CHMP votet für Cannabidiol

CBD-Präparat Epidyolex auch in Europa zur Zulassung empfohlen

Stuttgart - 29.07.2019, 09:00 Uhr

CBD als Arzneimittel bei Epilepsie: Der CHMP empfiehlt, Epidyolex bei Lennox-Gastaut-Syndrom und Dravet-Syndrom auch in Europa zuzulassen. (s / Foto: Tobilander / stock.adobe.com)

CBD als Arzneimittel bei Epilepsie: Der CHMP empfiehlt, Epidyolex bei Lennox-Gastaut-Syndrom und Dravet-Syndrom auch in Europa zuzulassen. (s / Foto: Tobilander / stock.adobe.com)


Der Humanarzneimittelausschuss der EMA empfiehlt, Cannabidiol beim Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom zuzulassen. In den Vereinigten Staaten dürfen die beiden seltenen und schweren Epilepsieformen, die erstmalig im Kindesalter auftreten, bereits seit 2018 mit dem CBD-haltigen Arzneimittel Epidyolex behandelt werden.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat sich am 25. Juli 2019 für die Zulassung von Cannabidiol (CBD) ausgesprochen. Konkret soll das CBD-haltige Arzneimittel zur Behandlung von epileptischen Anfällen im Rahmen des Dravet-Syndroms (DS) und des Lennox-Gastaut-Syndroms (LGS) – und nur in Kombination mit Clobazam! – bei Kindern ab zwei Jahren eingesetzt werden. Der Hersteller, GW Pharmaceuticals, bringt – so die Europäische Kommission der Zulassungsempfehlung des CHMP folgt – Epidyolex® als perorale Lösung mit einer Konzentration von 100 mg/ml auf den Markt. In den USA (Zulassung 2018) startet die empfohlene Dosierung mit 2,5 mg/kg Körpergewicht zweimal täglich, nach einer Woche kann die Dosis verdoppelt werden auf 5 mg CBD pro kg Körpergewicht (ebenfalls zweimal täglich) und kann bis auf eine Tagesgesamtdosis (aufgeteilt in zwei Gaben) von 20 mg/kg Körpergewicht gesteigert werden.

Zum Vergleich: Das jüngst von Dr. Loges in den Verkehr gebrachte Nahrungsergänzungsmittel CBD-Loges® Cannabis-Öl enthält eine Konzentration von 5,35 Prozent Cannabidiol auf der Basis von Sesamöl. Die Einnahme-Empfehlung lautet einmal täglich 1 Tropfen, was absolut 1,5 mg CBD und 0,05 mg THC entspricht.

CBD: Wirkmechanismus unklar, aber reduziert Krämpfe

Wie der CHMP erklärt, sei der exakte Wirkmechanismus von CBD bei den beiden Epilepsieformen bislang nicht vollständig verstanden. Epidyolex reduziert laut CHMP die neuronale Hyperaktivität auf verschiedene Arten, zum einen durch Modulation von intrazellulärem Calcium über den G-Protein-gekoppelte Rezeptoren 55 (GPR55) und über den TRPV1 (Transiente Rezeptor-Potenzial-Kationenkanal der Unterfamilie V(anilloid) des Subtyps 1, veraltet Vanilloid Receptor 1, VR1 oder Capsaicin-Rezeptor), zum anderen durch Modulation von Adenosin-vermittelten Signalen, indem CBD die zellulären Adenosinaufnahme über den equilibrativen Nukleosidtransporter 1 (ENT-1) hemmt.

„Unter Epidyolex® gelang es, die mit LGS und DS verbundenen Anfälle zu bewältigen“ erklärt der CHMP. Die häufigsten Nebenwirkungen in den Studien waren Schlaflosigkeit, verminderter Appetit, Durchfall, Pyrexie, Müdigkeit und Erbrechen.

Epidiolex in USA: Entkriminalisierung war erforderlich

In den USA hat die FDA Cannabidiol von GW Pharmaceuticals (dort: Epidiolex®) bereits vor einem Jahr (Juni 2018) bei Kindern ab zwei Jahren zur Behandlung des Dravet-Syndroms und des Lennox-Gastaut-Syndroms zugelassen. Beide Epilepsieformen entwickeln sich im Kindesalter (LGS meist zwischen drei und fünf Jahren, DS im ersten Lebensjahr) und sind schwer therapierbar.

Für die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA ist diese Entscheidung eine doppelte Premiere. Zum einen war das Epilepsie-Präparat des britischen Herstellers GW Pharmaceuticals die erste medikamentöse Therapieoption beim Dravet-Syndrom. Zum anderen war Epidiolex® das erste zugelassene Arzneimittel in den USA, das aus der Cannabispflanze gewonnen wird. Das bekannte Cannabinoid-Arzneimittel Marinol® enthält dagegen synthetisches Tetrahydrocannabinol (THC).

Da jedoch die amerikanische Drogenvollzugsbehörde (DEA, United States 
Drug Enforcement Administration) in den USA nicht zwischen den einzelnen Cannabinoiden THC und CBD unterscheidet, wenn diese aus der Hanfpflanze stammen, wurde dort der Epidiolex®-Wirkstoff zunächst in die höchste Gefahrenklasse der Suchtstoffe (Schedule I) eingestuft, zu der beispielsweise auch Heroin gehört. Das bedeutete: Epidiolex® konnte nicht sofort ab Zulassung verordnet werden, da Schedule-I-Stoffe in den USA nicht verschrieben werden dürfen. Das änderte die DEA am 27. September 2018. Seither ist Epidiolex® in Schedule V.

Schedules für Opioide

In den USA werden Arzneimittel, Substanzen und bestimmte Chemikalien, die zur Herstellung von Drogen verwendet werden können, in fünf verschiedene Kategorien (schedules) eingeteilt. Die Kategorie ist abhängig vom akzeptablen medizinischen Gebrauch der Droge und dem Missbrauchs- oder Abhängigkeitspotenzial eines Stoffes.

Medikamente oder Substanzen der Liste 1 haben ein hohes Missbrauchspotenzial und das Potenzial, schwere psychische und/oder körperliche Abhängigkeit zu erzeugen. Hierzu gehören beispielsweise Heroin, Lysergsäurediethylamid (LSD), Marihuana (Cannabis), 3,4-Methylendioxymethamphetamin (Ecstasy). Diese Liste-1-Stoffe haben derzeit keine akzeptierte medizinische Verwendung.

Stoffe der Liste 5 haben das geringste Potenzial für Missbrauch, dazu gehören beispielsweise Hustenmittel mit weniger als 200 mg Codein oder Cannabidiol (seit September 2018).

Oxycodon und Morphin sind in Liste 2 eingeordnet. Auch sie gelten als Stoffe mit hohem Missbrauchspotenzial und der Gefahr einer psychischen Abhängigkeit.

Tramadol findet sich wie auch Diazepam in Liste 4. Die Stoffe in Liste 4 sind definiert als Drogen mit geringem Missbrauchspotenzial und geringem Abhängigkeitsrisiko.

Ketamin ist Vertreter in Liste 3 mit einem mittleren bis geringen Potenzial für physische und psychische Abhängigkeit.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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