Schwerwiegende bakterielle Infektionen

FDA warnt vor Infektionsrisiko durch Stuhltransplantation

Stuttgart - 19.06.2019, 11:30 Uhr

Fäkale Mikrobiota werden bei einer Stuhltransplantation übertragen. Das kann bei  rezidivierenden
Clostridien-Infektionen helfen, birgt aber auch Risiken. Deswegen verlangt das BfArM umfangreiche Tests. ( r / Foto: Anatomy Insider /Stock.adobe.com)

Fäkale Mikrobiota werden bei einer Stuhltransplantation übertragen. Das kann bei rezidivierenden Clostridien-Infektionen helfen, birgt aber auch Risiken. Deswegen verlangt das BfArM umfangreiche Tests. ( r / Foto: Anatomy Insider /Stock.adobe.com)


Laut einem Bericht der US-Aufsichtsbehörde FDA sind durch Stuhltransplantationen multiresistente Bakterien übertragen worden. Zwei Empfänger haben demnach invasive bakterielle Infektionen entwickelt. Der Spenderstuhl wurde allerdings vor der Verwendung nicht auf multiresistente Erreger getestet. Auch in Deutschland kommen Stuhltransplantate zum Einsatz, vor allem zur Therapie rezidivierender Clostridien-Infektionen. Das BfArM weist in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Bedeutung von Spenderauswahl und -testung hin.

Bei langwierigen, rezidivierenden Verläufen von Infektionen mit Clostridioides (früher Clostridium) difficile kann nach Ausschöpfung der antibiotischen Optionen eine Stuhltransplantation (oder fäkale Mikrobiota-Transplantation, kurz FMT) erwogen werden. Diese wirksame und zumindest akut nebenwirkungsarme Therapieoption wird deutschlandweit an Zentren durchgeführt. Dabei wird der Stuhl oder aus dem Stuhl gewonnene Bakterien eines gesunden Spenders auf einen Patienten übertragen, dessen eigene Darmflora irreparabel zerstört ist. Die Stuhltransplantate gelten nach § 2 Abs.1 AMG als Arzneimittel. Zugelassene Arzneimittel, die auf FMT basieren, gibt es derzeit in der EU nicht. Der behandelnde Arzt stellt das Arzneimittel FMT unter seiner unmittelbaren fachlichen Verantwortung her. Die Herstellung ist erlaubnifsrei, muss aber nach § 67 Abs. 1 und 2 AMG angezeigt werden.

Stuhltransplantationen sind nicht risikofrei. Sie bergen immer das potenzielle Risiko der Übertragung von Infektionserregern über den Stuhl sowie der Aktivierung unerwünschter immunologischer, metabolischer oder neoplastischer Prozesse im Empfänger.

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Ersteres ist nun in den USA nun passiert. Wie die Aufsichtsbehörde FDA mitteilt, sind bei einer klinischen Anwendung von FMT multiresistente Bakterien übertragen worden. Deswegen wurde eine Warnung zum möglichen Risiko von schwerwiegenden bakteriellen Infektionen durch Übertragung von multiresistenten Erregern im Rahmen dieser Therapieoption veröffentlicht. Laut Bericht kam es bei zwei Empfängern zu invasiven bakteriellen Infektionen. Einer der Empfänger verstarb. Beide erhielten ein Präparat, das aus dem Stuhl desselben Spenders hergestellt wurde. Vor der Verwendung wurden Spenderstuhl bzw. das aufbereitete FMT-Präparat nicht auf multiresistente Erreger getestet.

BfArM: Spenderauswahl und -testung  sind wichtig

Das BfArM weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass, um das Risiko einer durch FMT übertragenen Erkrankung möglichst gering zu halten, der Spenderauswahl und -testung eine besondere Bedeutung zukommt. So müsse die Spenderauswahl mehrere Stufen umfassen. Neben einer ausführlichen Anamnese müssten Blut und Stuhl des Spenders sowie die Stuhlspende selbst auf relevante Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze getestet werden. Die in den USA aufgetretenen schwerwiegenden Nebenwirkungen machten es zwingend erforderlich, dass ein Ausschluss von Spendern mit einem erhöhten Risiko für die Besiedlung mit multiresistenten Erregern erfolge und der Spenderstuhl vor Anwendung am Patienten auf multiresistente Erreger untersucht werde, so das BfArM.

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Auch bei Anträgen für die Genehmigung von klinischen Studien hat das BfArM hohe Sicherheitsanforderungen, zum Beispiel eine umfassende und mehrstufige Spenderauswahl und -testung gefordert, die auch multiresistente Erreger beinhaltet. Außerdem gibt es eine lange Liste von Ausschlusskriterien für Stuhlspender. Dazu gehören zahlreiche Erkrankungen, aber auch ein BMI > 30, langfristige Behandlung mit Protonenpumpenhemmern, im letzten halben Jahr gemachte Reisen in bestimmte Länder oder Hochrisiko-Sexualverhalten



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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