DAZ.online-Serie „Die Besonderen“

Löwen-Manufactur – alte Rezepturen neu interpretiert

Berlin - 16.07.2019, 17:50 Uhr


Die Lübecker Löwen-Apotheke ist eines der Schmuckstücke der an Geschichte reichen Hansestadt. Die alteingesessene Apotheke präsentiert in einem der ältesten Gebäude der Stadt altes Apothekerwissen modern aufbereitet. „Altes Wissen neu entdeckt“ ist das Motto der hauseigenen „Löwen-Manufactur“. DAZ.online hat nachgefragt.

Die Hansestadt Lübeck bietet interessierten Besuchern – und seinen Bewohnern – viel. Trotz der teilweisen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg präsentiert sich die Altstadt heutzutage als eine Art lebendiges Geschichtsbuch. Seit 1987 Teil des UNESCO Weltkulturerbes ist die mittelalterliche Altstadtinsel ein Besuchermagnet. In einem der ältesten Profanbauten der Stadt ist die Löwen-Apotheke von Apotheker Marcus Niendorf angesiedelt. Die traditionsreiche Apotheke bietet mit der „Löwen-Manufactur“ ein umfangreiches Sortiment an selbsthergestellten Rezepturen – viele von ihnen basierend auf einem überlieferten Familienfundus. DAZ.online berichtet der Lübecker Apotheker von wiederbelebten Traditionen, klösterlichen Inspirationen und kreativer Umsetzung von Ideen. 

Lebendige Geschichte im alten Lübecker Patrizierhaus

Ein geschichtsträchtiger Ort: die Löwen-Apotheke in Lübeck. (Foto: dietlindwolf)

Seit über 200 Jahren ist die Löwen-Apotheke bereits in Lübeck anzutreffen – berichtet Niendorf, seit 1992 Leiter der Traditionsapotheke. „Das Apothekerhaus ist eines der ältesten Bürgerhäuser Deutschlands. Es hat als Patrizierhaus die große Geschichte Lübecks über Jahrhunderte begleitet.“ Das alte romanisch-gotische Gebäude aus dem Jahre 1230 habe schon so einiges gesehen und erlebt. So sei unter anderem im Jahre 1375 Kaiserin Elisabeth, Ehefrau Kaiser Karls IV., bei einem gemeinsamen Besuch Lübecks in dem Haus in der Dr.-Julius-Leber-Str. 13 beherbergt worden.

Löwen-Apotheke – mehr als 200 Jahre Apothekentradition

Marcus Niendorf habe die Apotheke von seinem Vater übernommen. Die Geschichte der Löwen-Apotheke sei aber schon viel älter, berichtet der Lübecker Apotheker stolz. „Die Apotheke ist zwar nicht besonders alt, wenn wir davon ausgehen, dass es in Deutschland Apotheken gibt, die aus dem Mittelalter stammen, aber 200 Jahre haben wir auch schon überschritten.“ In vierter Generation setze er nun die Familientradition fort, die ihn stark geprägt habe.

„In den 200 Jahren der Apotheke ist auch pharmazeutisch einiges geschehen“, so Niendorf. So sei unter anderem  Friedlieb Ferdinand Runge, der von 1812 bis 1816 seine Apothekerlehrjahre in der Löwen-Apotheke absolviert habe, erwähnenswert. Bekannt wurde Runge unter anderem durch seine Arbeiten mit Steinkohlenteer und der daraus folgenden Entdeckung des Anilins und Phenols.

Löwen-Manufactur – „Altes Wissen neu entdeckt“

Wer die Lübecker Löwen-Apotheke heutzutage betritt, findet sich nicht nur in einem geschichtsträchtigen Haus wieder, sondern in einem Haus, in dem „Altes Wissen neu entdeckt“ wird – darauf weist bereits eine Aufschrift auf den Eingangstüren der Apotheke hin. Unter dem Label „Löwen-Manufactur“ seien seit 2006 über 60 Rezepturen erhältlich. Zum Teil beruhten sie auf dem überlieferten Rezepturfundus seiner Familie, berichtet der Lübecker Apotheker.

