Digitale Versorgung-Gesetz

Bundeskabinett beschließt TI-Anbindungsfrist für Apotheker

Berlin - 10.07.2019, 11:30 Uhr

Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eingebrachte Digitale Versorgung-Gesetz beschlossen. (c / Foto: imago images / photothek)

Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eingebrachte Digitale Versorgung-Gesetz beschlossen. (c / Foto: imago images / photothek)


Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch das vom Bundesgesundheitsministerium eingebrachte Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) beschlossen. Das Gesetz enthält eine Reihe von Maßnahmen, die die Digitalisierung des Gesundheitswesens vorantreiben sollen. Für die Apotheker ist wichtig, dass sie sich bis zum 30. September 2020 an die Telematikinfrastruktur anbinden müssen. Einige wichtige Passagen zur Einführung der elektronischen Patientenakte waren zuletzt aus dem Gesetz herausgefallen – ebenso wie ein Honorar für die Apotheker, wenn sie E-Medikationspläne bearbeiten.

Das Digitale Versorgung-Gesetz (DVG) kann nach der Sommerpause im Bundestag beraten werden. Das Bundeskabinett hat dem Vorhaben am heutigen Mittwoch zugestimmt. Die wichtigste Änderung für die Apotheker ist eine Frist: Bis Ende September 2020 müssen alle Apotheken in Deutschland an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden sein. Die TI ist gewissermaßen die Datenautobahn des Gesundheitswesens, innerhalb derer künftig unter anderem E-Rezepte und E-Medikationspläne verschickt werden sollen. Die niedergelassenen Ärzte mussten sich schon zum 1. Juli dieses Jahres anbinden, etwa ein Drittel aller Praxen hinkt allerdings noch hinterher – und muss nun mit Regressen rechnen.

Was benötigen die Apotheken zur TI-Anbindung?

  1. Zunächst benötigen die Apotheker (alle!) einen elektronischen Heilberufsausweis (HBA), mit dem sie sich als Heilberufler im Netzwerk identifizieren. Rein technisch gesehen ist der HBA nicht zur Anbindung an die TI nötig. Die Apotheker brauchen ihn allerdings, um Zugang zu Anwendungen zu erhalten, in denen Patientendaten eine Rolle spielen – wie etwa der E-Medikationsplan. Die Landesapothekerkammern arbeiten daran, diese Ausweise zu erstellen und an die Apotheker zu verteilen.

  2. Damit jede Apotheke als Institution an das digitale Netz angeschlossen werden kann, benötigt der Inhaber eine sogenannte Institutionenkarte, auch „SMC-B-Karte“ genannt. Diese Karte ist notwendig, um die Apotheke beim TI-Netz anzumelden. Auch diese Karten werden von den Kammern ausgegeben.

  3. Außerdem benötigen die Apotheken neue Kartenlesegeräte, in die der HBA, die SMC-B-Karte aber auch die elektronische Gesundheitskarte (eGK) der Patienten eingesteckt werden können.

  4. Schließlich müssen die Apotheker einen sogenannten Konnektor anschaffen, um sich technisch ans Netz anzubinden. Der Konnektor ist das Verbindungsgerät, also ein Router, in der Telematikinfrastruktur.

Für die Apotheker ist im DVG bislang keine Sanktion vorgesehen, sollten sie die neue Frist nicht einhalten. Ob sich alle Apotheken in knapp 14 Monaten an die TI anbinden können, ist aber noch unklar. Denn an vielem Stellen hakt es noch: Die Apotheken müssen mit neuen Geräten (Konnektoren, Kartenlesegeräte) ausgestattet werden (siehe auf Seite 2 im Kasten). Außerdem muss jeder Pharmazeut von seiner Kammer einen elektronischen Heilberufsausweis bekommen. Hinzu kommt eine Institutionen-Karte, die alle Apotheken benötigen, um auf das System zugreifen zu können.

Apothekenhonorar für E-Medikationspläne soll später kommen

Doch das DVG, das Anfang 2020 in Kraft treten soll, enthält noch weitere Maßnahmen, die insbesondere darauf abzielen, neue digitale Versorgungsideen schneller in die Versorgung zu bringen. Dazu gehören unter anderem:

