Mehr als 4000 Arzneimittel in 2018

Arzneimittel auf Ebay – BMG will Gesetzeslage prüfen

Berlin - 20.06.2019, 12:50 Uhr

Immer häufiger werden Arzneimittel über Portale wie Ebay oder Ebay Kleinanzeigen illegal angeboten. Das BMG will nun die Gesetzeslage dazu überprüfen. (Foto: imago images / Steinach)

Immer häufiger werden Arzneimittel über Portale wie Ebay oder Ebay Kleinanzeigen illegal angeboten. Das BMG will nun die Gesetzeslage dazu überprüfen. (Foto: imago images / Steinach)


Seit Jahren kämpft der Verein Freie Apothekerschaft gegen die zunehmenden Arzneimittel-Verkäufe auf Internetportalen wie Ebay oder Ebay Kleinanzeigen. Im vergangenen Jahr hat der Verein mehr als 4000 Medikamente registriert, die illegal angeboten wurden. Die Linken-Politikerin und Apothekerin Sylvia Gabelmann hat das Bundesgesundheitsministerium dazu befragt. Und siehe da: Das Ministerium erklärt, man wolle die aktuelle Gesetzeslage überprüfen, um eventuelle „Strafbarkeitslücken“ zu schließen.

Immer häufiger werden Arzneimittel (OTC und Rx) von Privatverkäufern illegal über Verkaufsportale angeboten und verkauft. Haar­wuchs­mit­tel, Na­sen­spray, In­su­lin, An­ti­bio­ti­ka und sogar Contergan – alles Arzneimittel, die schon via Ebay verkauft wurden. Die Freie Apothekerschaft hat diese Angebote seit Jahren im Visier und weist Politik, Behörden und die Medien immer wieder auf diesen Missstand hin. Der Verein führt auch ein eigenes Register über illegale Arzneimittel-Angebote. 2017 waren es laut Freie Apothekerschaft etwa 2700 Arzneimittel, die über Ebay, Ebay Kleinanazeigen oder andere Portale angeboten wurden. Dem Verein zufolge ist die Zahl im vergangenen Jahr auf knapp über 4000 geklettert, etwa 1000 Präparate davon waren verschreibungspflichtig.

Die Freien Apotheker hatten sich mit ihrer Beschwerde auch schon einmal direkt an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gewendet. Die Antwort aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) fiel relativ gelassen aus. Das BMG stellte klar, dass das Arzneimittelgesetz (AMG) klar sei und solche Angebote verbiete. Doch der Verein wollte sich damit nicht zufrieden geben: Denn die Zahl der Angebote steigt – und gleichzeitig steigt dem Verein zufolge auch die Anzahl der Portale, auf denen Medikamente angeboten werden.

Die Freien Apotheker schrieben in den vergangenen Monaten daher mehrere Bundestagsmitglieder an, darunter auch die Linken-Politikerin und Apothekerin Sylvia Gabelmann. Die Politikerin griff das Thema auf und befragte das BMG in einer schriftlichen Frage zu diesem Thema. Gabelmann wollte unter anderem wissen, welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht, die Betreiber der Plattformen strafrechtlich stärker in die Pflicht zu nehmen. Die Antwort aus dem Ministerium liegt DAZ.online vor.

BMG: 916 registrierte Fälle, Unterscheidung aber nicht möglich

Das Ministerium weist zunächst auf die Zahl der registrierten Fälle von illegal gehandelten Arzneimitteln hin. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) sind unter der Schlüsselnummer 716430 (Arzneimittel in der illegalen Verteilerkette) für das Jahr 2018 demnach insgesamt 916 Fälle erfasst worden. Allerdings: Eine weitere Aufschlüsselung gibt es laut BMG nicht. Es ist also unmöglich festzustellen, welche dieser erfassten Fälle über das Internet und im Speziellen über Verkäufer-Plattformen gingen.

