben der Vorschritt einer naiven Handy - digital ist supy Generation

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