Präsentation der Produkte der „Löwen-Manufactur“ im Verkaufsraum der Löwen-Apotheke in Lübeck. (Foto: dietlindwolf)

Eine der „alten“ Rezepturen, die Niendorf heute vertreibt, ist die „Heilsalbe 22“. Sie stelle zusammen mit anderen Traditions-Rezepturen das Fundament seiner Manufaktur dar. Ansonsten habe er sich viele Gedanken gemacht und zahlreiche Anregungen aufgenommen, um immer neue Produkte zu kreieren beziehungsweise Rezepturen nach „altem Vorbild“ in die heutige Zeit zu transferieren. Herausgekommen ist ein Sortiment, das laut Angaben der Manufaktur-Homepage „einfache natürliche Lösungen für alltägliche Probleme“ biete – viele davon auf Basis unterschiedlicher ätherischer Öle.

Rezepturen – schön verpackt und künstlerisch präsentiert

Wichtig sei es aber auch, die Löwen-Manufactur-Rezepturen schön verpackt ansprechend zu präsentieren – und das ganz analog in der Löwen- Apotheke oder auch im Online-Shop. 

(Foto: dietlindwolf)

Daneben seien die Produkte in weiteren ungefähr 300 Apotheken bundesweit als „abgespecktes“ Angebot erhältlich, berichtet Niendorf. Für die künstlerisch stimmige Präsentation seiner Produkte sei seine Ehefrau, die Künstlerin und Fotografin Dietlind Wolf, zuständig. „Sie entwickelt Bildsprachen. Sie ist eine großartige Begleiterin. Alle Fotos, die sie auf der Homepage sehen, sind von ihr. Das ist natürlich genau auf den Punkt gebracht, was wir ausdrücken wollen“, so Niendorf begeistert.

Florentinische Kloster-Apotheke als Vorbild

Zur Entstehung der „Löwen-Manufactur“ befragt, berichtet der Lübecker Apotheker von dem nachhaltigen Eindruck, den die ehemalige Kloster-Apotheke „Santa Maria Novella“ aus Florenz auf ihn gemacht habe. Dort würden Cremes, Parfüms und Kräuterliköre verkauft. „In diesen prächtigen Räumen, die mich unglaublich beeindruckt haben, sprach es vor über zehn Jahren quasi wie vom Himmel zu mir: Das machst du in Zukunft auch!“

DAZ.online-Serie

Die Besonderen

Ganz so einfach sei es aber nicht gewesen, was heutzutage gerne übersehen werde. Am Anfang sei da erst mal der reine Gedanke gewesen, aber es habe viel Planung, der Umbau der Apotheke und auch eine Portion Mut dazu gehört. „Ich musste mir erst mal zutrauen, in ganz anderen Dimensionen zu denken. Das klingt dann hinterher so einfach, aber das war ein Akt. Es war tatsächlich Pionierarbeit und es musste erst mal sehr durchdacht werden.“

Showroom soll Apotheke bereichern

Marcus Niendorf präsentiert sich weiterhin kreativ, wenn es um die Zukunft seiner Apotheke geht. Zurzeit werde die Apotheke um eine Art „Showroom“ bereichert, in dem das alte Handwerk der Apotheker und die Geschichte des Hauses präsentiert werden sollen. „Die Ursprungsidee war, die Touristen hier in Lübeck anzusprechen und zu sagen, hier schau mal, das ist ein ganz altes Haus mit einer Apotheke, die fertigt auch noch an und die zeigt euch eben auch, was eigentlich der Apotheker früher gemacht hat. So ist die Apotheke, wenn sie so wollen, eine Art lebendiges Museum.“ Doch sie sei nicht nur ein lebendiges Museum, darüber hinaus seien Lesungen und Workshops sowie eine Zusammenarbeit mit dem Lübecker Buddenbrook-Haus geplant. 



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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