Neuer Rahmenvertrag

Original ohne Rabattvertrag verordnet – muss es ein günstiger Import sein?

Stuttgart - 02.07.2019, 07:00 Uhr

Kann man bei einer Verordnung eines Originals ohne Rabattvertrag das Original überhaupt noch abgeben oder muss es ein preisgünstiger Import sein? (c / Foto: imago images / Science Photo Library)

Kann man bei einer Verordnung eines Originals ohne Rabattvertrag das Original überhaupt noch abgeben oder muss es ein preisgünstiger Import sein? (c / Foto: imago images / Science Photo Library)


Der neue Rahmenvertrag ist seit dem gestrigen Montag in Kraft. Es gibt zahlreiche Neuerungen. Unter anderem wurde eine „Abgaberangfolge“ festgelegt. Dass es erst einmal viele Fragen gibt, ist wohl kaum überraschend. Eine davon ist: Wenn eine Verordnung eines Originals ohne Rabattvertrag vorliegt, darf man das Original überhaupt noch abgeben oder muss es ein preisgünstiger Import sein?

Eine der wesentlichen Neuerungen im neuen Rahmenvertrag ist die Unterscheidung zwischen Generika- und Importmarkt (§ 9). Im Importmarkt bewegt man sich unter anderem

  • bei Verordnungen über Fertigarzneimittel, zu denen es außer dem Importarzneimittel keine Auswahlmöglichkeit gibt – also, wenn zum Beispiel ein patentgeschütztes Original verordnet ist 
  • beziehungsweise im Falle einer Importverordnung, wenn es außer dem Original keine Auswahlmöglichkeit gibt. 

DAP-Arbeitshilfen zum neuen Rahmenvertrag

Das DeutscheApothekenPortal stellt Arbeitshilfen zum neuen Rahmenvertrag zur Verfügung.  Zur Übersicht über alle Arbeitshilfen geht es hier.

Erste Frage: Rabattvertrag?

Laut Abgaberangfolge ist die erste Frage, die man sich in einem solchen Fall stellen muss: Gibt es einen Rabattvertrag? Falls ja, dann ist zum Beispiel ein rabattierter Import bevorzugt abzugeben. Das gilt auch bei gesetztem Aut-idem-Kreuz und Wirkstoffen der Substitutionsausschlussliste, weil Import und Original als identisch angesehen werden. Andersherum gilt bei einer Importverordnung: Wenn es einen Rabattvertrag über das Original gibt, ist das Original abzugeben.

Und wenn es keinen Rabattvertrag gibt? Dann greift § 13 des Rahmenvertrags. Dort heißt es:


„Im importrelevanten Markt (Anm. d. Red.: bei Fertigarzneimitteln, bei denen die Abgabe eines rabattierten Fertigarzneimittels nicht möglich ist) ist grundsätzlich die Abgabe von Referenzarzneimittel, Importarzneimittel und preisgünstigen Importarzneimitteln möglich. Es darf nur ein Fertigarzneimittel ausgewählt werden, das unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rabatte nicht teurer als das namentlich verordnete Fertigarzneimittel ist. Im importrelevanten Markt besteht ein Abgabevorrang für preisgünstige Importarzneimittel in Form eines Einsparziels nach Absatz 5.

 § 13 Absatz 2 des Rahmenvertrag


Der Kommentar bring Klarheit

„Ein Abgabevorrang für preisgünstige Importarzneimittel“ – bedeutet das, dass man auch bei einer Originalverordnung nur diese preisgünstigen Importe abgeben darf? 

Klarheit bringt der Blick in den Kommentar zum Rahmenvertrag. Dort heißt es nämlich für den Fall, dass keine Rabattverträge geschlossen sind:


vorrangig: Abgabe eines preisgünstigen Imports zur Erfüllung des Einsparziels in Höhe von 2 Prozent. 
ebenfalls möglich: Abgabe eines Arzneimittels unter Einhaltung des ärztlichen Preisankers. D.h. nicht teurer als verordnet (je nach Preisobergrenze der Verordnung bis hin zum Original und/ oder „I“-Importarzneimittel möglich.

DAV-Kommentar zum Rahmenvertrag


Preisanker setzt das Original

Bei einer Verordnung über ein Original, für das es keinen Rabattvertrag gibt, setzt das Original den Preisanker. Somit kann das Original oder jeder günstigere Import abgegeben werden.

Wenn das Einsparziel noch nicht erreicht ist, kann so ein Vorgehen natürlich diesbezüglich von Nachteil sein. Deswegen erfolgt auch ein Warnhinweis in der Software. Aber eine Retaxation ist nicht zu befürchten.

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Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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3 Kommentare

Rahmenvertrag

von Thomas Johne am 07.07.2019 um 12:14 Uhr

gibt es juristische Möglichkeiten die Unterzeichner dieses
Vertrages persönlich haftbar zu machen ?

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Das Ziel ist klar

von J.M.L. am 02.07.2019 um 11:45 Uhr

Das Apothekensterben geht weiter, gleichlange Spieße ist eine Farce, die ABDA nimmt das alles billigend in Kauf, Versand ist ökologisch ein Super-Gau, eRezept ist und bleibt datentechnisch unsicher, je mehr Apotheken schließen, desto weniger Widerstand gibt es seitens der Apothekerschaft, die Heuschrecken sind da, das böse Erwachen wird kommen aber dann haben andere das Sagen und das jetzige Trio Infernale seine Schäfchen längst im Trockenen. Zurück bleibt verbrannte Erde. Die Dummen sind letztlich der deutsche Patient und die vielen jungen gut ausgebildeten Arbeitskräfte. Ich habe es immer verdrängt und wollte es nicht wahrhaben, aber wir sind wirklich eine Bananenrepublik.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Die Vereinfachung der Vereinfachung ... nur auf GKV-Rezept ...

von Christian Timme am 02.07.2019 um 7:42 Uhr

Es könnte alles so schön und einfach sein. Wirkungsoffen & gaaanz billig sollte das „ideale GKV-Arzneimittel“ schon sein ... und was wird angezeigt? Noch nicht mal das .. kriegen die mit der „Digitalisierung“ hin ...

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