Fertigarzneimittelseminar der Uni Frankfurt

Postpartale Depression: Wenn trotz Baby die Freude ausbleibt

Frankfurt am Main - 19.07.2019, 16:30 Uhr

25 bis 50 Prozent der Frauen durchleben eine postpartale Depression. Dagegen zugelassen ist in den USA der Wirkstoff Brexanolon. Die Studenten der Goethe-Universität Frankfurt informierten beim Fertigarzneimittelseminar des achten Semesters über die Wochenbettdepression. ( r / Foto: Monkey Business / stock.adobe.com)

25 bis 50 Prozent der Frauen durchleben eine postpartale Depression. Dagegen zugelassen ist in den USA der Wirkstoff Brexanolon. Die Studenten der Goethe-Universität Frankfurt informierten beim Fertigarzneimittelseminar des achten Semesters über die Wochenbettdepression. ( r / Foto: Monkey Business / stock.adobe.com)


Die medikamentöse Therapie der postpartalen Depression

Diagnostisch ist die postpartale Depression nur schwer zu differenzieren, da die Scham meist einen offenen Dialog mit dem Arzt oder Apotheker im Wege steht. Auch kann das Ereignis der Geburt ein Rezidiv früherer Depressionen auslösen. Mangelnde Unterstützung des Partners, fehlender sozialer Rückhalt und zusätzliche belastende Ereignisse rund um die Geburt begünstigen laut den Studentinnen das Auftreten.

Sertralin: höchste Muttermilchspiegel nach 7-11 Stunden

Die medikamentöse Therapie greift auf die aus der Depression bekannten Arzneistoffklassen zurück. Laut der Nationalen Versorgungsleitlinie zu „Unipolare Depression“ kommen bevorzugt selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Trizyklische Antidepressiva (TZA) zum Einsatz. Die Gruppe der Studierenden stellte hier besonders die Verwendung der SSRI Citalopram und Sertralin in den Vordergrund – und geht hier konform mit den Empfehlungen von Embryotox an der Berliner Charité. Bei Sertralin lägen die „kindlichen Wirkspiegel an oder unter der Nachweisgrenze“, und es seien keine unerwünschten Wirkungen beobachtet worden. Speziell zugelassen zur Behandlung postpartaler Depressionen ist Sertralin nicht.

Fertigarzneimittelseminar der Uni Frankfurt

Das Fertigarzneimittelseminar ist ein seit vielen Jahren etabliertes „Projekt“ des jeweiligen Abschlusssemesters in Frankfurt. Ursprünglich hatte es der seit Langem emeritierte Professor Ernst Mutschler ins Leben gerufen, seit 2011 belohnt die Apothekerkammer Hessen die fortbildungseifrigen Zuhörer mit Punkten.

Jedes Semester widmet sich das Seminar einem großen Bereich der Pharmakotherapie – aktuell war es die „Pharmakotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit“. Zuhören darf jeder, wobei neben Studenten und Dozenten wohl hauptsächlich Apotheker zum Frankfurter FAS ins Biozentrum am Riedberg pilgern. Die einzelnen Studenten präsentieren ihre Themen nicht nur in 15- minütigen Vorträgen, sondern stellen sich anschließend auch den Fragen des Auditoriums. Somit entsteht eine interaktive Fortbildung, aus der sowohl Vortragende als auch Zuhörer viel neues Wissen mit nach Hause nehmen können.

Die Gruppen werden jeweils von Lehrenden der Pharmazeutischen Institute unterstützt, wobei jedoch Eigeninitiative groß geschrieben wird. Die Studenten setzen sich intensiv mit ihren Themen auseinander, lernen vor großem Publikum zu referieren und dies alles in einem würdigen Rahmen zu präsentieren.

Was können Apotheker den jungen Müttern zum Stillschema raten? Laut den Studenten ist das Stillen sieben bis elf Stunden nach der Einnahme – zur Zeit  der höchsten Plasmaspiegel in der Muttermilch – zu vermeiden. TZA zeigten ähnlich niedrige kindliche Blutplasmaspiegel, bei erhöhtem Nebenwirkungspotenzial. Dabei betonten die Studenten, dass die Studienlage in Umfang und Qualität nur bedingt Empfehlungen zur Therapie postpartaler Depressionen zulässt. Andere pharmakologische Therapien seien aufgrund der negativen Studienlage oder zu starker Nebenwirkungen nicht zu empfehlen.

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Brexanolon: EMA-Zulassung noch nicht beantragt

Als einziges zugelassenes Arzneimittel bei postpartalen Depressionen gibt es derzeit Brexanolon, allerdings bislang nur in den USA. Die FDA erteilte Zulresso am 19. März 2019 die Zulassung. Wie Brexanolon bei der Behandlung von Wochenbettdepressionen wirkt, ist laut Fachinformation der FDA noch nicht gänzlich verstanden. Man vermutet aber, dass die Wirkung mit der positiven allosterischen Modulation von GABAA-Rezeptoren in Zusammenhang steht.

Ein Zulassungsantrag bei der EMA liegt nach derzeitigen Informationen nicht vor.



Andreas Fey, Pharmazeut im Praktikum, DAZ.online-Autor
redaktion@daz.online


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