Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbandes

„Die Rabatte nicht zementieren“

Nürnberg - 04.07.2019, 11:30 Uhr

Hans-Peter Hubmann betonte bei der BAV-Mitgliederversammlung in Nürnberg die guten Seiten des Apotheken-Stärkungsgesetzes. (c / Foto: Lena Riemann-Mosinski/BAV)

Hans-Peter Hubmann betonte bei der BAV-Mitgliederversammlung in Nürnberg die guten Seiten des Apotheken-Stärkungsgesetzes. (c / Foto: Lena Riemann-Mosinski/BAV)


Bei der Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbands am gestrigen Mittwoch in Nürnberg betonte der Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann, wie wichtig es sei, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz komme: „Kein Gesetz zementiert genau das, was wir jetzt haben, nämlich dass die Versender Rabatte geben.“

Dr. Hans-Peter Hubmann stellte zu Beginn seiner Ausführungen zum Apotheken-Stärkungsgesetz klar: Der Königsweg zur Gleichpreisigkeit sei das Rx-Versandverbot, doch man müsse die Realitäten zur Kenntnis nehmen. Zwar bestätigten drei Gutachten, dass das Rx-Versandverbot europarechtlich möglich sei, aber der politische Wille fehle und deshalb könne man es als Interessenvertreter nicht durchsetzen. Ein adäquates Mittel, die Gleichpreisigkeit zu erreichen, sei die Regelung in § 129 SGB V; dies werde auch von Experten als gangbarer Weg gesehen.

Hubmann betonte, die ABDA sei nicht vorzeitig vom Rx-Versandverbot weggegangen, sondern erst als klar wurde, dass es nicht mehr möglich war. Mittlerweile gebe es im Gesetzentwurf eine sorgfältige Begründung des Boni-Verbots ohne Bezug auf § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG, der bekanntlich gestrichen werden soll. Trotzdem gehe er zu 99 Prozent davon aus, dass das Ganze wieder vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) lande, da die Versender weiterhin Boni geben wollten. Er sehe aber gute Chancen, diese Regelung vor dem EuGH zu verteidigen.

ApothekENpflicht und nicht ApothekERpflicht bei Dienstleistungen

Zur geplanten Streichung des „alten“ Rabattverbots für EU-Versender im Arzneimittelgesetz merkte Hubmann an, dass der Druck zur Streichung von § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG vom Kanzleramt komme, da man nicht mit einem Vertragsverletzungsverfahren in die EU-Ratspräsidentschaft gehen wolle.

Hubmann warnte davor, dass „uns die Zeit davonläuft“. Man wisse nicht, welches Verfallsdatum die Große Koalition habe. Jede andere Koalition sei schlechter, der Worst Case sei Rot-Rot-Grün.

Darum stimme er Magdalene Linz zu, die bei ihrer Abschiedsrede als niedersächsische Kammerpräsidentin kürzlich gesagt hat: „Lieber dieses Gesetz als kein Gesetz.“ Denn es schaffe Gleichpreisigkeit, die freie Apothekenwahl werde großgeschrieben und das Makeln von E-Rezepten verboten, es gebe mehr Geld für Notdienste und eine höhere BtM-Gebühr sowie den Anspruch auf pharmazeutische Dienstleistungen.

Die Dienstleistungen seien eine historische Chance, eine Honorierung jenseits des Packungshonorars, das ohnehin nicht angehoben werde, zu bekommen. Das Manko sei, dass das vorgesehene Finanzvolumen von 150 Millionen Euro zu gering sei. Wichtig sei bei den Dienstleistungen, dass es eine klare Abgrenzung gebe zu den Inhalten von § 20 Apothekenbetriebsordnung, der die Informations- und Beratungspflichten regelt. Außerdem sollten die Dienstleistungen nicht oder nur schwer von den Versendern zu  erbringen sein. Zudem müsse es eine ApothekENpflicht und keine ApothekERpflicht geben, damit das Auftreten von Dienstleistungsapothekern verhindert werde. Als weiteren bedeutenden Punkt verwies Hubmann darauf, dass die Dienstleistungen vom Apotheker veranlasst würden – das sei eine neue Legitimation und Machtbasis. Unverständlich sei in diesem Zusammenhang die Kritik vom SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach daran, dass die Apotheker das Dienstleistungshonorar selbst verteilen sollten. Das sei entweder dement oder böswillig, schließlich verteilten auch die Kassenärztlichen Vereinigungen die Honorare an die Ärzte.

Botendienst nur im Einzelfall, keine Abholfächer

Beim Thema Botendienst forderte Hubmann, dieser sollte weiterhin auf den Einzelfall begrenzt bleiben. Auch sollten Abholfächer unzulässig sein, da bei einer vorausgegangen Beratung via Telekommunikation die Nähe zum Versand zu groß sei. Das tue manchen Kollegen weh, so Hubmann, und er räumte ein, dass man darüber streiten könne.

In der anschließenden Diskussion betonte Hubmann, dass der jüngste Gesetzentwurf zum Apotheken-Stärkungsgesetz beim Thema Vertragsstrafen deutlich verschärft worden sei. Da diese direkt von den Zahlungen der Krankenkassen abgezogen werden sollten, habe man Zugriff auf die EU-Versender.

Wenig dramatisch sieht Hubmann auch, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz den PKV- Bereich ausnimmt. Das werde derzeit gehandelt wie der Untergang des Abendlandes, doch durch das Gesetz ändere sich nichts, da es schon jetzt Boni im PKV-Bereich gebe. Und dennoch liefen die Privatpatienten nicht  zu den Versendern, sondern wollten lieber schnell versorgt werden. Zudem werde zukünftig auch im PKV-Bereich die Substitution erlaubt, sodass die Patienten mehr sparen könnten als beim Versender und die gute Beratung hierzu zur Bindung an die Vor-Ort-Apotheke beitrage.

