E-Rezept, Importe, Rabattverträge

Bundestag beschließt Arzneimittelreform

Berlin - 07.06.2019, 07:00 Uhr

Beschlossene Sache: In einer Nachtsitzung hat der Bundestag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung
(GSAV) beschlossen. (s / Foto: imago images / photothek)

Beschlossene Sache: In einer Nachtsitzung hat der Bundestag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. (s / Foto: imago images / photothek)


Der Bundestag hat in der Nacht vom gestrigen Donnerstag auf den heutigen Freitag das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. Mit der Reform reagiert Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf die Arzneimittel-Skandale des vergangenen Sommers. Das Gesetz bringt auch zahlreiche für Apotheker wichtige Neuregelungen mit sich. Unter anderem geht es um neue Fristen für die Einführung des E-Rezeptes, die Rabattverträge, neue Regeln bei Rückrufen und um eine modifizierte Importförderklausel. DAZ.online hat einen Überblick zusammengestellt.

Im November 2018 brachte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seine erste Arzneimittelreform auf den Weg. Zur Erinnerung: Nur wenige Monate zuvor hatten mehrere Arzneimittelskandale die Nachrichten rund um den Arzneimittelmarkt bestimmt. Der Brandenburger Händler Lunapharm wird beschuldigt, jahrelang auf illegalem Wege Zytostatika nach Deutschland importiert zu haben. Ebenfalls wurde bekannt, dass in China hergestelltem Valsartan das Nitrosamin NDMA festgestellt wurde. Außerdem ging es um den Fall des Bottroper Zyto-Apothekers Peter S. sowie einen Heilpraktiker, unter dessen Behandlung mit selbst hergestellter Arznei Patienten starben. Das GSAV enthält zahlreiche Regelungen, die sich genau mit diesen Bereichen befassen.

Am späten Donnerstagabend war das Gesetz zur zweiten Lesung im Bundestag und wurde dort beschlossen. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit wurden einige Reden zu Protokoll gegeben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war allerdings im Parlament, um für sein Vorhaben zu werben: „Mit dem Gesetz sichern wir die Qualität in der Arzneimittelversorgung. Patienten müssen sich sicher sein können, dass Arzneimittel ihnen helfen und nicht schaden“, so der Minister. Spahn verteidigte unter anderem explizit die geplanten Neuregelungen zur Hämophilie-Versorgung, nach denen die Versorgung künftig hauptsächlich über die Apotheke laufen soll.

Für die Linksfraktion trat Apothekerin Sylvia Gabelmann ans Rednerpult und forderte die komplette Streichung der Importförderklausel. Außerdem thematisierte Gabelmann das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz und beschwerte sich darüber, dass die Große Koalition nicht ihrem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag nachkomme und das Rx-Versandverbot doch nicht umsetze.

Für die AfD sprach Detlev Spangenberg, der ebenso die Streichung der Importquote forderte und nochmals auf den Antrag der AfD hinwies, das Rx-Versandverbot durchzusetzen.

Dies sind die wichtigsten Neuregelungen des GSAV für Apotheker:

  • Apotheker und Krankenkassen werden verpflichtet, die notwendigen Regelungen für die Verwendung des E-Rezeptes zu schaffen (Frist: 7 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes). Der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband sollen dafür die notwendigen, gemeinsamen Verträge neu verhandeln und ändern.
  • Biosimilars sollen schneller in die Versorgung kommen, sodass Biosimilars, für die der Gemeinsame Bundessausschuss (G-BA) eine Austauschbarkeit festgestellt hat, künftig den gleichen Austauschregeln wie Generika unterliegen. Wenn also der G-BA der Meinung ist, dass die betreffenden Biologicals austauschbar sind und der Arzt kein Aut-idem-Kreuz gesetzt hat, wäre die Apotheke zur Abgabe eines preisgünstigen Biosimilars verpflichtet. Für das Inkrafttreten des Aut-idem-Austauschs auf Apothekenebene ist allerdings eine Vorlaufzeit von drei Jahren vorgesehen.
  • Apotheken können Rx-Arzneimittel künftig auch nach einer offensichtlichen ausschließlichen Fernbehandlung abgeben. Mit dieser Reaktion auf die Streichung des ärztlichen Fernbehandlungsverbotes schafft der Gesetzgeber das sogenannte Fernverordnungsverbot ab, das erst vor einigen Jahren eingeführt worden war.
  • Bei der Versorgung mit medizinischem Cannabis ist künftig – nach einmal erfolgter Genehmigung – kein erneuter Antrag bei der Krankenkasse im Falle einer Anpassung der Dosierung oder eines Wechsels der Blütensorte notwendig. Außerdem sollen Kassen und Apotheker den Apothekenzuschlag für Cannabisrezepturen neu verhandeln. Das BMG erhofft sich dadurch, die GKV-Ausgaben beim medizinischen Cannabis zu halbieren.
  • Die Importförderklausel wird neu geregelt: Die bisherige Preisabstandsgrenze wird durch eine differenziertere Preisabstandsregelung ersetzt. Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und Zytostatika werden wegen besonderer Anforderungen an Transport und Lagerung von dieser Regelung ausgenommen. Der GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, bis Ende 2021 einen umfassenden Bericht zu erstellen, den das BMG bewertet und dem Bundestag zur Befassung zur weiteren Notwendigkeit der Importregelung vorlegt.
  • Für Arzneimittel zur Versorgung von Patienten mit Hämophilie wird die bisherige Ausnahme vom Apothekenvertriebsweg (Direktvertrieb des Herstellers mit Ärzten und Krankenhäusern) zurückgenommen.
  • In Rabattverträge soll die Klausel aufgenommen werden, dass eine „unterbrechungsfreie und bedarfsgerechte“ Lieferfähigkeit zu berücksichtigen ist. Die Kassen sollen so in „Mitverantwortung“ genommen werden, um Lieferengpässe zu vermeiden.
  • Ebenso soll es häufiger zu unangemeldeten Kontrollen in Apotheken kommen. Im Bundesgesetz werden diese unangemeldeten Kontrollen als verpflichtend festgeschrieben. Die Frequenz der Kontrollen soll aber weiterhin durch die Landesbehörden geregelt werden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Verstärkte Kontrollen in Apotheken - in allen ?! - natürlich nicht