Das ist offenbar auch dem BMG ein Dorn im Auge. Das Ministerium erinnert in diesem Zusammenhang an den Koalitionsvertrag der Großen Koalition: „Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass es möglich sein muss, auch Straftaten, die unter Nutzung des Internets begangen werden, effektiv zu verfolgen. Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode sieht vor, dort, wo Strafbarkeitslücken bestehen, eine Strafbarkeit für das Betreiben krimineller Infrastrukturen einzuführen, um speziell im Internet eine Ahndung von Delikten wie z.B. das Betreiben eines Darknet-Handelsplatzes für kriminelle Waren und Dienstleistungen zu ermöglichen.“

BMG will eventuelle Strafbarkeitslücken schließen

Und daher nimmt das BMG offenbar auch den Hinweis auf die vermehrten illegalen Arzneimittel-Verkäufe ernst und will dies nun in seine Arbeit miteinbeziehen. Konkret heißt es in dem Schreiben an Sylvia Gabelmann: „Die Bundesregierung prüft derzeit, inwiefern konkrete Sachverhalte von der geltenden Gesetzeslage nicht oder nicht ausreichend strafrechtlich erfasst werden und wie etwaige Strafbarkeitslücken geschlossen werden können.“

Mit seiner früheren Antwort, dass es schon jetzt mehrere Möglichkeiten gäbe, solche Aktivitäten unter Strafe zu stellen, lag das BMG trotzdem richtig. Hier ein Überblick:

Die Strafbarkeit illegaler Arzneimittelverkäufe

Laut BMG machen sich die Plattformbetreiber heute schon nach dem AMG oder dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) strafbar, wenn sie

  • unerlaubt mit Rx-Arzneimitteln handeln (§95 Absatz 1 Nummer 4 des AMG) und somit eine Strafbarkeit wegen Beihilfe in Betracht kommt,
  • Beihilfe zum unerlaubten Handel mit BtM leisten (§29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des BtMG),
  • eine unbefugte Abgabe von Betäubungsmitteln verschaffen, gewähren oder eine Gelegenheit dazu eröffnen (ebenfalls § 29 BtMG) oder eine öffentliche und eigennützige Mitteilung dazu machen.

Aus Sicht der Freien Apothekerschaft reichen die heutigen strafrechtlichen Mechanismen aber nicht mehr aus, um gegen die Portalbetreiber tätig zu werden. Reinhard Rokitta, Schatzmeister des Vereins, freut sich zwar, dass das BMG die Sache nun im Auge hat. Allerdings würde er sich noch mehr freuen, wenn die Portalbetreiber solche illegalen Angebote schon beim Einstellen verhindern würden. Wörtlich sagte Rokitta gegenüber DAZ.online:


Es ist gut, dass die Bundesregierung jetzt prüfen will, ob man für den Verkauf von Arzneimitteln über solche Verkaufsportale die Gesetzeslage anpassen muss. Das sollte aber schnell gehen. Denn es sind ja längst nicht mehr nur Ebay und Ebay Kleinanzeigen, auf denen Arzneimittel verramscht werden. Es kommen immer mehr Portale hinzu, neu sind auch immer mehr Angebote in sozialen Netzwerken. Und auch die Zahl des BMG ist längst nicht ausreichend: Unseren Berechnungen zufolge wurden im vergangenen Jahr mehr als 4000 Arzneimittel illegal über Verkaufsportale angeboten, darunter etwa 1000 Rx-Präparate. Unser Vorschlag wäre, dass die Portalbetreiber Filter in die Angebotserstellung einbauen, sodass früh gemerkt wird, dass ein Arzneimittel angeboten werden soll. Oder es muss ein besseres Monitoring geben. Die Freie Apothekerschaft ist jedenfalls weiterhin dazu bereit, das BMG in dieser Sache zu unterstützen und beispielsweise an einem Runden Tisch mitzuwirken.“

Reinhard Rokitta, Freie Apothekerschaft




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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