PwC-Healthcare-Barometer 2019

Jeder Zweite hat beim EU-Versandhandel Angst vor Produktpiraterie

München - 14.06.2019, 10:15 Uhr

Real und Fake: Patienten, die online Arzneimittel bestellen ängstigen sich vor gefälschten Arzneimittel. (Foto: monropic / stock.adobe.com)

Real und Fake: Patienten, die online Arzneimittel bestellen ängstigen sich vor gefälschten Arzneimittel. (Foto: monropic / stock.adobe.com)


Zwei Drittel der Deutschen kaufen ihre Medikamente im Internet, doch die Sorge vor Produktpiraterie beim EU-Versand ist groß. Beim Aspekt „Vertrauen“ können die Vor-Ort-Apotheken deutlich punkten. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.

Den Angaben von PwC zufolge haben 66 Prozent der befragten 1.000 Deutschen bereits rezeptfreie oder verschreibungspflichtige Arzneimittel im Internet bestellt. Weitere 10 Prozent planten, dies künftig zu tun. Dagegen würden lediglich 24 Prozent die Online-Konkurrenz ablehnen und ihrer Apotheke vor Ort treu bleiben, wie das Prüfungs- und Beratungsunternehmen im „Healthcare-Barometer 2019“ ermittelt hat.

Vor allem Ältere kaufen Arzneimittel online

Die Untersuchung kommt zudem zu dem Ergebnis, dass nicht nur die Generation Digital auf den Medikamentenversand setzt. Gerade ältere Menschen über 55 Jahre würden oftmals im Internet bestellen, insbesondere rezeptfreie Arzneimittel. Während in dieser Altersgruppe 50 Prozent angeben, schon häufiger bei einer Online-Apotheke eingekauft zu haben, sind es laut PwC unter den 18- bis 34-Jährigen nur 37 Prozent.

„Der Apotheken-Versandhandel wächst dynamisch. Das Einkaufsverhalten von Verbrauchern, das sich zu Lasten des klassischen Einzelhandels verändert hat, überträgt sich auch auf das Gesundheitssegment“, sagt Michael Burkhart, Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC. „Dass die Bundesregierung das Verbot des Online-Handels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gekippt hat, das ursprünglich im Koalitionsvertrag vorgesehen war, wird dem Versandhandel mit Medikamenten weiteren Auftrieb geben.“ Laut Burkhart ist es allerdings auch wichtig, dass es weiterhin ein Netz aus Apotheken vor Ort gibt, die eine flächendeckende Versorgung gewährleisten. Diese Präsenzapotheken müssten gestärkt werden.“

Vertrauen in Vor-Ort-Apotheken

Vor allem das Thema Vertrauen ist ein wichtiges Argument, das den Apotheken vor Ort in die Hände spielt. Mehr als jeder Zweite hat demnach Angst vor gefälschten Medikamenten bei Bestellungen von Versandhändlern aus dem EU-Ausland. Bei der Apotheke um die Ecke äußert nur jeder Zehnte solche Bedenken. „Mit dem Medikamentenversand aus dem Ausland gehen tatsächlich Risiken einher“, stellt Burkhart fest. „Während deutsche Medikamentenversender die gleichen Standards wie niedergelassene Apotheken einhalten müssen, ist der Markt im EU-Ausland für die Verbraucher trotz Sicherheitsvorkehrungen und Länderbeschränkungen weniger überschaubar. Die Kunden sind daher stärker auf sich gestellt und müssen die Angebote prüfen. Auch fehlt ihnen die persönliche Beratung, die beispielsweise auf Wechselwirkungen zwischen Präparaten hinweist.“ Dass nur bestimmte EU-Länder neben Deutschland für den Medikamentenversand zugelassen sind, sei nicht einmal jedem fünften Bürger bekannt.

Preis entscheidet über Wahl der Online-Apotheke

Im Mittelpunkt des Interesses der Verbraucher stehen laut der Studie vor allem freiverkäufliche Produkte aus der Apotheke: Während 64 Prozent der Bürger bereits rezeptfreie Arzneimittel online bestellt hätten, orderten lediglich 28 Prozent verschreibungspflichtige Medikamente im Netz. „In diesem Punkt zeigt sich klar, dass die Verbraucher preissensibler werden. Rezeptfreie Arzneimittel unterliegen keiner Preisbindung, sodass Online-Apotheken mit günstigen Angeboten punkten können. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten können ausländische Versender allenfalls mit Rezeptboni locken, dafür müssen die Bürger ihr Rezept einsenden“, sagt Burkhart.

Die PwC-Studie belegt, dass tatsächlich der Preis über die Auswahl einer Online-Apotheke entscheidet – 76 Prozent der Befragten hätten bestätigt, dass sie darauf immer achten würden. Weitere Auswahlkriterien seien die Höhe der Versandkosten und des Mindestbestellwertes, die Bezahlmöglichkeiten sowie gut erkennbare Abbildungen und Beschreibungen. Lehnen Verbraucher den Medikamentenversand hingegen konsequent ab, liege das meist daran, dass ihnen die Beratung fehlt, die Lieferzeiten zu lang sind oder sie kein Vertrauen in den Apothekenversandhandel haben.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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