von ratatosk am 07.06.2019 um 11:34 Uhr

D kujoniert seine verbleibenden Apotheken bis zum Abgrund hin, wo sonst sollt der Spaß für die Kontrolleure auch herkommen.
Welche Kontrollen sind im Ausland vorgesehen, ja richtig gelesen, schließlich läßt sich das, wenn man wollte mit den dortigen Ländern abstimmen, will man aber nicht.
Warum finden deutsche Kontrolleure im Ausland immer nichts, die Franzosen Engländer oder Amis aber schon ? Rätstel über Rätsel.

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Lunapharm

von Gunter Kowalski am 07.06.2019 um 10:40 Uhr

Unabhängig von Bert Brecht ist hier die Wahrheit, dass L. beschimpft wurde, massenhaft gestohlene und verdorbene Medikamente aus dem Ausland auf verschlungenen Wegen geschmuggelt zu haben. Dann stellte sich heraus, es gab keine massenhaften Diebstähle in Griechenland. Darauf zog man sich auf verdorbene Ware zurück. Dann stellte sich heraus, es gab keine verdorbene Ware. Darauf zog man sich auf den Passus, "niemand könne ausschliessen, dass doch etwas verdorben gewesen sei" zurück. Als es selbst dafür keine Anhaltspunkte gab, weil die Lieferungen aus einer Apotheke kamen, zog man sich darauf zurück, dass diese Apotheke keine Grosshandelserlaubnis gehabt habe. Deshalb bei der Lieferweg unklar und das gelte als Fälschung. Also sei mit gefälschten Medikamenten gehandelt worden. Als dass nicht mehr haltbar schien, weil es Originalpräparate waren, wurde, um das aufzupeppen, von "illegaler" Lieferung gesprochen. Jetzt weis man zwar, dass der Erwerb von Medikamenten aus einer Apotheke erlaubt ist (!), aber trotzdem wird die Lüge aufrechterhalten, weil diese Lieferungen als Grosshandel zu werten seien und dafür habe die Apotheke möglicherweise keine Erlaubnis gehabt. Was würde Brecht dazu sagen? Der Verleumder hat Angst, erwischt zu werden und verbirgt sich hinter Mehrdeutigkeiten, statt die Wahrheit zu suchen? Oder soll diese Hartnäckigkeit gegenüber der Wahrheit andere Ziele offen halten?

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Importförderklausel, Lunapharm

von Günter Kowalski am 07.06.2019 um 8:59 Uhr

Die Lügerei wird bis zum Untergang fortgesetzt. Lunapharm wird beschuldigt, etwas auf illegalen Weg importiert zu haben. Richtig ist, das L. Originalmedikamente von einer europäischen Apotheke erworben hat. Aber das würde sich nicht mehr auf "Skandal" reimen. Also muss das Wort "illegal" hinzu, weil man hofft, dass das als "kriminell" verstanden wird und man sich schön auf Missverständnis rausreden kann, wenn sich herausstellt, es ist Apotheken erlaubt, Medikamente zu verkaufen. Beschuldigt wird niemand. Es ist nur noch ein Ermittlungsverfahren nicht abgeschlossen, obwohl schon seit Monaten nichts mehr ermittelt wird. Das Wort "beschuldigt" soll nur die Unschuldsvermutung ins Gegenteil verkehren. Hauptsache der Dreck bleibt hängen.

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AW: Importförderklausel, Lunapharm

von Anita Peter am 07.06.2019 um 9:07 Uhr

"Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!"

Bertold Brecht

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