Gürtelrose

Therapie des Herpes zoster

Stuttgart - 28.06.2019, 12:48 Uhr

Keine antivirale topische Therapie bei Gürtelrose! Und: Eine adäquate Schmerztherapie sollte stets parallel zu einer oralen oder parenteralen Virustatikabehandlung erfolgen. (Foto: lesslemon / stock.adobe.com)

Keine antivirale topische Therapie bei Gürtelrose! Und: Eine adäquate Schmerztherapie sollte stets parallel zu einer oralen oder parenteralen Virustatikabehandlung erfolgen. (Foto: lesslemon / stock.adobe.com)


Herpes zoster ist nicht nur unangenehm. Die Virusinfektion kann auch fiese Spätfolgen wie Post-Zoster-Neuralgien mit sich bringen. Was tun? Wie erfolgt die Behandlung einer Gürtelrose – topisch mit Antiviralia oder doch lieber oral oder gar parenteral? Und erfolgt die Analgesie nach WHO-Stufenschema oder behandelt man Zosterschmerzen wie einen neuropathischen Schmerz?

Kein Zoster ohne Varizellen: Herpes zoster stellt keine Neuinfektion mit Varicella-zoster-Viren dar. Das Krankheitsbild der Gürtelrose (Herpes zoster) entsteht nur bei endogener Reaktivierung der nach erstmaliger Infektion in den Spinalganglien persistierenden Varicella-Viren. Zum Rezidiv kommt es in der Regel bei immungeschwächten oder älteren Personen. Doch auch bei eigentlich immunkompetenten und jüngeren Menschen – auch bei Kindern – kann sich eine Gürtelrose breit machen. Was tun? Wie therapiert man eine Gürtelrose – antiviral oder rein symptomatisch? Topisch oder systemisch und wenn systemisch: oral oder parenteral? Behandelt man einen Herpes zoster grundsätzlich bei allen Patienten?

Frühe Behandlung …

In einem Punkt sind sich die Experten einig. Die Behandlung eines Herpes zoster sollte möglichst frühzeitig nach Auftreten der ersten Hautveränderungen begonnen werden – am besten innerhalb von 72 Stunden oder zumindest so lange noch frische Bläschen vorhanden sind. Der Grund: In späteren Stadien vermehren sich die Viren meist nicht mehr, was bedeutet – den antiviralen Arzneimitteln fehlt der Angriffspunkt. Aciclovir beispielsweise inhibiert in seiner aktiven Form, als Triphosphat, die Virus-DNA-Polymerase und hemmt so die Virusreplikation. Dies funktioniert natürlich nur, solange sich die Varicella-Viren auch vermehren. Eine frühzeitige Therapie beschleunigt die Heilung der Läsionen und die Linderung des Gürtelrose-assoziierten Schmerzes. Auch reduziert die antivirale Behandlung das Risiko für das Auftreten einer Post-Zoster-Neuralgie.

… und keine topische antivirale Therapie

Virustatitika, mit denen Herpes Zoster behandelt wird, können entweder oral oder parenteral eingesetzt werden. Eine rein topische Therapie mit Antiviralia wird hingegen nicht empfohlen, im Gegensatz zu Herpes-simplex-Infektionen. Hier kommen auch lokale Virustatika zum Einsatz. Ob Gürtelrose nun oral mit Aciclovir, Famciclovir, Valaciclovir oder Brivudin behandelt wird oder doch mit intravenöser Infusion – Aciclovir ist als einziges der genannten Antiviralia auch parenteral zugelassen und verfügbar –, hängt vom Patienten ab.

Wer wird behandelt?

„Über 50-jährige Patienten, immungeschwächte Personen und komplizierte Fälle (bei Organbeteiligung oder Befall des Gesichts) werden immer behandelt“, erklärt der Berufsverband der Internisten auf seiner Homepage. Erwartet man bei behandlungsbedürftigen Zoster-Patienten einen unkomplizierten Verlauf der Gürtelrose – wie bei Immunkompetenten –, genügt die orale Einnahme von Aciclovir, Famciclovir, Valaciclovir oder Brivudin. Das empfiehlt auch das Robert Koch-Institut: „Bei immunkompetenten Patienten ist neben der sorgfältigen Hautpflege eine orale antivirale Therapie, zum Beispiel mit Aciclovir, indiziert. Dadurch werden die Heilung der Läsionen und das Sistieren des mit Herpes zoster assoziierten Schmerzes beschleunigt“.

Wie sieht es für Patienten unter Immunsuppression aus? Bei immungeschwächten Herpes-zoster-Patienten mit schwerer Erkrankung muss Aciclovir als Infusion gegeben werden, finden die Internisten. Eine Zulassung für nur leicht bis mäßig Immunsupprimierte hat auch orales Valaciclovir, auch Famciclovir darf bei Immunsuppression oral gegeben werden. Brivudin hingegen ist lediglich bei Immunkompetenten zugelassen.

An Schmerztherapie denken!

Was laut einem Bericht der Ärztezeitung (2017) häufig vergessen wird: eine ausreichende Analgesie. Der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS), Dr. med. Oliver Emrich, erklärte damals, dass eine Schmerztherapie frühzeitig eingeleitet werden soll, und „der Schmerz wird von vornherein behandelt wie ein neuropathischer Schmerz“. Ältere Empfehlungen, eine Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema durchzuführen, seien obsolet. Die Schmerztherapie sollte laut der Ärztezeitung nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie erfolgen. Mittel der ersten Wahl seien trizyklische Antidepressiva, wie beispielsweise Amitryptilin, gegebenenfalls selektive Serotonin-(Noradrenalin-) Wiederaufnahmehemmer (SSRI/SNRI) wie Duloxetin sowie Gabapentin oder Pregabalin, bei einschießenden Schmerzen vor allem Carbamezepin. In einem neueren Artikel „Schmerztherapie bei Herpes zoster“ von 2018 wird dieser Gedanke aufgegriffen und thematisiert. Jedoch erklären die Autoren, dass sich die meisten Leitlinien, die europäische und die der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, zwar noch am WHO-Schema orientieren, „allerdings werden zunehmend Rufe laut, von dem Modell der WHO abzuweichen und den akuten ebenso wie den chronischen Zoster-Schmerz direkt als neuropathischen Schmerz zu behandeln“.

Laut der Ärztezeitung können auch Lokaltherapien wie Lidocain- oder Polidocanol-haltige Salben genutzt werden. 
Lokal kann die Abheilung des Exanthems auch mit Lotio alba unterstützt werden.

Eine Leitlinie „Zoster und Zosterschmerzen“ wird derzeit erstellt. Geplant war die Veröffentlichung Ende Juni 2019.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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