Bericht an Bundesregierung

Bundeskartellamt: Versandapotheken sind sinnvolle Alternative

Berlin - 08.07.2019, 13:15 Uhr

Das Bundeskartellamt hat im vergangenen Jahr den Markt der Arzneimittel-Versandhändler geprüft und sieht keinen Grund zur Besorgnis. (c / Foto: imago images / Spiegl)

Das Bundeskartellamt hat im vergangenen Jahr den Markt der Arzneimittel-Versandhändler geprüft und sieht keinen Grund zur Besorgnis. (c / Foto: imago images / Spiegl)


Der Markt der Arzneimittel-Versandhändler befindet sich derzeit in der Konsolidierung. Insbesondere die beiden EU-Versender DocMorris und Shop Apotheke wachsen kräftig – auch durch Übernahmen. 2018 übernahm DocMorris unter anderem das Versandgeschäft des deutschen Versenders Apo-Rot. Das Bundeskartellamt gab damals grünes Licht. In einem Tätigkeitsbericht gegenüber der Bundesregierung erklärt die Behörde nun ihre Entscheidung: Sie verweist auf den Marktanteil der Versender und erklärt, dass die Versandkonzerne eine „wirtschaftlich sinnvolle Alternative“ zu stationären Apotheken seien.

Als niederländische Kapitalgesellschaft darf DocMorris hierzulande weder eine Apotheke eröffnen noch übernehmen. Und doch ist es insbesondere in den vergangenen beiden Jahren vermehrt dazu gekommen, dass der EU-Versender auf dem deutschen Versandapotheken-Markt zugreift. Eine dieser Übernahmen war die „Kooperation“ mit der Hamburger „Apotheke am Rothenbaum“ (Apo-Rot). DocMorris betreibt seit Ende 2018 den Onlineversand von Apo-Rot von Heerlen aus. Die vier stationären Apotheken von Apo-Rot in Hamburg sowie 18 Partnerschaften mit weiteren Apotheken sollen erhalten bleiben, hieß es im Mai 2018 nach der Bekanntgabe des Deals. Die Inhaberin von Apo-Rot, Birgit Dumke, gab mit der Vereinbarung das Versandgeschäft, das 2017 mit 780.000 Kunden einen Umsatz von rund 100 Millionen Euro erzielte, somit komplett aus der Hand.

Die Übernahme wurde im vergangenen Jahr auch vom Bundeskartellamt untersucht, im September 2018 dann aber freigegeben. Schon damals wies die Behörde darauf hin, dass die Marktanteile der Versender am Rx-Geschäft bei rund 1,3 Prozent liegen. DocMorris und Apo-Rot hätten nach dem Zusammenschluss „unter 1 Prozent“ am Rx-Markt und gemeinsam unter 5 Prozent am Umsatzvolumen im gesamten OTC-Markt.

In einem Tätigkeitsbericht an die Bundesregierung aus den Jahren 2017 und 2018 erinnert das Bundeskartellamt nun an seine Untersuchung und stellt nochmals klar, dass man bei der Konsolidierung im Versandapotheken-Markt derzeit keine Probleme sehe. Denn:


Es zeigte sich, dass der Versandhandel nach dem sogenannten Bedarfsmarktkonzept und nach dem tatsächlichen Verbraucherverhalten aus Sicht der Nachfrager zumindest für Fertigarzneimittel eine wirtschaftlich sinnvolle Bezugsalternative zu den stationären Apotheken darstellt .Bei den Ermittlungen des Bundeskartellamtes wurden unter anderem unterschiedliche geographische Marktabgrenzungen zugrunde gelegt. Dabei stellte sich heraus, dass bei deutschlandweiter Betrachtung der addierte Marktanteil aller Versandapotheken bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln derzeit rund 1,3 Prozent und bei nicht-verschreibungspflichtigen Arzneimitteln rund 13,4 Prozent beträgt. (…) Auch bei kleinstmöglicher Marktabgrenzung auf Ebene einzelner Postleitzahlengebiete erwies sich die gemeinsame Marktposition der Parteien als wettbewerblich unbedenklich.“

Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamts


Verfahren gegen Großhändler eingestellt

Das Bundeskartellamt erinnert in seinem Bericht auch noch einmal an das Kartellverfahren gegen deutsche Pharmagroßhändler. Zur Erinnerung: Am 14. September 2016 hatten Beamte des Bundeskartellamtes zusammen mit Kräften der örtlichen Kriminalpolizei bundesweit Durchsuchungen bei Pharmagroßhändlern durchgeführt. Acht Großhändler waren betroffen: Kehr (Pharma Privat), Noweda, Gehe, Phoenix, Sanacorp, Alliance Healthcare, Hageda Stumpf und AEP. Es ging um den Verdacht, dass die Großhändler untereinander wettbewerbsbeschränkende Absprachen, insbesondere sogenannte Kundenschutzabsprachen, getroffen haben könnten. Im März des vergangenen Jahres hat das Kartellamt den Unternehmen mitgeteilt, dass eine Verurteilung unwahrscheinlich sei, die Ermittlungen wurden eingestellt.