  • Die Bundesregierung schafft einen Leistungsanspruch der Versicherten auf digitale Gesundheitsanwendungen. Konkret geht es um Software und andere auf digitalen Technologien basierende Medizinprodukte mit gesundheitsbezogenen Zweckbestimmung („Gesundheits-Apps“). Dem BfArM wird die Aufgabe übertragen, ein amtliches Verzeichnis erstattungsfähiger digitaler Gesundheitsanwendungen zu führen und auf Antrag der Hersteller über die Aufnahme zu entscheiden. Die Bewertung des Nutzens solcher Gesundheits-Apps und die damit verbundene Erstattung durch die Krankenkassen verlaufen ähnlich wie bei Arzneimitteln. Wenn der Nachweis positiver Versorgungseffekte noch nicht möglich ist, werden die Apps zunächst befristet für ein Jahr in die Versorgung aufgenommen. In dieser Zeit verhandeln der Hersteller und der GKV-Spitzenverband eine Vergütung.
  • Krankenhäuser müssen bis Januar 2021 an die TI angebunden sein. Für Ärzte, die sich weiterhin nicht anschließen, wird der Honorarabzug von bislang 1 Prozent ab dem 1. März 2020 auf 2,5 Prozent erhöht. Hebammen und Physiotherapeuten sowie Pflegeeinrichtungen können sich freiwillig an die TI anschließen. Die Kosten hierfür werden erstattet.
  • Ärzte, die Online-Sprechstunden anbieten, sollen künftig leichter gefunden werden können. Darum dürfen sie künftig auf ihrer Internetseite über solche Angebote informieren.
  • Die Bundesregierung will es für Ärzte unattraktiver machen, Faxe zu versenden. Bislang erhalten Ärzte für ein versendetes Fax mehr Geld als für das Versenden eines elektronischen Arztbriefs. Die Selbstverwaltung wird beauftragt, das zu ändern. Außerdem haben die Mediziner künftig mehr Möglichkeiten, sich auf elektronischem Weg mit Kollegen auszutauschen.
  • Das E-Rezept für Heil- und Hilfsmittel soll eingeführt werden.
  • Der Innovationsfonds wird um fünf Jahre verlängert und mit weiteren 200 Millionen Euro jährlich ausgestattet.

Spahn scheitert mit ePA-Plänen

Zuletzt musste das BMG eine Schlappe beim DVG einstecken: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte auch die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) beschleunigen und neue Funktionen für die ePA gesetzlich vorschreiben. Dazu gehörten unter anderem ein elektronischer Impfausweis und die digitale Abspeicherung von Mutterpässen, Befunden und Röntgenbildern. Das Bundesjustizministerium widersprach diesem Vorhaben jedoch, Spahn musste einige Teile aus seinem Gesetz herausstreichen.

Auch für die Apotheker ist eine wichtige Regelung aus dem Gesetz herausgefallen: Im ersten Entwurf war vorgesehen, dass die Pharmazeuten künftig für das Bearbeiten der E-Medikationspläne fest vergütet werden sollen. Im DVG ist diese neue Vergütung nun nicht mehr enthalten. Aus Regierungskreisen erfuhr DAZ.online jedoch, dass das BMG diese Komponente in der geplanten Apothekenreform als eine pharmazeutische Dienstleistung etablieren will.



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4 Kommentare

Was heißt das, pharmazeutische Dienstleistungen werden ETABLIERT?

von Heiko Barz am 10.07.2019 um 20:15 Uhr

....die Vergütung wurde gestrichen und soll in einer „geplanten Apothekenreform“ als Dienstleistungsparameter etabliert werden... ich wiederhole meinen Kommentar:
Ja, ja und die Erde ist eine Scheibe.
Etabliert = Honoriert?
Etablieren hat nicht unbedingt auch finanziellen Ausgleich zur Folge.
Das Wort - etablieren - läßt alle Wege offen!
Ein Jurist lacht über diese Wortwahl.

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Ich seh hier

von Karl Friedrich Müller am 10.07.2019 um 14:01 Uhr

Nur einen Haufen Probleme auf uns zukommen.
Das System funktioniert nicht einwandfrei
(Bekam von Lauer eine Mitteilung, dass die Probleme am „Konnektor“ behoben seien, obwohl ich gar nicht dabei bin. Auch von Ärzten liest man immer wieder von Problemen. Telefonanlage geht nicht. Sicherheitsprobleme, Konnektor geht nicht, die Kartenleser gehen nicht.... to be continued)
Wieder ein Haufen Umstellung und Chaos
Wieder viel Kosten ohne jede Vergütung.
Unterm Strich wie immer: mehr Aufwand, nicht mehr Zeit, nicht mehr Angestellte, die man auch kaum bezahlen kann.
Ich hoffe, alle bei Politik und Krankenkassen haben bald ausgesponnen.
Mal abgesehen davon natürlich, dass das alles nur wieder dem Versand dient und man sich jede Beachtung von uns spart, weil wir ja eh in Kürze nur noch Geschichte sein sollen.

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AW: Ich seh hier

von Karl Friedrich Müller am 10.07.2019 um 14:08 Uhr

Ach ja. Übrigens vor ca 2 Jahren meldete die Kammer, dass bald die beiden Karten eingeführt werden sollen.
Obwohl man wusste, was kommt, ist NICHTS passiert. Wenn also mal wieder, wie der Kollege schreibt, die Versender schneller sind, hat das auch mit unseren „Machern“ in unserer Standesvertretung zu tun.

Nicht Freuen!

von Carsten am 10.07.2019 um 12:53 Uhr

Bevor sich die Kollegen jetzt über den erweiterten Zeitraum freuen:

Herr Spahn macht Druck bei den Ärzten, dass diese möglichst schnell eRezepte ausstellen. Gleichzeitig verlängert er die Frist bei den Apotheken, so dass diese möglichst erst später fertig werden.

Jetzt ratet mal, wer direkt von Anfang an bereitstehen wird, die eRezepte zu beliefern, die die Apotheken noch nicht mal technisch beliefern können ...

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