Walgreens Boots Alliance

Apothekenkette Boots schließt 200 Apotheken

Berlin - 01.07.2019, 10:30 Uhr

Die UK-Apothekenkette Boots will 200 ihrer etwa 2500 Standorte im Königreich schließen. Der Mutterkonzern steht finanziell unter Druck. (c / Foto: imago images / Loop Images)

Die UK-Apothekenkette Boots will 200 ihrer etwa 2500 Standorte im Königreich schließen. Der Mutterkonzern steht finanziell unter Druck. (c / Foto: imago images / Loop Images)


Die britische Apothekenkette Boots, die vom internationalen Pharmahandelskonzern Walgreens Boots Alliance kontrolliert wird, will in den kommenden 18 Monaten rund 200 Apotheken schließen. Das entspricht etwa 8 Prozent aller Apotheken, die WBA im Vereinigten Königreich besitzt. Die Apotheken und Kettenkonzerne stehen aufgrund eines Sparprogramms der Regierung seit Jahren unter Druck. Auch die McKesson-Tochter Lloydspharmacy hat schon zahlreiche Apotheken abgestoßen.

Der Pharmahandelskonzern Walgreens Boots Alliance (WBA) hat am vergangenen Freitagnachmittag seine Zahlen für das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2019 bekanntgegeben. Sie zeigen, dass der Konzern weiter unter Druck steht: Das operative Betriebsergebnis sank um knapp 25 Prozent auf 1,2 Milliarden US-Dollar. Ebenso sanken die Nettoerträge des Konzerns um knapp 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und lagen bei etwa 1 Milliarde US-Dollar. Der Umsatz konnte allerdings leicht ansteigen und lag bei 34,6 Milliarden US-Dollar, das entspricht einem Plus von etwa 0,7 Prozent. Der Konzern, zu dem auch der deutsche Großhändler Alliance Healthcare gehört, führt dies zurück auf Wachstum im US-Einzelhandel sowie im US-Großhandelsgeschäft.

In Großbritannien verläuft das Apothekengeschäft des WBA-Konzerns ebenso leicht rückläufig: Die Umsätze der Apothekenkette Boots sind laut WBA um knapp 1 Prozent gesunken. Wobei der Umsatz mit Apothekenprodukten sogar leicht angestiegen sei (0,8 Prozent) und die Einzelhandelssparte in den Boots-Geschäften rund 2,6 Prozent an Umsatz verloren habe. Aber: Boots gewinne deutlich an Marktanteilen trotz „Schwächen in gewissen Kategorien“, heißt es in einer Pressemitteilung zu den Ergebnissen. Mehrere britische Medien berichten nun, dass der Konzern aufgrund dieser Ergebnisse mit Eingriffen in die Apothekenstruktur reagieren will. Konkret sei ein „Apotheken-Optimierungsprogramm“ geplant. 

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Das Nachrichtenportal für Apotheker „Chemist and Druggist“ berichtet aus einem Gespräch mit den Boots-Konzernspitzen, demzufolge rund 200 Apotheken im Vereinigten Königreich geschlossen werden sollen. Welche Standorte betroffen sind, teilte der Konzern noch nicht mit. Allerdings gehe es um Apotheken, die in „Laufdistanz“ zu einer anderen Boots-Apotheke liegen. Außerdem seien die zu schließenden Standorte „relativ klein“, in solchen Geschäften sei der Lohn des Apothekers der größte Ausgabenfaktor. 

Honorarkürzungen führen zu Schließungen und Einsparungen

Einen „signifikanten“ Stellenabbau werde es aber vermutlich nicht geben, da man die Mitarbeiter größtenteils in anderen Filialen weiterbeschäftigen wolle, heißt es in dem Artikel mit Bezug auf die Äußerungen der Konzernspitze. Es sei daher „ziemlich logisch“, etwa 200 „weniger effiziente“ Apotheken zu schließen. Als einen der Gründe nennt die Konzernspitze das seit Jahren wirkende Sparprogramm im Gesundheitsdienst NHS. „Unser UK-Apothekengeschäft wurde beeinflusst durch zwischenzeitliche industrieweite NHS-Vergütungsabsenkungen und höhere Preise bei Generika. Diese Einflüsse konnten nur teilweise durch ein höheres Verordnungsvolumen aufgefangen werden“, sagte Boots-Finanzchef James Kehoe.

Zur Erklärung: Der englische Gesundheitsdienst NHS kämpft seit Jahren mit Finanzproblemen. In den vergangenen Jahren wurden daher mehrere Spargesetze beschlossen, um die Ausgaben zu reduzieren. 22 Milliarden Britische Pfund, das sind etwa 28 Milliarden Euro, will die Regierung bis 2021 im staatlichen Gesundheitswesen Großbritanniens insgesamt einsparen. Alleine beim Apothekenhonorar sollen etwa drei Milliarden Euro pro Jahr weniger ausgegeben werden. Die Kürzungen verliefen in mehreren Abschnitten: Zwischen Dezember 2016 und März 2017 gab es mit rund 12 Prozent den ersten heftigen Einschnitt, weitere 7,4 Prozent sollen im laufenden Geschäftsjahr abgezogen werden.

DAZ.online hatte bereits darüber berichtet, wie die Apothekenketten des Landes mit der Kürzungswelle umgehen. Lloydspharmacy, die Kette von McKesson Europe (ehemals Celesio), gab vielfache Schließungen bekannt: Knapp 170 Apotheken wurden bereits abgestoßen, also entweder verkauft oder geschlossen. Die Frage, wie die Pharmahandelskonzerne strategisch auf die Einsparungen reagieren, ist relevant für die Versorgung – schließlich kontrollieren alleine die fünf größten Kettenunternehmen Boots, Lloydspharmacy, Well, Rowlands und Tesco zusammen etwa 5700 Standorte.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Konzentration - weg von der Fläche

von ratatosk am 01.07.2019 um 18:47 Uhr

Ist nur logisch für die reine Geschäftspolitik eines Großkonzerns, wird hier auch kommen, da es durch die staatlichen Vorgabend zwingend ist und auch völlig legal, Rendite fürs Großkapital geht vor, als Angestellter arbeitet man sich auch nicht für die GKV auf, warum auch, lieber sucht man dort einen Schonarbeitsplatz, damit die Life - work - balance stimmt, digital per App verwaltet, ist der Vortschritt nicht toll ?

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