In seinem Tätigkeitsbericht erklärt das Bundeskartellamt dazu:


Das Kartellverfahren gegen Pharmagroßhändler wurde im März 2018 nach § 46 Abs . 1 OWiG i .V .m . § 170 Abs . 2 StPO eingestellt, da nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Verurteilung der betroffenen Unternehmen und Personen nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Auch bei Durchführung weiterer möglicher Ermittlungsschritte war nicht damit zu rechnen, dass der Tatnachweis mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit gelingen werde. Es bestand daher kein hinreichender Tatverdacht i .S .v . § 170 Abs . 1 StPO .“

Tätigkeitsbericht des Bundeskartellamtes




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Teil der „Unsichtbaren und blinden Hand seit 1958“ ... unser Bundeskartellamt ...

von Christian Timme am 08.07.2019 um 21:09 Uhr

„Die Unternehmen versuchen deshalb, ihre Waren oder Dienstleistungen zu möglichst günstigen Preisen anzubieten und die Qualität zu verbessern.“ Siehe Generika aus ... was war das nochmal? ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Dienstaufsichtsbeschwerde !

von Dr. Ralf Schabik am 08.07.2019 um 19:40 Uhr

Eigentlich müsste man gegen die Verfasser der im Artikel zitierten Zeilen eine saftige Dienstaufsichtsbeschwerde stellen.
Die entblöden sich doch allen Ernstes nicht, mit "aus Sicht der Nachfrager zumindest für Fertigarzneimittel eine wirtschaftlich sinnvolle Bezugsalternative zu den stationären Apotheken" zu konstatieren und dabei ihre eigentliche Aufgabe, nämlich VORAUSSCHAUEND die Folgen von Entwicklungen zu beleuchten, vorsätzlich zu vernachlässigen.
Sorry ... solche Behörden sollte man schließen und die dort Beschäftigten lieber anderen Branchen zuführen ...
Statt dessen zahlen wir diese BÜROkraten auch noch mit unseren Steuergeldern ... einfach nur widerlich !

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Angewidert von solchen Fehleinschätzungen

von Marco Luckhardt am 08.07.2019 um 19:39 Uhr

Wollen diese Leute,
die z.Zt. die Regeln vorgeben und deren Auslegung der bestehenden Gesetze und Verordnungen so fatal falsch praktizieren...... und es auch noch schönreden,
wirklich, dass man sich abwendet und zu dem Schluss kommt, das man man mit diesem Mist , der uns als "Europa " und "Globalisierung" verkauft wird, nichts zu tun haben will.
Ich glaube die wollen das wirklich. Ich tu das auch. Weil kaputt machen lassen will ich mich nicht.
Schade , dass die Chance bei Europawahl vertan wurde.
Weil nach der Wahl nahm das Tempo dieser unsäglichen Entscheidungen rasant zu. Was lassen wir nur mit uns machen. Und keiner hilft. Politik und auch Verbandspolitik
sind erbärmlich und beschämend.

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Sinnvolle Alternative

von Roland Mückschel am 08.07.2019 um 16:19 Uhr

Könnte das Bundeskartellamt bitte auch darstellen
wie sich der Auslandsversand sinnvoll in
die Gemeinwohlpflichen einbringen kann?
Und die ganzen Vorschriften zu einer sicheren
Versorgung wahrnehmen kann, Transport etc.

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Sich die Disruption schönreden

von Christiane Patzelt am 08.07.2019 um 15:46 Uhr

und einen ganzen Zweig kaputt machen! Sind ja gott sei dank größtenteils Frauenarbeitsplätze, da isses nicht so schlimm.....wann kommt jetzt noch mal die Kette und Ibu vonner Tanke?

Ganz ehrlich: vom polnischen EuGh-Vorsitz bis zum Kartellamt fehlt jeglicher Sachverstand, die neue heilige Kuh kommt aus der Schweiz! Alle scheinen wie geblitzdingst!

Und wir Frauen? Wir sind lieb, wir machen nix, wir halten die Klappe auch wenn wir ständig ins Gesicht geschlagen werden. Wir bleiben lieber unten..bloß nicht auffallen, bloß nicht lautwerden...schhhh...sonst wirft man uns noch wie im 19 Jahrhundert Hysterie vor...
Es ist zum Heulen mit euch!

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