Hubmann sieht auch keine Gefahr für die Gleichpreisigkeit beim Herstellerabgabepreis. Das Risiko, dass die Hersteller den Versendern Rabatte gewährten, sei gering. Denn warum sollten sie das machen, wo sie doch ohnehin schon genug Rabatte geben müssten. Entwarnung gab Hubmann auch dazu, dass die Erhöhung der Notdienstvergütung und der BtM-Gebühr nicht im Apotheken-Stärkungsgesetz, sondern separat per Verordnung vom Bundeswirtschaftsministerium geregelt werden solle. Laut Spahn sei dies mit dem Bundeswirtschaftsministerium „durchdekliniert“ und werde zeitgleich in Kraft treten.

Bemerkenswerterweise unterstützte auch Alexander von Waldenfels von der Bayerischen Landesapothekerkammer die Ausführungen von Hubmann: Man habe lange für das Rx-Versandverbot gekämpft und mit dem Apothekerverband kontroverse Diskussionen geführt. Aber wenn der politische Wille fehle, dann stehe man am Ende mit leeren Händen da. Deshalb müsse man das Gesetz nun konstruktiv begleiten, denn: „Kein Gesetz ist viel schlechter als dieses.“



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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5 Kommentare

die rabatte......

von pille62 am 05.07.2019 um 9:53 Uhr

...das einzige was rechtssicher ist das RXVV, wie in über 20 weiteren EU-Ländern!
Die einzigen Parteien, die wenn ich es richtig weiss, für die Inhabergeführte Apotheke und RXVV einsetzen, sind die Afd und die Linke! Gefällt mir auch nicht wirklich.
Herr Hubmann, nennen Sie mir eine einzige Dienstleistung,die gemeinsam mit den Krankenkassen beschlossen und betriebswirtschaftlich aktraktiv war und ist!

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Konstruktive Begleitung

von von Waldenfels Alexander am 04.07.2019 um 16:39 Uhr

Meine Ausführungen auf der Mitgliederversammlung gibt meine persönliche Meinung und nicht die der Bayerischen Landesapotherkammer wieder. Eine kritische und konstruktive Haltung gegenüber dem Vorhaben halte ich persönlich für richtig. Das bedeutet nicht, dass alles abgenickt oder allem zugestimmt wird.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Konstruktive Begleitung

von von Waldenfels Alexander am 04.07.2019 um 16:39 Uhr

Meine Ausführungen auf der Mitgliederversammlung gibt meine persönliche Meinung und nicht die der Bayerischen Landesapotherkammer wieder. Eine kritische und konstruktive Haltung gegenüber dem Vorhaben halte ich persönlich für richtig. Das bedeutet nicht, dass alles abgenickt oder allem zugestimmt wird.

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Was ist denn da so schwer zu verstehen?

von Wolfgang Müller am 04.07.2019 um 16:00 Uhr

Was die Einführung und Honorierung von "Neuen Pharmazeutischen Dienstleistungen" betrifft, so erstaunt in den Ausführungen des Kollegen Hubmann vor Allem die geäußerte hochgefährliche, weil vollkommen missweisende Hoffnung, Folgendes sei auch nur eventuell möglich:

"Außerdem sollten die Dienstleistungen nicht oder nur schwer von den Versendern zu erbringen sein. Zudem müsse es eine ApothekENpflicht und keine ApothekERpflicht geben, damit das Auftreten von Dienstleistungsapothekern verhindert werde. "

Michael Holm (oder Otto Waalkes) würde sagen: "Nein nein mein Freund".

Ist das immer noch nicht wenigsten halbwegs angekommen, dass

zu 1) Versender jederzeit sogar zusätzliche lokale "Medikationsmanager" für allerbeste Hausbesuche installieren könnten, um an die Rezeptumsätze zu kommen? Wenn es nicht sowieso - was ich eher vermute - in fast allen Fällen komplett "digital" möglich wäre? Dabei setze ich sowieso voraus, dass die Versender klug genug sind, diese Leistung vor Allem wegen der damit bestens möglichen Rezeptumsteuerung ins Auge zu fassen, nicht wegen dem (ganz sicher nicht nennenswerten) zu erwartenden Gewinn, und

zu 2) es absolut keine Möglichkeit geben wird, verfassungsfest z. B. junge Apotheker, aber auch Andere, daran zu hindern, selbständig oder im Auftrag der GKVen Pharmazeutische Betreuung im weitesten Sinn anzubieten?

Diese Unkenntnis bzw. komplette Fehleinschätzung des Marktes und der Gesetzgebung sowie deren Möglichkeiten bei uns "ganz oben" zeigt, auf welch extrem dünnen Eis wir uns berufspolitisch im Zusammenhang mit dem Apothekenstärkungs-Gesetz im quasi religiös gewordenen Kapitel "Dienstleistungen" bewegen. Wobei ich dem Kollegen Hubmann bei den sonstigen Einschätzungen zum Gesetz folge, ebenso wie der Kollegin Linz.

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Wenn aus (eigenem) fehlendem politischen Willen eine „konstruktive Begleitung“ wird ...

von Christian Timme am 04.07.2019 um 11:57 Uhr

... fehlt es den „willfährigen Begleitern“ hoffentlich nicht an dem „Willen“ ... eine dekonstruktive Entwicklung „konstruktiv“ zu begleiten ...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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