Originale als Generika

Rahmenvertrag: DAV will mit Kassen über Spezialfall reden

Süsel - 15.07.2019, 12:30 Uhr

Hat der neue Rahmenvertrag eine Lücke? Wenn zwei Original-Präparate im Markt sind, werden bei Arzneimittel im generischen Markt eingeordnet. Der DAV will nun nachbessern. (Foto: imago images / Westend61)

Hat der neue Rahmenvertrag eine Lücke? Wenn zwei Original-Präparate im Markt sind, werden bei Arzneimittel im generischen Markt eingeordnet. Der DAV will nun nachbessern. (Foto: imago images / Westend61)


Wenn zwei wirkstoffgleiche patentgeschützte Originalarzneimittel im Handel sind, gelten nach dem neuen Rahmenvertrag die Regeln für den „generischen Markt“ – auch wenn es gar keine Generika dazu gibt. Da dieser Fall zu einigen Schwierigkeiten führen kann, will der Deutsche Apothekerverband das Thema demnächst mit dem GKV-Spitzenverband besprechen. Dies bestätigte der Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbandes, Thomas Dittrich, gegenüber DAZ.online.

Der neue Rahmenvertrag für Arzneilieferungen zulasten der GKV bewegt die Apothekenteams im Alltag. Vieles ist neu und anders. Der Deutsche Apothekerverband betont die Erleichterungen, aber es gibt immer wieder Kritik wegen neuer Mühen. Bei einer speziellen Fallkonstellation sind die Folgen der neuen Regelungen erst im Apothekenalltag deutlich geworden: patentgeschützte Arzneimittel, die von zwei Herstellern als Originale vertrieben werden. Beispiele dafür sind Janumet und Velmetia, Exforge HCT und Dafiro HCT sowie Sevikar und Vocado. Entsprechendes gilt für zwei Originale eines Herstellers mit unterschiedlichen Warenzeichen.

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Wenn in solchen Fällen kein Rabattvertrag besteht, greifen nach dem neuen Rahmenvertrag die Regeln für den „generischen Markt“. Denn gemäß § 9 Absatz 1 des Rahmenvertrags sind die Regeln für den „importrelevanten Markt“ anzuwenden, wenn ein Arzneimittel verordnet wird, „zu dem es außer dem Importarzneimittel keine Auswahlmöglichkeit gibt“. Doch in den genannten Fällen bildet das jeweils andere Original eine Auswahlmöglichkeit. Darum zählen diese Fälle in den „generischen Markt“, obwohl es keine Generika gibt.

Im „generischen Markt“ darf aber nur unter den vier preisgünstigsten Arzneimitteln ausgewählt werden. Dies sind in den hier betrachteten Fällen typischerweise Importe. So müssen nun Regeln, die für den Umgang mit Generika konzipiert wurden, auf Importe angewendet werden. Wenn die vier preisgünstigsten Importe nicht lieferbar sind, wird dies zum Problem. Denn nach den neuen Regeln darf dann ohne ärztliche Rücksprache kein teureres Arzneimittel verordnet werden - auch nicht das Original, sogar wenn dieses verordnet wurde.

Dittrich kündigt Gespräch mit GKV-Spitzenverband an

Über diese Fallkonstellation hatte DAZ.online schon am 5. Juli berichtet. Vom Deutschen Apothekerverbandes gab es zu diesem Zeitpunkt noch kein Signal, dass die Regeln überarbeitet werden könnten. Doch offenbar zeigt sich mittlerweile, wie relevant der Fall in der Praxis ist. Daraufhin erklärte Thomas Dittrich, Vorsitzender des Sächsischen Apothekerverbandes, am Freitag in einem Interview mit der „Pharmazeutischen Zeitung“, dieser Fall müsse dringend noch einmal mit dem GKV-Spitzenverband besprochen werden.

Gegenüber DAZ.online bestätigte Dittrich: „Wir werden darüber sprechen.“ Das Thema werde beim nächsten Treffen mit dem GKV-Spitzenverband angesprochen. Dittrich sieht an dieser Stelle keine Kontroverse mit den Krankenkassen. Er bestätigte, das Thema sei erst in der Praxis erkannt worden. Zur Ursache des Problems erklärte Dittrich gegenüber DAZ.online, es sei eine Folge der Aufteilung des Marktes in den „generischen“ und den „importrelevanten Markt“ in Verbindung mit der neuen Regel, dass im „generischen Markt“ nicht mehr das verordnete Arzneimittel abgegeben werden darf, sofern dies nicht eines der vier preisgünstigsten Arzneimittel ist. Dittrich gab sich gegenüber DAZ.online zuversichtlich für die weitere Entwicklung zu dieser Fallkonstellation. Derzeit könne er den Apothekern aber nur sagen, dass die geltenden Regeln beachtet werden müssten.

Kurzfristige Idee: Aut-idem

So bleibt vorläufig nur an den DAZ.online-Beitrag vom 5. Juli zu erinnern. Dort wurde als Ausweg auf die Aut-idem-Regel verwiesen. Wenn der Arzt ein Original verordnet und das Aut-idem-Kreuz setzt, gelten die Regeln des „importfähigen Marktes“. Dann darf das Original abgegeben werden. Allerdings muss die Apotheke dann die Nicht-Verfügbarkeit der Importe nachweisen, um nicht über die Importquote belastet zu werden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Rahmenvertrag

von SK am 16.07.2019 um 22:05 Uhr

Unser schöner Beruf wird gewaltsam kaputt gemacht!

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"Ausweg auf die Aut-idem-Regel" ist keine Lösung

von Nadine Blaschek am 16.07.2019 um 15:15 Uhr

Der vorgeschlagene "Ausweg auf die Aut-idem-Regel" ist keine Lösung.
Gemäß Bundesmantelvertrag - Ärzte, § 29 Absatz 2, gilt für Ärzte: "Der Ausschluss des Austausches des verordneten Arzneimittels durch ein preisgünstigeres Arzneimittel in der Apotheke ist nur aus medizinisch-therapeutischen Gründen zulässig."
Ein Kreuz zu setzen, nur weil aufgrund eines unglücklich formulierten Rahmenvertrages zwischen Apotheken- und Kassen-Vertretern abrechnungstechnische Probleme entstanden sind, ist den Ärzten nicht erlaubt. Wenn er/sie es doch nur aus diesen Gründen ankreuzt, besteht für den Arzt eine Regressgefahr da formal gegen den Bundesmantelvertrag verstoßen wurde. Und da der Rahmenvertrag nicht zu Lasten Dritter gehen kann, können Vertragsärzte nicht durch diesen Vertrag dazu verpflichtet werden. Hier müssen Apotheken und Krankenkassen ihre Unstimmigkeiten eben zügig selbst regeln und nicht (auch nicht kurzfristig) auf andere abwälzen.

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Rahmenvertrag

von Michael Zeimke am 15.07.2019 um 13:10 Uhr

Zu einem Vertrag gehören immer mindestens zwei Parteien.
Eine dieser Parteien hat wohl nur grenzwertige Kompetenz.
Welche ?
Der größte Feind des Apothekers ist der A.........!

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