Arzneimittelmissbrauch

US-Staaten: Dextromethorphan-haltige Hustenmittel nur noch ab 18

Berlin - 16.07.2019, 16:30 Uhr

In immer mehr US-Bundesstaaten ist das OTC-Hustenmittel Dextromethorphan in der Apotheke nur noch für erwachsene Kunden zu haben. (c / Foto: imago images / Imagebroker)

In immer mehr US-Bundesstaaten ist das OTC-Hustenmittel Dextromethorphan in der Apotheke nur noch für erwachsene Kunden zu haben. (c / Foto: imago images / Imagebroker)


In den USA untersagen immer mehr Bundesstaaten die Abgabe rezeptfreier Hustenmittel mit dem Wirkstoff Dextromethorphan an Jugendliche unter 18 Jahren. Jetzt hat Texas nachgezogen. Auch in der Europäischen Union haben die Pharmakovigilanz-Fachleute das potenzielle Rauschmittel auf dem Radar.

Ab September dieses Jahres können Texaner unter 18 Jahren keine gängigen rezeptfreien Hustenmedikamente mit dem Wirkstoff Dextromethorphan (DXM), wie die dortigen Handelspräparate „NyQuil“ und „Robitussin“, mehr kaufen. Dies berichtet die Texas Tribune. Der Hustenstiller kann in hohen Dosen Halluzinationen hervorrufen. Ein neues Verbotsgesetz (House Bill 1518) soll den Missbrauch von Dextromethorphan durch Minderjährige zu Rauschzwecken eindämmen und verhindern, dass diese die Medikamente als „Einstiegsdroge“ für gefährlichere Substanzen verwenden. DXM ist in den USA laut Texas Tribune in mehr als 100 rezeptfreien Hustenpräparaten enthalten. In einer Studie des National Institute on Drug Abuse aus dem Jahr 2017 sollen ungefähr 3 Prozent der Teenager in der zwölften Klasse angegeben haben, hohe Dosen Hustenmedikamente zu nehmen.

Saftige Strafen bei Verstößen

„Das texanische Gesetz soll auch die Verbindung zwischen Apotheken und den umliegenden Gemeinden stärken“, sagt Chris Krese, ein Sprecher der National Association of Chain Drug Stores, einer Handelsgruppe, die Apothekenketten wie Walmart und Walgreens vertritt, gegenüber der Texas Tribune. „Apotheken haben als Gesicht der Nahversorgung im Gesundheitswesen ebenfalls eine Verpflichtung, Missbrauch und Sucht vorzubeugen", meint Krese. Abgabestellen, die bei Verstößen gegen das neue Gesetz erwischt werden, erhalten zunächst eine Warnung, danach eine Geldstrafe von 150 US-Dollar für einen zweiten Verstoß und 250 US-Dollar für jeden weiteren.

Bundesgesetz liegt auf Eis

Texas schließt sich mit dieser Maßnahme weiteren 18 US-Bundesstaaten an, die ähnliche Gesetze erlassen haben, um den Zugang zu rezeptfreien DXM-haltigen Arzneimitteln einzuschränken. Ende Januar dieses Jahres hatten die Abgeordneten Doris Matsui aus Kalifornien und Bill Johnson aus Ohio den Entwurf eines „DXM Abuse Prevention Act of 2019“ vorgelegt, mit dem der Verkauf von Dextromethorphan an Minderjährige über ein Bundesgesetz landesweit verboten werden soll. Das Vorhaben wurde jedoch bislang nicht weiterverfolgt.

Anstieg von Meldungen über Missbrauch in Deutschland

Auch in Europa und in Deutschland ist das Problem nicht unbekannt. Dextromethorphan-haltige Monopräparate sind in Deutschland als Hustenstiller in Form von Saft, Kapseln oder Pastillen im Handel und sind darüber hinaus Bestandteil vieler Erkältungsmittel, beispielsweise in Kombination mit Paracetamol. Obwohl die Präparate hierzulande nicht der Rezeptpflicht unterliegen, ist Dextromethorphan keineswegs ein „harmloser Hustenstiller“

Bereits vor zehn Jahren berichtete das BfArM darüber, dass die Meldungen über (vermutete) missbräuchliche Anwendungen Dextromethorphan-haltiger Arzneimittel deutlich gestiegen seien. Von den im Jahr 2009 zugegangenen Berichten kamen 15 der insgesamt 19 Meldungen von Apothekern. Etliche der Berichte seien sogenannte „Sammelmeldungen“ gewesen, in denen über mehrere Jugendliche/junge Erwachsene (ohne genauere Zahlenangaben) berichtet und der Verdacht einer missbräuchlichen Anwendung geäußert worden sei. Das BfArM empfahl seinerzeit bereits, Dextromethorphan-haltige Arzneimittel nach Möglichkeit nicht an Jugendliche abzugeben und rezeptfreie Alternativpräparate zur Hustenstillung anzubieten. Die Behörde kündigte an, die Situation weiter intensiv zu beobachten und gegebenenfalls weitere Schritte einzuleiten.

Warnhinweis angeordnet

Im Jahr 2016 kam es dann zu einem europäischen Risikobewertungsverfahren auf der Basis der periodischen Sicherheitsberichte, die die Pharmaunternehmen zu Dextromethorphan-haltigen Arzneimitteln eingereicht hatten. Während des Berichtszeitraums waren Fälle von Arzneimittelmissbrauch bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie bei Patienten mit Arzneimittelmissbrauch in der Vorgeschichte gemeldet worden. Die zuständige Koordinierungsgruppe (CMDh) der Mitgliedstaaten fasste den einstimmigen Beschluss, dass die Produktinformationen zu den Arzneimitteln mit dem folgenden Hinweis ergänzt werden sollten: „Über Fälle von Missbrauch von Dextromethorphan wurde berichtet. Vorsicht ist insbesondere geboten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie bei Patienten mit Arzneimittelmissbrauch oder Verwendung psychoaktiver Substanzen in der Vorgeschichte.“

Das BfArM hat den Beschluss der Koordinierungsgruppe mit Bescheid vom 8. August 2017 umgesetzt. In Deutschland waren hiervon rund zehn Fertigarzneimittel betroffen, darunter die Handelspräparate Hustenstiller-ratiopharm Dextromethorphan oder WICK Husten-Sirup.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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